Wenn internationale Formate für den deutschen Markt adaptiert werden, dann sind es zumeist die Ähnlichkeiten, die ins Auge stechen. Bei "Wettkampf in 4 Wänden", das auf der australischen Sendung "The Block" beruht, ist das anders. Hier ist besonders interessant, was RTL und Good Times geändert haben – und vor allem: warum. Mit dem Format, das in dieser Woche seine Premiere feiert, finden Haus-Renovierungsshows wieder Einzug in die Primetime. Das ist auch deshalb bemerkenswert, weil solche Formate über viele Jahre hinweg nicht mehr möglich waren. Wegen Schlagzeilen wie dieser: "RTL hat mein Leben ruiniert" titelte eine große Stadtzeitung im Jahr 2016, die Rede war von 160.000 Euro Schulden nach der Teilnahme an "Einsatz in 4 Wänden". In jenem Format renovierte Tine Wittler einst zunächst Wohnungen und schließlich ganze Häuser, die anfangs eher den Charme einer Bruchbude hatten.
Was war damals passiert? Das Finanzamt hatte sich nach der Sendung gemeldet. Die "Kostenlos-Sanierung", wie die "Hamburger Morgenpost" sie nannte, sei ein "geldwerter Vorteil", der zu versteuern ist, was freilich selten im Interesse der Wohnungs- oder Hausbesitzer war. Wegen dieses nicht gerade kleinen Problems verschwanden Renovierungsshows daher großflächig von den deutschen Bildschirmen. Und es war nicht das erste Mal, dass das Finanzamt nach TV-Shows Geld von den Teilnehmenden eintrieb: Ex-"Big Brother"-Sieger Sascha Sirtl musste seinen Gewinn von einer Million Euro viele Jahre nach der Teilnahme an der Show versteuern, weil er nach Auffassung des Bundesfinanzhof über ein Jahr hinweg im TV-Container eine Leistung erbrachte. Die späte Steuer-Überraschung überraschte ihn finanziell, sagte Sirtl. Hätte er bei "Wer wird Millionär?" gewonnen, wäre es wohl anders gekommen, denn dort ist - ähnlich wie beim Lotto - auch reichlich Glück nötig, um wirklich viel Geld zu erraten.
Jury-Entscheid statt Versteigerung
Glück wurde bei "Einsatz in 4 Wänden" hingegen nicht benötigt - im Gegenteil: RTL ließ die betroffenen Familien während des Umbaus ausquartieren, während sie ihre Räume ohne eigenes Zutun aufgehübscht bekamen - was letztlich das Finanzamt auf den Plan rief. Dass RTL ab Dienstag nun "Wettkampf in 4 Wänden" losschicken kann, hat auch damit zu tun, dass der Sender das ursprüngliche Konzept grundlegend verändert hat. Im Kern geht es in dem Format, das seinen Ursprung in Australien hat, darum, dass teilweise prominente Paare mit Renovierungsarbeiten verschiedener Wohnungen beschäftigt sind. Eine Familie, der das zu Gute kommt, ist hingegen nicht involviert. Im Original ist es hingegen das Ziel, die Arbeit auch deshalb möglichst gut zu machen, weil am Ende eine Versteigerung ansteht und das Gewinner-Paar das bei der höchsten Versteigerung erlöste Geld erhält.
Eine solche Versteigerung aber gibt es in der deutschen Version bewusst nicht. RTL-Unterhaltungschef Markus Küttner erklärt gegenüber DWDL.de, worauf es hierzulande hinausläuft: "Das Paar, das die Bau-Challenge für sich entscheiden kann, erhält einen reinen Geldgewinn von 50.000 Euro als Prämie. Das Gewinner-Paar wird durch die Punktevergabe der Format-Jury bestimmt." Die in der deutschen Version also extra installierte Jury urteilt nach ihrem Gusto, diese setzt sich aus Detlef Steves ("Hot oder Schrott"), Architekt Alexander Pieper und Retail Design Consultant Kristina Ströh zusammen.
Aber es bleibt natürlich, auch für den Fiskus, die Frage: Wem gehören die Wohnungen, in denen RTL dreht? Und vor allem: Was passiert mit ihnen, nachdem sie kräftig aufgehübscht wurden? In der Sendung selbst wird das nicht thematisiert. Ein Sendersprecher erklärt jedoch gegenüber DWDL.de: "Der Eigentümer der Immobilie hat diese als Produktionsstätte zur Verfügung gestellt und wird sie nach der Produktion verkaufen. Über eventuelle steuerrechtliche Implikationen ist der Eigentümer hingewiesen worden." Damit ist RTL schön raus aus möglichen Problemen, die sich im Anschluss an den Dreh mit dem Finanzamt ergeben könnten. Arglose Bewohnerinnen oder Bewohner müssen auch nichts fürchten, sie gibt es gar nicht - renoviert wird schließlich ein Rohbau. Bleibt nur zu hoffen, dass sich der Eigentümer mit der Thematik beschäftigt hat und später keine Probleme mit dem Finanzamt bekommen wird. Denn auch in diesem Fall könnte ein geldwerter Vorteil vorliegen, eben für den Eigentümer der Immobilie.
Auch abseits von Fragen nach Steuerlichem hat RTL übrigens an Stellschrauben gedreht. In Australien läuft "The Block" als 45 Minuten lange Daily in der Access. Jede Staffel umfasst daher um die 50 Folgen. RTL macht daraus hingegen eine an sechs Dienstagen eingeplante zweistündige Sendung in der Primetime. Und hat beim Dreh die Bedingungen etwas verschärft: Im Original wird den - übrigens nicht prominenten - Kandidaten ein Bauleiter zur Verfügung gestellt. Von "großer Handwerkshilfe" und "starker Einflussnahme" berichtet Markus Küttner. Zudem ist dort klar vorgegeben, dass die Teilnehmenden sieben Tage Zeit für einen Bauabschnitt haben.
In der RTL-Version ist das anders: Die Bauabschnitte in "Wettkampf in 4 Wänden" seien "in variablen Zeitabschnitten" zu bewältigen, die Hobby-Handwerker hätten in Deutschland zudem "nahezu keine Handwerkshilfe". Daher wurde beim Casting darauf geachtet, dass Vorkenntnisse vorhanden sind. Peter Klein etwa ist Maler und Lackierer, auch ein Tischler sowie ein Monteur wirken an dem Format mit. Bekannt sind einige Teilnehmende durch ihre Aktivität auf Social Media oder in Reality-Formaten.
Wie das Format bei den Zuschauerinnen und Zuschauern ankommen wird, werden neben RTL auch viele andere Sender wohl aufmerksam beobachten. Renovierungsshows waren schließlich mal ein großer Trend im deutschen Fernsehen. RTL holt diese nun zurück, mit "Einsatz in 4 Wänden" & Co. hat das aber erkennbar wenig zu tun. Ob das Konzept aufgeht, dürfte eine spannende Frage werden. Aber es ist ja kein Zufall, dass in der Vergangenheit so ziemlich alle diese Formate darauf gesetzt haben, Menschen mit neuen Zimmern, Wohnungen oder gleich ganzen Häusern zu überraschen. Dieser Spin fehlt auch im Jahr 2023 - und die Finanzämter der Republik werden wohl ganz genau darauf schauen, ob sie nicht auch jetzt vielleicht noch etwas Geld eintreiben können.
RTL zeigt sechs Folgen von "Wettkampf in vier Wänden" ab Dienstag, 25. Juli um 20:15 Uhr. Die Folgen gibt es je sieben Tage vorab bei RTL+.