Mit dem 3. Rundfunkurteil vom 16. Juni 1981 machte das Bundesverfassungsgericht den Weg zur Zulassung und Veranstaltung privaten Rundfunks in Deutschland grundsätzlich frei, zweieinhalb Jahre später ging die Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk auf Sendung (Sat.1 hieß der Sender erst ab 1985), einen Tag später folgte RTLplus. Wie sich die private Senderlandschaft in den darauffolgenden Jahren entwickelte, lesen Sie im ersten Teil unserer Chronik des Privatfernsehens - von den ersten Tagen bis zum Zusammenbruch des Kirch-Imperiums.
Historie des Deutschen Privatfernsehens (1)
1984
Erst PKS, dann RTLplus
Am Ende war es ein Rennen darum, wer es zuerst auf Sendung schaffen würde. Als Sieger aus dem Duell ging Sat.1 hervor, das damals noch Programmgesellschaft für Kabel- und Satellitenrundfunk (PKS) hieß. Am 1. Januar startete der Sender und damit das Privatfernsehen in Deutschland, ein Jahr später erfolgte die Umbenennung in Sat.1. Am 2. Januar 1984 startete RTL(plus).
1987
Der Vorläufer von ProSieben
Im Mai 1987 geht Eureka TV mit einer Mischung aus Informationen und Teleshopping auf Sendung - war aber stark defizitär, sodass schon ein Jahr später eine Sanierung anstand und Thomas Kirch beim Sender einstieg - der das Konzept komplett änderte, sodass ProSieben entstand.
1988
Tele 5, Version 1.0
Zusammen mit Herbert Kloibers Tele München Gruppe hob Silvio Berlusconi einst Tele 5 aus der Taufe. Lizenzrechtlich ist es ein anderer Sender als das heutige Tele 5. Der TMG/Berlusconi-Sender, entsprungen aus Deutschlands erstem Musiksender Musicbox, hielt nur wenige Jahre durch und wurde dann zum Deutschen Sportfernsehen (DSF).
1989
ProSieben startet
1989 ist das Jahr des ProSieben-Starts. Der Sender geht aus dem bereits erwähnten Eureka TV hervor und wird von Georg Kofler geführt. Im Hintergrund zog Thomas Kirch die Strippen. Kirch senior konnte nicht einsteigen, weil er damals bereits bei Sat.1 investiert war. Im gleichen Jahr wurde auch EM.TV gegründet, deren Nachfolge-Unternehmen heute die Sport1 Medien AG ist.
1991
Premiere für Premiere
Der 28. Februar 1991 war der erste Sendetag des aus Teleclub hervorgegangenen Premiere. Ende der 80er hatten sich Bertelsmann und Springer aus der Teleclub GmbH zurückgezogen, fortan hatte Leo Kirch das Sagen. Mit Premiere zeigte Kirch zu Beginn Film-Premieren und ein Bundesliga-Spiel pro Woche. Ebenfalls 1991 startete mit "0137" ein eigenes wöchentliches Talkmagazin. Und für Gesprächsstoff sollte auch Premiere in den Folgejahren zur Genüge sorgen.
1992
Startschuss für Langläufer
Für hohe Quoten in den 90ern sorgten ikonische Fiction-Eigenproduktionen. So lief am 17. September des Jahres die erste Folge von "Wolffs Revier" – im Fahrwasser dieses Erfolgs setzte Sat.1 auf bekannte Krimiproduktionen wie "Kommissar Rex" oder "Der Bulle von Tölz" sowie Dramen wie "Anna Maria – Eine Frau geht ihren Weg" oder "Für alle Fälle Stefanie". Auch bei RTL liefen 1992 einige Formate an, die zu Meilensteinen wurden: "Hans Meiser", "Familien Duell" - und vor allem: "GZSZ".
Kabelkanal und n-tv starten
Am 29. Februar des Jahres um 10:15 Uhr erfolgte der Start des Senders Der Kabelkanal, der sich mit vorrangig älteren Filmen vom Programm anderer Privater abgrenzen wollte. Ab Weihnachten 1994 wurde daraus Kabel 1. Am 30. November nahm mit n-tv der erste deutsche Nachrichtensender seinen Betrieb auf. Anfänglich waren Time Warner und CNN maßgeblich beteiligt, RTL stieg erst 2002 ein.
