Was für eine Woche. Angekündigt und somit absehbar waren die parallel stattfindenden Screenforce Days und die Seriencamp Conference in Köln sowie die geplante Wahl einer neuen Intendantin oder eines Intendanten des RBB in Potsdam. Passiert ist in der zurückliegenden Woche aber so viel mehr, das die Branche akut in Atem gehalten hat und Auswirkungen auf die kommende Zeit haben wird. Bei der Vielzahl an Eilmeldungen und Kuriositäten konnte man schon einmal den Überblick verlieren. Mit ein bisschen Abstand liefert ihn DWDL.de. Also: Durchschnaufen, zurücklehnen und die Woche nochmals Revue passieren lassen...
Personalcoups der Woche
Am Abend vor dem Start der Screenforce Days wurde das Aus von Wolfgang Link, Geschäftsführer der Seven.One Entertainment Group und Entertainment-Vorstand bei ProSiebenSat.1, bekannt. Link arbeitete seit 14 Jahren für den Konzern. "Es war und ist ein großes Privileg, Deutschland jeden Tag mit großartigen Inhalten zu informieren und entertainen. Ich freue mich, ProSiebenSat.1 als Berater weiterhin zur Verfügung zu stehen", schrieb der Medienmanager auf LinkedIn - und zahlreiche Künstlerinnen und Künstler sowie Weggefährten schickten Abschiedsworte. Joko Winterscheidt etwa, der nur Stunden später formulierte: "Deine Liebe zum Fernsehen war immer ansteckend". Die Aufgaben von Link wird nun übrigens ProSiebenSat.1-CEO Bert Habets persönlich übernehmen. Somit wird auch die Zahl der Vorstände reduziert. Obendrein wird es auch einen Umbau im Aufsichtsrat geben, wo der tschechische Investor PPF doch einen geforderten Platz erhält.
Link war aber nicht der einzige CEO, der in den letzten Tagen gegangen ist. Disney verabschiedet sich nach 31 Jahren von Roger Crotti, dem Senior Vice President und Country Manager für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Er wird seine bisherige Verantwortung für den Geschäftsbereich Kino noch bis zum Jahresende ausführen - seine Nachfolge ist schon geregelt. Eun-Kyung Park wird künftig als Senior Vice President und Country Managerin alle Geschäftsbereiche in Deutschland, Österreich und der Schweiz leiten. Link und Crotti, es waren immer noch nicht die einzigen Personalien einer wilden Woche.
Sport1 gab während laufender Screenforce Days bekannt, dass sowohl Vorstandsvorsitzender Olaf Schröder als auch Chefredakteur Pit Gottschalk das Unternehmen verlassen. Das führte nur einige Minuten später dann auch einen vorab aufgezeichneten Sporttalk ad absurdum, der auf den Screenforce Days gezeigt wurde. Hier erklärte Schröder eine Sport1-Strategie, die zum Ausstrahlungszeitpunkt wohl schon gar nicht mehr galt. "Die stark veränderten Rahmenbedingungen machen eine Neuausrichtung und stärkere Fokussierung auf das Digitalgeschäft und die Etablierung neuer Geschäftsfelder erforderlich", hatte kurze Zeit vorher Bernhard Burgener, Aufsichtsratschef Sport1 Medien AG, wissen lassen. Neue Chefs von Sport1 sind Robin Seckler und Matthias Kirschenhofer. Was Pit Gottschalk von all dem hielt? Er fasste sich auf Twitter kurz: "Genug ist genug".
Angebot der Woche
Doch genug war noch nicht genug. Denn noch am Tage des Geschäftsführungsumbaus bestätigte die Highlight-Gruppe schon seit Wochen wabernde Spekulationen: Ein Verkauf von Sport1 ist eine Option. Alle strategischen Optionen stünden offen. Es sind also ungewisse Zeiten für zahlreiche Medienschaffende im Großraum München. Während es um Sky, über das es schon seit Monaten Verkaufsspekulationen gab, in dieser Woche auch in Ermangelung einer Teilnahme an den Screenforce Days abgesehen von Ankündigungen einer neuen Serie und einer neuen Dokuproduktion ruhig blieb, ist eine der drängenden Fragen bei ProSiebenSat.1, welche Auswirkungen das auferlegte Sparprogramm haben werde. "Signifikant" würden sie sein, sagte CEO Bert Habets in dieser Woche. "Wir wollen vor allem da Kosten einsparen, wo es Redundanzen bei Entscheidungen gibt und dadurch Prozesse verzögert werden." Details sollen erst später folgen.
Events der Woche
Ein Erfolg war die erste Auflage des Seriencamps in Köln. Eines der großen Themen am ersten Tag der Seriencamp Conference waren etwa internationale Koproduktionen. Aber auch einen Ausblick auf kommende Zeiten gab es. Gesprochen wurde etwa über die mit Spannung erwartete Sky-Serie "Helgoland 513", produziert von UFA Fiction. Die wohl unkonventionellste Produktion, die auf der Kölner Bühne vorgestellt wurde, war "Freiheit ist das einzige was zählt", ein satirisches "Instant Fiction"-Projekt der btf für ZDFneo. Spannend: X Filme Creative Pool arbeitet für Paramount+ an einer Serienversion von "Zeit Verbrechen". Und auch über das Amazon-Projekt "Save Me" wurde gesprochen, es hat inzwischen einen neuen Namen erhalten und wird als "Maxton Hall - Die Welt zwischen uns" im kommenden Winter das Licht der Welt erblicken.
