Im Januar fiel Kabel Eins auf 3,9 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen - den geringsten Wert in diesem Jahrtausend, wenn man mal den EM-Monat Juni 2021 außen vor lässt - und auch schon in den Monaten zuvor hielt die Schwächephase an. Doch dann kam das Frühjahr und damit der Aufschwung: Seit März bewegt sich der Marktanteil nun wieder zwischen 4,6 und 4,8 Prozent und damit leicht über dem Vorjahreswert. So nah war die 5 vor dem Komma, die man sich eigentlich schon zurückwünschen würde und zuletzt im September 2020 erreichte, schon lange nicht mehr.
Zu verdanken ist das nicht zuletzt auch einem stabilen Vorabend. Dass "Mein Lokal, Dein Lokal" dort gerade so erfolgreich ist wie seit vier Jahren nicht, hat wohl auch damit zu tun, dass man einen Teil des Publikums abgreifen konnte, das Sat.1 dort zuletzt verlor. Im Schnitt 6,8 Prozent Marktanteil in der klassischen Zielgruppe in den letzten drei Monaten sind aber so oder so ein großer Erfolg. Zuvor punktet auch schon "Abenteuer Leben täglich", "Achtung Kontrolle" kann da nicht mithalten, hat aber zumindest seinen Tiefpunkt überwunden und läuft solide.
Auf diesem Fundament stehend gelang es dem Team um Marc Rasmus, der nun schon seit über sieben Jahren den Sender führt, ein inzwischen durchaus beachtliches Portfolio an Eigenproduktionen aufzubauen - vor allem, wenn man es damit vergleicht, was er einst vorgefunden hatte. Damals hatte Kabel Eins vor allem Frank Rosin und (den inzwischen verstorbenen) Tamme Hanken. In den vergangenen Jahren ist das Portfolio an Eigenproduktionen trotz offensichtlich beschränkter finanzieller Mittel (die großen Flächen für häuifig sehr mäßig laufende Wiederholungen alter Serien und häufig ziemlich gut laufende alte Filme kommen schließlich nicht von ungefähr) Stück für Stück langsam gewachsen - etwa um die "Achtung Abzocke"-Formate von Peter Giesel oder die Reimanns, um "Ab ins Kloster", "Yes we Camp", "Deutschlands größte Geheimnisse" oder erst in der vergangenen Saison "Über Geld spricht man doch".
Da fällt es heute nicht mehr ganz so schwer ins Gewicht, wenn ein zuletzt eigentlich gut etabliertes Format wie die "Trucker Babes" zuletzt schwächelte - zumal es Kabel Eins auch diesmal wieder gelang, zwei eigenproduzierte Primetime-Erfolge neu ins Programm zu hieven. Im Herbst war das zunächst "Unsere Bundeswehr", wobei die vierteilige Reihe zum Ende hin die starken Quoten nicht halten konnte. Und vor allem war es "Roadtrip Amerika" mit Frank Rosin, Alexander Kumptner und Ali Güngörmüş. Es wäre kaum verwunderlich, wenn man die drei oder andere Buddies bald nochmal auf anderen Trips verfolgen könnte.
Dabei fällt auf, dass Kabel Eins vor allem mit bodenständigem Factual Entertainment erfolgreich ist - was man offenbar auch beim Sender erkannt hat und sich allzu außergewöhnliche Formate oder überraschende Experimente lieber spart. Kabel Eins zieht es nicht auf den Shiny Floor, Kabel Eins will nicht gänzlich neue Genres erobern und ist gemessen daran negativ gesagt vielleicht etwas langweilig - positiv gesagt aber eben auch verlässlich in dem, was er seinem Publikum bietet. Ein sicher nicht zu verachtender Wert in diesen unruhigen Zeiten.
Gleichwohl muss man trotz des letztlich positiven Gesamteindrucks natürlich auch konstatieren, dass man von dem, was man sich im Vorfeld der Saison vorgenommen hatte, einiges nicht geklappt hatte. So wollte man den Samstagabend zum zusätzlichen Platz für Eigenproduktionen machen. Die Reihe "Die geheime Welt..." lief da - bei deutlichen Schwankungen - letztlich gar nicht so übel, trotzdem gab man den Plan wohl auch mit Blick auf die angespannte finanzielle Lage aufgrund der Werbekrise inzwischen wieder auf oder stellte ihn zumindest zurück.
Und von den neuen Formaten für den Sonntag-Vorabend hat auch wenig so funktioniert, wie man sich das erhofft hatte. Formate wie "Urlaub ahoi" oder "Aufpoliert & abkassiert" waren noch nicht da, wo sie für einen Erfolg sein müssten. Und von Marken gesponserte Formate wie "Deutschlands bester Partykeller" oder "Putz! Blitz! Blank!" mögen ein interessantes Einnahme-Modell sein, beim Publikum fielen sie aber durch. Für Senderchef Marc Rasmus bleibt also weiter genug zu tun, falls es nochmal gelingen soll, die 5 vor dem Komma zurückzuerobern.