Ein bisschen irritiert war ZDF-Intendant Norbert Himmler schon ob der Vorschläge vom Vortag als auf einer benachbarten Bühne der Medientage München WDR-Intendant Tom Buhrow und Rainer Robra, Chef der Staatskanzlei in Sachsen-Anhalt, eine Entpolitisierung der Beitragsfestsetzung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ins Spiel brachten. Buhrows flotter Vergleich mit der Festsetzung des Briefportos, die auch nicht durch den Bundestag gehen müsse, hatten schon vor Ort einige als unterkomplex kritisiert. Gleichzeitig würde eine unabhängige Stelle, möglicherweise gleich die KEF (Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten), politischen Zank verhindern und das Thema aus populistischem Wahlkampf heraushalten.
Im Gespräch mit DWDL-Chefreporter Torsten Zarges versuchte der ZDF-Intendant am Freitag einen schwierigen Spagat: Einerseits wies er diplomatisch zurückhaltend eine Entparlamentisierung der Festsetzung des Rundfunkbeitrags zurück. Als öffentlich-rechtlicher Rundfunk gehöre man schließlich allen und müsse sich auch in einer parlamentarischen Demokratie der Diskussion und Kritik stellen ("Ich will nicht die Länder aus der Verantwortung entlassen"). Himmlers spürbare Intention: Er wolle sich vor keiner Auseinandersetzung drücken, das stünde den Öffentlich-Rechtlichen schlecht zu Gesicht. Aber er schränkt gleich ausdrücklich ein: Zustimmung der Politik brauche es nur bei der Definition der Rahmenbedingungen.
Einflussnahme auf Inhalte a la "Ihr müsst dies und das tun, um unsere Zustimmung zu bekommen", wie man sie zuletzt öffentlich aus einigen Landtags-Fraktionen vernehmen konnte, verbittet sich der ZDF-Intendant rigoros. Inhaltliches Feedback frage man über das neue Panel ZDFmitreden direkt bei den Beitragszahlerinnen und -zahler ab. Das sei kein Gegenstand von Verhandlungen bei der Frage um die grundsätzliche Ausstattung. Trotzdem: "Wir gehen da hin, erklären uns und nehmen Kritik an, die uns entgegenschallt", so Himmler über die Bundesländer, aus denen von unterschiedlichsten Stellen Ablehnung des KEF-Vorschlags zu hören war und das obwohl als Karlsruhe juristisch geklärt ist: Legitim wäre das nicht.
"Ich erhoffe; ich erwarte, dass das unabhängige KEF-Verfahren durchgeführt werden kann, so wie es verfassungsrechtlich vorgesehen, ist. Es soll prüfen, ob die Anmeldung angemessen ist. Mit Methoden die transparent und nachvollziehbar sind, inklusive klarer Begründung", so der ZDF-Intendant in München. Wird den Öffentlich-Rechtlichen die Chance genommen, Kostensteigerungen zu kompensieren? "Ich schaue mit großer Sorge auf die Entwicklung, weil sie nicht die Ehrlichkeit der Preisentwicklungen berücksichtigt", so Norbert Himmler. Der vom ZDF angemeldete Bedarf liege schon deutlich unter dem, was die Inflation auffresse. Damit würde letztlich weniger Geld fürs Programm, also zur Investition in den Produktions- und Kreativmarkt, zur Verfügung stehen.
Doch es ging um mehr als Geld bei seinem Medientage-Auftritt. Auch um die Bedeutung der Öffentlich-Rechtlichen im öffentlichen Diskurs, bei dem eine zunehmende Polarisierung immer häufiger zum Nicht-Diskurs führe, so der ZDF-Intendant. Wir drohen die Toleranz zu verlieren, andere Meinungen zu hören und auszudiskutieren. "Wir dürfen keine Verengung im Meinungsspektrum vornehmen", so Himmler in München. Das führe manchmal zu gar nicht erst geführten Diskussionen. Das ‚Andere‘ werde zu oft inzwischen gar nicht mehr zugelassen, Argumente gar nicht mehr angehört. Man höre oft nicht mehr zu, reiße Schlagzeilen aus dem Zusammenhang.
Damit wird eine öffentliche Debatte polarisiert und erschwert. "Wer, wenn nicht wir, muss Meinungsfreiheit und Vielfalt garantieren?" fragt sich der ZDF-Intendant und zählt neben klassischem Journalismus auch die Form der Satire dazu. Es brauche Satire für eine funktionstaugliche Demokratie, so Norbert Himmler. Allerdings gelten dort die gleichen Qualitätskriterien wie im Journalismus: Gründliche Recherche sei Grundvoraussetzung. Einer Klage von Ex-BSI-Präsident Arne Schönbohm sehe er grundsätzlich gelassen entgegen. Mehr sei noch nicht dazu zu sagen, da sie dem ZDF noch nicht zugestellt worden sei.
Grundsätzlich - und damit unabhängig von diesem konkreten Fall - räumt der ZDF-Intendant Norbert Himmler aber auch offen und naheliegend ein: "Klar machen wir Fehler, ständig." Bei mehreren Kanälen die rund um die Uhr senden, noch dazu Angebote wie Mediathek, Websites und Social Media, sei es menschlich wenn auch Fehler passieren. Eine Binsenweisheit natürlich. Für den ZDF-Intendanten ist es entscheidend, wie man damit umgeht: Wenn es zu einem Fehler gekommen sei, gelte: "Fehler zugeben, richtigstellen und transparent machen." Auch hier beklage er aber die Unverhältnismäßigkeit mancher Vorwürfe, die Schärfe mancher Debatten. "Die Stimmung wird unversöhnlicher."