Wenn es um die NFL geht, dann fährt RTL derzeit gewaltige Geschütze auf. Ein großes Studio, bekannte Köpfe und großfläche Sendeflächen sollen dabei helfen, dass American Football in den kommenden Jahren aus jener Nische heraustritt, in der sich die US-Sportart zunächst bei ProSieben Maxx und später vermehrt auch bei ProSieben zu einem schönen Erfolg gemausert hat. Dass die Quoten nicht direkt durch die Decke schießen würden, dürfte den Verantwortlichen in Köln im Vorfeld gleichwohl klar gewesen sein.
Und tatsächlich sind die Zahlen der ersten acht NFL-Wochen auf den ersten Blick nicht gerade fulminant: Selbst auf dem Primetime-Sendeplatz am Sonntagabend schalteten bislang im Schnitt deutlich weniger als eine Million Zuschauerinnen und Zuschauer ein, was für ein großes Vollprogramm wie RTL eher ernüchternd ist. Vor diesem Hintergrund überrascht es dann auch nicht, dass unter den Football-Fans in den sozialen Netzwerken eine Debatte darüber entbrannt ist, welche Fehler die neuen Rechteinhaber vermeintlich begangen haben.
Diese Zielgruppe ist ganz besonders für die Vermarktung wichtig, denn junge Männer sind im linearen Fernsehen für die TV-Sender immer schwerer zu erreichen - wer sie mit seinem Programm anspricht, kann potenziellen Werbekunden daher wirklich gute Argumente liefern, die Spots in seinem Umfeld schalten. Und genau diese Argumente hat RTL mit Blick auf die NFL auf seiner Seite: Auch wenn die Gesamt-Reichweiten bislang überschaubar sein mögen, so liegen die Quoten in der jungen Männer-Zielgruppe bislang auf einem hohen Niveau: Auf 16,5 Prozent Marktanteil brachten es die 19-Uhr-Spiele bislang im Schnitt bei den 14- bis 49-jährigen Männern, die späten Spiele liegen bislang gar bei 25,3 Prozent. Und auch die London Games, die jüngst am Nachmittag gezeigt wurden, waren mit 21,4 Prozent in dieser Zielgruppe ein voller Erfolg.
NFL-Quotenentwicklung Männer 14-29
Marktanteil M14-29 RTL (Week 1-8) |
Marktanteil M14-29 ProSieben (Season 2022) |
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London Games 15:30 | 21,4 % | 19,0 % |
19:00 Uhr | 16,5 % | 13,5 % |
22:00 Uhr | 25,3 % | 22,7 % |
Quelle: RTL Deutschland / AGF
Gegenüber der Vorsaison bei ProSieben konnte RTL die Marktanteile auf allen Timeslots gar um bis zu drei Prozentpunkte verbessern, heißt es aus Köln. Zudem gelang es dem Sender, auch abseits davon zuzulegen: 750.000 Zuschauerinnen und Zuschauer sahen bislang die 19-Uhr-Partien, fast 13 Prozent mehr als in der zurückliegenden Season bei ProSieben; der Gesamt-Marktanteil fiel - wenn auch auf überschaubarem Niveau - um über 27 Prozent höher aus. Sowohl in der klassischen Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen als auch bei den 14- bis 59-Jährigen stiegen die Marktanteile auf diesem hart umkämpften Sendeplatz gar um rund 30 Prozent. Am späten Abend bewegt sich die NFL außerdem schon jetzt mit durchschnittlich mehr als zehn Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen auf Höhe des RTL-Senderschnitts.
"Es ist uns gelungen, sowohl bei der Gesamtreichweite als auch in allen relevanten Zielgruppen, die Werte der Vorsaison zu übertreffen", sagt Andreas von Thien und verweist etwa darauf, dass bei RTL im Oktober das erfolgreichste 19-Uhr-Spiel der Regular Season lief, das jemals im deutschen Fernsehen zu sehen war. "Zudem haben wir die Tagesmarktanteile am Sonntag bei den 14- bis 49-Jährigen seit dem Start der NFL deutlich gesteigert." Der RTL-Sportchef glaubt, dass dies erst der Anfang ist. "Wir sind davon überzeugt, in den nächsten Jahren American Football mit unserem gesamten crossmedialen Angebot in Deutschland noch populärer zu machen."
"Deutscher Super Bowl"
Vor diesem Hintergrund kommen die beiden Deutschland-Spiele der NFL, die an diesem und dem kommenden Wochenende in Frankfurt am Main ausgetragen werden, gerade recht. Schon vor einem Jahr, als die NFL erstmals in München Station machte, gab's auf diese Weise einen Quoten-Push für ProSieben. Auf den hofft nun auch das RTL-Team um Andreas von Thien, zumal das Aufeinandertreffen der beiden Super-Bowl-Champions Spannung und Klasse verspricht. "Mit den Kansas City Chiefs und Miami Dolphins kommt es zum vielleicht größten Saisonspiel, das je außerhalb der USA stattgefunden hat - ein echtes Ausrufezeichen der Liga", freut sich von Thien.
Schon zwei Stunden vor dem Kickoff wird sich RTL aus dem Stadion melden, um, wie der Sportchef gegenüber DWDL.de sagt, "die ganze Faszination rund um die Frankfurt Games" einzufangen. Darüber hinaus wird sich das On-Air-Personal sowohl vor als auch während der Spiele immer wieder direkt von der Sideline melden. "Nicht zuletzt der Ticketansturm hat nochmal deutlich gemacht, welches Potenzial in der NFL steckt", betont Andreas von Thien und spricht vorsorglich schon mal vom "deutschen Super Bowl". Bleibt abzuwarten, ob das auch für die Quoten gelten wird.