"Bei der Prüfung der Großinvestitionen hat die Kommission vor allem innerhalb der ARD erhebliche Baukostenunterschiede von bis zu 157 % festgestellt. Die Kommission hat deshalb erhebliche Zweifel an der Wirtschaftlichkeit einzelner Vorhaben, insbesondere beim BR und beim WDR." Was die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) in einer Zusatzerklärung zu den im 23. Bericht aufgeführten Großinvestitionen der Öffentlich-Rechtlichen festhält, ist wenig schmeichelhaft - vor allem für WDR und BR. Und während wir uns mit dem WDR-Vorhaben rund um die Sanierung des Filmhauses Köln bereits beschäftigt haben, beleuchten wir an dieser Stelle die geplante Standortverlagerung des BR nach Freimann.
Diese wurde bereits 2015 unter dem damaligen Intendanten Ulrich Wilhelm beschlossen, jetzt geht das Projekt mit dem Titel "BR hoch drei" in die heiße Phase. "Das Gebäude an sich ist im Wesentlichen fertig gestellt", erklärt ein BR-Sprecher gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de. In dem neuen Gebäude in Freimann werden die bisher auf die Standorte Freimann und Funkhaus verteilten Redaktionen räumlich zusammengeführt. Zuvor hatte der BR seine vormals getrennt nach Mediengattungen (TV, Radio, Online) aufgestellten Redaktionen in crossmediale Einheiten zusammengefasst, die inzwischen alle Ausspielwege bedienen.
Parallel zum technischen Ausbau der neuen Räumlichkeiten, für den der BR seit 2017 mehr als 100 Millionen Euro zurückgelegt hatte, würden jetzt sukzessive verschiedene Redaktionseinheiten in das neue Gebäude ziehen, heißt es vom BR. Bis der Neubau unter Volllast läuft, wird aber noch viel Wasser die Isar hinunterfließen. "Die vollständige Inbetriebnahme aller Redaktions- und Produktionsräumlichkeiten ist nach derzeitigem Planungsstand 2026 geplant", so ein BR-Sprecher. Aktuell befinde man sich mit den Baumaßnahmen "voll im Kosten- und Zeitplan".
KEF blockt mehr als 50 Millionen Euro
Diese Aussage wird auch die KEF freuen, die ja, wie bereits erwähnt, "erhebliche Zweifel" an der Wirtschaftlichkeit des Projekts angemeldet hatte. Und die versucht der BR nun auszuräumen. Insgesamt hat der BR bisher schon rund 360 Millionen Euro für die Standortverlagerung bei der KEF geltend gemacht. Weitere Kosten sind bereits jetzt absehbar. Die zuletzt angemeldeten Investitionen in Höhe von rund 51,5 Millionen Euro hat die Kommission allerdings nicht anerkannt. Die KEF erwartet, dass der BR spätestens zum kommenden 24. Bericht ein Gesamtkonzept und eine Wirtschaftlichkeitsanalyse vorlegt. Darüber hinaus muss der BR aufzeigen, welche Auswirkungen die Investitionen in Freimann auf andere Standorte und Liegenschaften haben.
Große Zweifel hatte die KEF zuletzt bei der Angemessenheit der Kosten für die Kantinenerweiterung am Standort in Freimann angemeldet. Hier liegen die Gesamtbaukosten nach BR-Angaben bei 15,5 Millionen Euro. Laut KEF ist das, gemessen an der Nutzungsfläche, ein Preis in Höhe von 29.524 Euro pro Quadratmeter. Die KEF spricht in diesem Zusammenhang von "erheblichen Voruntersuchungs- und Planungsmängeln". Gegenüber DWDL.de heißt es nun vom BR, man habe mit der Finanzbedarfsanmeldung zum 24. KEF-Bericht ein entsprechendes Gesamtkonzept vorgelegt, "um die Kommission von der Richtigkeit der Maßnahmen zu überzeugen und damit die Freigabe dieser Mittel zu erreichen." Ob die KEF mitspielt, wird wohl erst bei der Vorlage des Berichts klar sein. Dass die Kommission kritisch auf das Bauvorhaben blickt, ist aber offenkundig.
Auch die Auswirkungen auf die anderen Standorte des BR sind ein spannender Aspekt. Das Funkhaus München in der Nähe des Hauptbahnhofs werde derzeit konzeptionell weiterentwickelt, heißt es vom BR gegenüber DWDL.de. "Ziel ist ein lebendiger Mediencampus, der eigene Nutzungen mit Drittnutzungen verbindet." Der Eigenbedarf des BR wird sich künftig wohl auf rund ein Drittel der bisherigen Fläche reduzieren. Der Standort Unterföhring wird während der Neuentwicklung des Funkhausareals zunächst als Interimsquartier für Orchester und Chor genutzt und soll danach laut BR "verwertet" werden. Das heißt nicht unbedingt, dass der Standort verkauft wird - möglich könnten auch andere Verwertungsformen sein. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BR werden auf absehbare Zeit aber nicht mehr in Unterföhring sein. Der ursprüngliche Plan des BR, sich bereits in diesem Jahr vom Standort in Unterföhring zu verabschieden, verzögert sich allerdings ein wenig.
BR reduziert Flächen insgesamt "deutlich"
Grundsätzlich musste man beim Projekt "BR hoch drei" in den vergangenen Jahren noch viel umplanen, Grund dafür war auch die globale Corona-Pandemie, die die Arbeitsweisen in vielen Unternehmen verändert hat. Der Trend hin zum Home Office bzw. flexiblem Arbeiten hat sich verstärkt und hält vielerorts noch immer an. Darauf hat man auch beim BR in Sachen Neubau reagiert. "Das Layout der künftigen Arbeitsflächen wurde verändert, Shared-Desk-Modelle und flexibel nutzbare Flächen spielen dabei eine wichtige Rolle", heißt es vom BR gegenüber DWDL.de.
Darüber hinaus hat man auch geplante Teile verkleinert bzw. komplett darauf verzichtet, die Studio- und Produktionsflächen sind etwa verringert worden. Das sei auch geschehen, "um trotz des allgemeinen erheblichen Anstiegs von Bau- und Materialkosten insgesamt im Kostenrahmen zu bleiben". Ein BR-Sprecher sagt: "Insgesamt sind für die Standorte des BR in München deutliche Flächenreduzierungen vorgesehen, die einem höheren Homeoffice-Anteil Rechnung tragen." Flächenreduzierungen bedeuten am Ende wohl auch geringere Kosten. Das dürfte nicht nur die Beitragszahlerinnen und Beitragszahler freuen, sondern auch die KEF.