Im vergangenen Jahr war RTL erstmals der Sender, der im Abendprogramm zwischen 20:15 Uhr und Mitternacht am wenigsten auf Wiederholungen setzte. Und auch wenn das Jahr 2023 vor allem für die werbefinanzierten Privatsender alles andere als einfach war: Daran hat sich in den zurückliegenden zwölf Monaten nichts geändert. Für unseren Frische-Index werten wir für jeden Tag des Jahres den Anteil des Programms aus, der aus Erstausstrahlungen oder Free-TV-Premieren besteht. Bei RTL war das 2023 bei 89 Prozent des Abendprogramms der Fall, was sogar noch ein Prozentpünktchen mehr war als im Jahr zuvor.
Die Öffentlich-Rechtlichen sortierten sich erneut dahinter ein, wobei das ZDF den Frische-Anteil stabil bei 84 Prozent halten konnte, während Das Erste zunehmend mehr Wiederholungen einstreut - die Umschichtungen in Richtung Mediathek zeigen hier ihre Auswirkungen. Der Frische-Anteil fiel erstmals auf ein Jahr gesehen unter die 80-Prozent-Marke auf nun 78 Prozent. Die Zurückhaltung zeigte sich dabei natürlich wie üblich vor allem in den Sommermonaten, doch auch im September zeigte sich beispielsweise noch ein Wiederholungsanteil von über einem Viertel im Abendprogramm.
Frische-Index-Verlauf bis Dezember 2023
dwdl.de/zahlenzentrale
Während sich die meisten Sender in etwa auf dem Niveau des vergangenen Jahres hielten, fällt einer aus dem Rahmen: Sat.1. Dort sank der Frische-Anteil um ganze neun Prozentpunkte auf nur noch 45 Prozent, womit also mehr als die Hälfte des Abendprogramms aus Wiederholungen bestand. Lag man im vergangenen Jahr noch gleichauf mit ProSieben, so trennen die beiden Sender nun ganze zehn Prozentpunkte. Und blickt man auf den Jahresverlauf, dann zeigt sich, dass ein kleiner Endspurt sogar einen noch größeren Rückgang verhindert hat.
Bemerkenswert ist das schon, schließlich wurde für Sat.1 mal die Devise ausgegeben, den Sender zu seinem 40. Geburtstag - der nun im Januar ansteht - wieder "in alter Stärke strahlen" zu lassen. Dass das nicht klappt, ist eben auch der Tatsache geschuldet, dass programmlich offensichtlich einfach deutlich zu wenig passiert ist, wie die Frische-Auswertung nahelegt. Festzuhalten ist aber auch: Vox, das Sat.1 inzwischen beim Marktanteil in den Zielgruppen überholt hat, zeigt auch nicht mehr frisches Programm, sondern sogar etwas weniger. Ganz hinten rangiert wie übllich RTLzwei, noch mit deutlichem Vorsprung vor Kabel Eins.
Ein Wort noch zum September: Dort liefen feiertagsbedingt bei den meisten Sendern deutlich mehr Wiederholungen als im November, am wenigsten beeindruckt zeigten sich noch RTL und das ZDF. Dass der Frische-Anteil im Vergleich zum Dezember 2022 bei fast allen Sendern außer Vox deutlich höher liegt, lässt sich mit dem WM-Effekt erklären: Aufgrund der Winter-WM in Katar hielten sich die Konkurrenten 2022 deutlich zurück - auch wenn sich die Quoten im Nachhinein gar nicht als unbezwingbar herausgestellt hatten.
FIX-Punkte Dezember 2023 |
Vergleich zum Vormonat |
Vergleich zum Dezember 2022 |
Jahresschnitt '23 (vs 01-12/22) |
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ZDF | 90 von 100 | -5 | +15 | 84 (+0) |
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RTL | 90 von 100 | -2 | +21 | 89 (+1) |
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Das Erste | 83 von 100 | -7 | +9 | 78 (-3) |
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ProSieben | 63 von 100 | -5 | +17 | 55 (+1) |
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Sat.1 | 47 von 100 | -19 | +5 | 45 (-9) |
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RTLzwei | 19 von 100 | -11 | +15 | 33 (+2) |
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VOX | 17 von 100 | -26 | -1 | 42 (+0) |
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kabel eins | 15 von 100 | -12 | +1 | 23 (-2) |
Wie wir die Daten erheben und was sie aussagen
Wir werten Monat für Monat das Programm der acht großen Vollprogramme zwischen 20:15 Uhr und Mitternacht aus und ermitteln den Anteil an "frischem Programm", wozu wir Erstausstrahlungen und Free-TV-Premieren rechnen. Sendungen, die vorab gestreamt werden konnten, gelten hier ebenfalls als "frisches Programm". Über die Qualität des Programms sagt der Anteil der Erstausstrahlungen natürlich nicht unbedingt etwas aus, doch es ist eines von mehreren Indizien, mit welchem Aufwand ein Programm derzeit betrieben wird.
Zu beachten ist zudem: Der Frische-Index gibt einen Trend an, bildet die Situation aber nicht ganz genau ab. So gibt es beispielsweise einen systembedingten "Nachteil" für Das Erste und das ZDF: Aufgrund der Werbefreiheit müssen sie mehr eigenes Programm produzieren, um die Zeit zu füllen, während die Privatsender einen gar nicht so geringen Teil des Abends mit Werbeblöcken füllen. Eine Stunde Erstausstrahlung ohne Werbung im Ersten haben wir aber genauso gewertet wie eine Stunde Erstausstrahlung bei den Privaten mit Werbung.