Hans-Jürgen Rösner und Dieter Degowski hatten gerade eine Filiale der Deutschen Bank überfallen und den Filialleiter sowie eine Angestellte als Geiseln genommen, da klingelte in der Bankfiliale plötzlich das Telefon. "Hier ist Hans Meiser, deutsches Fernsehen. Guten Tag. Wer sind Sie denn?", fragte der damalige Nachrichten-Anchor bei RTLplus, und einer der beiden Gangster antwortete ohne Umschweife: "Der Bankräuber."
Lange sollte das Telefonat nicht dauern, denn als Meiser den Geiselnehmer kurz darauf nach seinen Fluchtplänen fragte, legte dieser direkt wieder auf.
Was klingt, als habe sich ein Drehbuchautor einen zweistklassigen Fernsehkrimi ausgedacht, war bitterer Ernst - und einer von vielen medialen Tiefpunkten, die sich rund um das Geiseldrama von Gladbeck ereigneten, das die Bundesrepublik im Sommer 1988 in Atem hielt und drei Menschenleben forderte.
Für Hans Meiser, dessen Karriere schon in Jugendjahren im Hörfunk des öffentlich-rechtlichen SDR begann, und den damals noch jungen Privatsender RTLplus war das ebenso kurze wie erkenntnislose Telefonat gleichwohl ein Coup. In Erinnerung dürfte der Moderator dem Fernsehpublikum aber trotzdem vor allem als Talkshow-Moderator bleiben: 1992, fast vier Jahre nach dem Geiseldrama, hörte Meiser bei den Nachrichten auf, um den ersten Dailytalk im deutschen Fernsehen zu präsentieren. Die Sendung hieß wie er selbst und wurde dank leichter Themen so beliebt, dass der Marktanteil um 16 Uhr schon nach kurzer Zeit 30 Prozent und mehr betrug, was schnell zahlreiche Nachahmer auf den Plan rief.
Alleine RTL hatte zeitweise fünf tägliche Talks im Programm, von denen die meisten ungleich reißerischer waren als Meisers Show, die es am Ende auf mehr als 1.700 Ausgaben brachte. "Was bei Hans Meiser läuft, ist unter aller Sau", schimpfte einst Klaus Kopka, seinerzeit Vorsitzender des Medienrats der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, nachdem der Krawall auch beim Urvater des deutschen Dailytalks unter dem Einfluss des gestiegenen Konkurrenzkamps spürbar zugenommen hatte. Dass in Meisers Show häufig nicht nur triviale Alltagsthemen, sondern auch gesellschaftspolitische Missstände behandelt wurde, geriet mehr und mehr zur Nebensache.
In die Kritik geriet auch "Notruf", ein anderer Dauerbrenner, den Meiser lange bei RTL präsentierte. In dem Format wurden wöchentlich reale Unfälle und spektakuläre Rettungsaktionen nachgespielt - aus Sicht der Kritiker oft viel zu drastisch und ungeeignet für jüngere Zuschauerinnen und Zuschauer. Auch wenn die Absicht eine gute war - das Motto der Sendung lautete "Nicht wegschauen, sondern helfen" -, so belegte auch "Notruf", dass Meiser offenkundig Gefallen daran hatte, die Grenzen des Privatfernsehens auszuloten.
"Kleiner Mann" im Bleistiftspitzer
Doch auch abseits davon prägte Meiser das Programm - etwa mit der jährlichen Pannenshow "Life! Dumm gelaufen" an der Seite von Birgit Schrowange oder als Moderator von "Einundzwanzig", einer raffinierten Quizshow, deren Ursprünge bereits in den 1950er Jahren im amerikanischen Fernsehen liegen. Späten Ruhm erlangte Hans Meiser zudem als "kleiner Mann" im Bleistiftspitzer. Möglicherweise nahm man ihm die Rolle des grantelnden Alten auch deshalb ab, weil er in Interviews oft ähnlich agierte. In Jan Böhmermanns "Neo Magazin Royale" durfte Meiser das Weltgeschehen als "kleiner Mann" so lange kommentieren, bis sich die Produktionsfirma von ihm wegen seiner Tätigkeit für ein umstrittenes Online-Portal trennte. Es war kein sonderlich ruhmreiches Ende einer langen TV-Karriere.
"Ich würde liebend gerne wieder Radio machen. Das ist das weitaus intensivere Medium", sagte Hans Meiser vor einigen Jahren einmal in einem Interview und geriet regelrecht ins Schwärmen. "Da musst du mit deiner Stimme, deinem Wissen und deinem Können ein Programm gestalten. Wenn den Leuten im Fernsehen nichts mehr einfällt, heißt es immer: 'Wir lassen jetzt die Bilder auf uns wirken.' Diese Ausflüchte gibt es beim Radio nicht."
Beim kleinen Sender Radio Wellenrausch in Schleswig-Holstein wollte sich Meiser seinen Wunsch jüngst noch einmal erfüllen. Wenige Tage nach dem Sendestart ist er jetzt im Alter von 77 Jahren gestorben. Hans Meiser hinterlässt seine Ehefrau und drei Kinder.