1993
Die zweite Privatsender-Generation
Hohe Reichweiten und entsprechender Erfolg sorgten für eine Expansion. Die sogenannte zweite Sendergeneration entstand. 1992 war ja schon der Kabelkanal vorgeprescht, 1993 starteten dann Vox und RTL 2 ihr Programm. Während diese Sender sich an ein breites Publikum richteten, entstanden auch Spartensender. So ging etwa aus Tele 5 das DSF hervor - als reiner Sportfernsehsender. Und mit der Videoverwertungsanstalt VIVA erblickte am 1. Dezember 1993 ein deutscher Musiksender als Pendant zu MTV das Licht der Welt.
1995
Disney und RTL starten Super RTL
RTL und Disney machten 1995 gemeinsame Sache und brachten am 28. April 1995 den Sender Super RTL an den Start. Zum Sendestart gab's die Serie "Neue Abenteuer von Winnie Puuh" zu sehen. Generell füllte man das Tagesprogramm zum Einen mit Serien aus dem Disney-Archiv und füllte es mit Wiederholungen diverser Serien und Formate von RTL auf. Auch sonst wuchs die Senderlandschaft: Im März 1995 erfolgte etwa der Startschuss von Viva Zwei, zunächst ausgerichtet auf ein Publikum über 25 – später fokussierte man sich auf eine musikalisch eher alternative Szene. Und mit tm3 brachten die Tele München Gruppe, Bauer und Euvia Media einen Frauensender an den Start.
1996
DF1 startet
"DF1 ist kein neuer Sender - DF1 ist das neue Fernsehen" Mit diesem Claim nahm der erste digitale Fernsehanbieter Deutschlands seinen Betrieb auf, der gleich ein ganzes Portfolio unterschiedlicher Kanäle bot. Vom Beginn an dabei: Der Heimatkanal als bis heute ältester unverändert bestehender deutscher Pay-TV-Sender. Von Anfang an wollte Kirch das Unternehmen mit seinem Premiere fusionieren – damit das glückte und auch die EU grünes Licht gab, mussten aber erst Bertelsmann und Canal+ ihre Premiere-Anteile verkaufen. 1999 entstand aus dem kombinierten Premiere und DF1 dann Premiere World.
1997
EM.TV geht an die Börse
Immer für Schlagzeilen gut war der Medienkonzern EM.TV und die Brüder Thomas und Florian Haffa. EM.TV etwa übernahm Anfang der 2000er für über drei Milliarden DM Anteile an der Formel1-Vermarktung. Management-Fehler sorgten letztlich dafür, dass das Unternehmen in Folge große Verluste machte. 1997 wurde die Grundlage für solche spektakulären Aktionen gelegt: Mit dem Börsengang des 1989 gegründeten Unternehmens. Ausgegeben wurden die Papiere für umgerechnet rund 35 Cent. Nur drei Jahre später waren sie phasenweise rund 120 Euro wert - ehe der tiefe Absturz folgte.
1998
Helmut Thoma geht
Er prägte den Privatsender RTL in den Anfangsjahren, unter anderem auch dadurch, dass er die bis heute in Teilen geltende werberelevante Zielgruppe, die man schon aus den USA kannte, auch in Deutschland ins Spiel brachte: 1998 war dann aber Schluss für den langjährigen RTL-Geschäftsführer Helmut Thoma. Gerhard Zeiler übernahm für ihn.
NBC Giga startet
Am 30. November 1998 ging NBC Giga an den Start - zunächst als Sendung bei NBC Europe, dann als eigener Sender, der erstmals die Beteiligung der Zuschauerinnen und Zuschauer über das Internet zum Konzept machte.
1999
tm3 kauft die Champions League
In einem der überraschendsten Schritte in 40 Jahren Privatfersnehen sicherte sich der Frauensender tm3 für 850 Millionen DM die Rechte an der Fußball-Champions-League. Zu dieser Zeit stand Murdochs News Corp. als Geldgeber hinter tm3 – doch die spektakuläre Aktion war kein Erfolg. Schon ein Jahr später wurden die Rechte an RTL und Premiere weitergereicht.