Zeit für gute Gespräche war dann auch bei der DWDL Happy Hour. Mit 150 geladenen Gästen wurde bei Cocktails, Domblick und Sonnenschein gefeiert und geplaudert. Für genug Gesprächsstoff hatte die Branche selbst ja in den Tagen zuvor gesorgt.
Posse der Woche
Wussten wirklich alle Rundfunkrätinnen und Rundfunkräte des RBB am Freitagmittag ganz genau, wer nun wirklich zur Wahl für die RBB-Intendanz steht? Nicht ganz gewiss. Zuerst waren es drei, dann vier, dann drei und schließlich nur noch zwei Kandidatinnen, die sich vor dem Rundfunkrat der Wahl stellten. Am Ende setzte sich die Journalistin und ehemalige, stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer mit der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit durch, auch wenn das Ergebnis sehr knapp war. Dem vorausgegangen war eine stundenlange Aussprache im Rundfunkrat, zuvor hatten die Personalvertreterinnen einen Abbruch der Wahl und eine Neuausschreibung gefordert. DWDL.de hat die Sitzung mit einem Live-Ticker begleitet.
Der RBB hat in den vergangenen Tagen und Wochen rund um die Wahl kein gutes Bild abgegeben. Juliane Leopold, bei der "Tagesschau" für Digitales verantwortlich, stellte offen die Frage, ob beim Sender nicht eher gewollt wird, dass alles bleibt wie es ist. Es blieb nicht der einzige Rückzug: Jan Weyrauch zog wegen finanzieller Überlegungen letztlich doch vor, lieber bei Radio Bremen zu bleiben - und zog seine Kandidatur rund 24 Stunden vor der Wahl zurück. Und die Personalvertreterinnen griffen die Gremienvorsitzenden mit scharfen Worten an, konnten den Rundfunkrat aber letztlich nicht von ihren Plänen überzeugen. Und so geht Ulrike Demmer demnächst alles andere als mit Rückenwind in ihren neuen Job.
Deal der Woche
Lange wurde verhandelt - sehr lange. Speziell in den vergangenen Wochen wurden auch Fußballfunktionäre und Sportlerinnen nervöser. Letztlich kam es doch noch zu einem Deal. In den sogenannten "Big 5"-Ländern Europas ist sich die FIFA mit den Sender der European Broadcasting Union (EBU) doch noch einig geworden und hat an diese die Rechte an der in fünf Wochen startenden Frauen-Fußball-WM vergeben. Die Spiele werden in Deutschland somit bei ARD und ZDF zu sehen sein. Geregelt ist nun auch die Zukunft der 3. Liga im Fußball. Die Deutsche Telekom hat je zwei Spiele pro Wochenende an die ARD sublizenzsiert. Die Liga bleibt also umfangreich auch im Free-TV erhalten. Der Deal gilt bis 2027.
Programme der Woche
Fast ein bisschen kurz gekommen sind da die wichtigsten Programmnews der Woche, vorgestellt auf den wieder digital abgehaltenen Screenforce Days in Köln. So hat RTL einen Ausbau seiner Dienstags-Krimis ebenso angekündigt wie "Wettkampf in vier Wänden - die ultimative Bau-Challenge" mit Eva Brenner, "Die Verräter" mit Sonja Zietlow oder die von Stefan Raab kommenden Formate "Schlag den Besten" und "Blamieren oder kassieren". Auch ein Comeback von "Das Supertalent" scheint möglich. Sat.1 will mit einem neuen Ratespiel namens "The Floor", "Stranded on Honeymoon Island" oder ab 2024 mit zwei neuen Dailys dagegen halten. ProSieben hat sich indes die Rechte am Format "Destination X" gesichert und viel das Leben von Promis als Musical nachspielen. Vox setzt neben seinen bekannten Marken unter anderem auf Formate mit Amira Pocher, Sebastian Lege und "Doc Caro". Bei Kabel Eins holt unter anderem das "Quiztaxi" zurück und sendet seine Nachrichten künftig als ":newstime" - schon kommende Woche werden alle News der Sendergruppe, also auch die von Sat.1 und ProSieben unter diesem Namen laufen. Und RTLzwei setzt, wie im Rahmen von Screenforce bekannt wurde, auf Pocher, Glööckler sowie "Ein Haus voller Geld".
Programmänderung der Woche
Ursprünglich hatte RTL Deutschland angekündigt, sich am 11. Juli abends selbst Konkurrenz zu machen. Neben dem Start der zweiten Staffel von "Der König von Palma"-Staffel (mit drei Folgen am Stück) sollte bei Nitro auch die Serie "Legend of Wacken" zu sehen sein. Macht natürlich wenig Sinn und wurde entsprechend postwendend geändert. "Legend of Wacken" beginnt nun erst am 12. Juli, freie Fahrt also für den "König von Palma".
Programmtipp fürs Wochenende
Und wem selbst jetzt beim Lesen all der Neuigkeiten der Branche der Kopf ein bisschen summt, dem sei eine gemütliche Zeit auf dem Sofa empfohlen - mit einer neuen Dokumentation, die zwar auf sich hat warten lassen, aber sehr sehenswert ist, wie DWDL in dieser Woche urteilte: "Lewandowski - The Unknown". Der Film gebe "einen tiefen Einblick in das Leben eines der besten Fußballspielers der Welt und nie vermittelt sich dabei der Eindruck, hier würde man der PR-Nummer eines Menschen aufsitzen". Zu finden ist die Doku bei Prime Video.