Startschuss für Quiz- und Gerichtsshow-Boom
1999 machte sich das Fernsehen gewissermaßen fit für das neue Jahrtausend. Es starteten gleich mehrere Shows, die eine Ära prägten und teils nach Pausen bis heute noch für gute Quoten sorgten. So lief 1999 die erste Folge von "Wer wird Millionär?", die in den Jahren danach einen Quizboom im TV auslöste. Gleiches galt für "Richterin Barbara Salesch", das (zunächst als Schiedsgericht mit echten Fällen) für den Court-Show-Boom sorgte. Außerdem hatte ProSieben die Idee, Stefan Raab mit seinem "TV total" – zunächst einmal wöchentlich montags – auf Sendung zu lassen.
2000
Der Start in das neue Jahrtausend sorgt auch in Medien-Deutschland für zahlreiche Veränderungen. Mit "Big Brother" und "Popstars" gehen zwei ikonische Sendungen erstmals on air. Der Hype um "Big Brother" wird in Staffel eins immer größer und "Popstars" gilt als die Mutter aller Castingshows, die auch "DSDS" & Co. ermöglichte.
Die großen Sendergruppen entstehen
Aber auch in anderer Hinsicht war das Jahr 2000 das Jahr des Aufbruchs bzw. Neuanfangs. Damals entstanden die RTL Group und ProSiebenSat.1 in ihrer heutigen Form, letztere durch den Zusammenschluss der damals noch eigenständigen Sender Sat.1 und ProSieben, die beide unter dem Dach der Kirch-Gruppe agierten. Zur neuen Sendergruppe gehörte neben Kabel Eins auch der gerade erst gestartete Nachrichtensender N24.
Viva geht an die Börse
Der anhaltende Erfolg des Musiksenders Viva gipfelt im Börsengang der Viva Medien AG, die Konkurrenz von MTV hatte man damals weit hinter sich gelassen. Es folgten Ableger in anderen Ländern, unter anderen in Polen. Der Börsengang sollte sich jedoch als Anfang vom Ende der Selbstständigkeit des Senders herausstellen.
2001
tm3 wird zu 9Live
Der Anruf-Sender 9Live startete und ging aus tm3 hervor, dahinter steckt Geschäftsführerin und Anteilseignerin Christiane zu Salm. In den folgenden Jahren prägte der Kanal die Ära der umstrittenen Call-In-Gewinnspiele, bei denen die Zuschauerinnen und Zuschauer mit immer dubioseren Methoden dazu gebracht wurden, anzurufen. 2005 verkaufte zu Salm ihre Anteile am Sender an ProSiebenSat.1.
Viva & RTL Group
Getrieben vom Börsen-Hype übernahm Viva die Produktionsfirma Brainpool, die damals schon das zu Hause von Stefan Raab war. Gleichzeitig wurde Bertelsmann Hauptaktionär bei der RTL Group, einem ihrer strategisch wichtigsten Assets in den kommenden Jahren.
2002
Kirch-Imperium bricht zusammen
Das dominierende Thema im Jahr 2002 war fraglos die Insolvenz der mächtigen Kirch-Gruppe, dem bis dahin zweitgrößten Medienkonzern hinter Bertelsmann. Zum komplexen Firmenkonstrukt gehörten zum Zeitpunkt der Insolvenz neben der ProSiebenSat.1-Gruppe unter anderen auch Premiere und Beta Film. Es folgte die Zerschlagung: Haim Saban übernahm ProSiebenSat.1, Jan Mojto die Beta Film und Permira Premiere. Beim Pay-TV-Sender übernahm Georg Kofler das Ruder und verordnete dem Sender einen strikten Sparkurs.
Was sonst noch los war…
Die Wachstumsfantasien der anderen Marktteilnehmer konnte die Kirch-Insolvenz nicht bremsen. Die RTL Group stieg im großen Stil beim Nachrichtensender ntv ein, nach 10 Jahren feierte Tele 5 in seiner heutigen Form ein Comeback und Viva Plus sollte das "CNN des Musikfernsehens" werden - dieses Experiment scheitert aber schon nach kurzer Zeit. Es folgte die Umstellung auf ein System, bei dem Zuschauer via SMS-Nachrichten bestimmen können, welcher Song als nächstes gespielt wird.
Und das war erst der Anfang! Auch wenn insbesondere die 90er Jahre als die wilden Zeiten gelten, ging es ab 2004 erst so richtig los: Mehr Sender, mehr Fragmentierung und dann irgendwann auch mehr Streaming. Teil 2 unserer Chronik zum Jubiläum des Privatfernsehens in Deutschland erscheint am Donnerstag bei DWDL.de.