Als besonders jung positionierter Sender ist es kein Geheimnis, dass RTLzwei die veränderte Fernsehnutzung besonders zu spüren bekommt. Der Blick auf die Quoten-Entwicklung der zurückliegenden Saison fällt dann auch entsprechend ernüchternd aus: In sieben von neun Monaten lag der Marktanteil des Privatsenders in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen unterhalb der Marke von vier Prozent. Zum Vergleich: Ein Jahr zuvor stand die Vier noch konstant vor dem Komma. Ausgerechnet im Jahr des 30. Geburtstags hätte man sich in Grünwald also ganz sicher mehr erhofft.
Immerhin: Seit Beginn des Jahres zeigt der Trend wieder nach oben und sowohl im April als auch im Mai konnte RTLzwei die Vier zurückerobern. Tatsächlich gab es zuletzt wieder verstärkt gute Nachrichten: Mit "Kampf der Realitystars" hatte der Sender sein großes Leuchtturm-Projekt wieder im Programm und konnte damit sogar den "Bachelor" in Schach halten. Und am Vorabend zeigten sich die Soaps in stabilerer Verfassung als man das in der jüngeren Vergangenheit gewohnt war.
Besonders "Berlin - Tag & Nacht" macht den den Verantwortlichen beim täglichen Blick auf die Quoten wohl verstärkt gute Laune: Nach einer längeren Durststrecke verzeichnet die Soap mittlerweile wieder regelmäßig Marktanteile von fünf Prozent und mehr. Deutlich schwächer läuft "Köln 50667", doch nach dem Neustart gelang es auch hier, für etwas Besserung zu sorgen. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass man sich bei RTLzwei auf Dauer vermutlich kaum damit zufrieden geben wird, dass die Serie bei knapp mehr als drei Prozent in der Zielgruppe liegt.
Viel Neues, aber kaum Erfolge am Nachmittag
Allzu groß war der Rückenwind jedoch nicht: Mit "Music Drive-On", "Mieten Kaufen Live" oder der "Holiday Crew" hat der Privatsender in der zurückliegenden Saison am späten Nachmittag zwar recht viel ausprobiert - doch wegen schlechter Quoten war oft schon vor Ende des Testlaufs wieder Schluss. Auch die "Südklinik am Ring" dürfte die Erwartungen nur bedingt erfüllt haben: Nachdem Sat.1 die baugleiche "Klinik am Südring" einstellte, wechselten nur wenige Fans den Sender, um die Scripted Reality zu sehen. Abgesehen von einigen wenigen Ausreißern blieb der Aufschwung auch hier auf. Am besten läuft es im Nachmittagsprogramm von RTLzwei weiterhin meist dann, wenn die Sozial-Reportagen laufen.
Am Abend haben "Hartz und herzlich" und "Armes Deutschland" dagegen ihre beste Zeit hinter sich - in aller Regel reicht es aber durchaus noch für respektable Quoten, sodass wohl vorerst kein Ende in Sicht ist. Das gilt auch für "Die Geissens", die am Montagabend weiterhin ein wichtiger Anker für RTLzwei sind, auch wenn der Ableger über die beiden Geiss-Töchter Davina und Shania zuletzt schwächelte. Eine neue Promi-Familie, mit der sich ähnliche Erfolge feiern lässt, ist indes weiterhin nicht in Sicht, auch wenn mit der Kelly Family oder dem "Bauer sucht Frau"-Pärchen Josef und Narumol in der vergangenen Saison bekannte Namen verpflichtet wurden. In beiden Fällen blieben die Reichweiten blass. Gleiches gilt auch für die Dokusoaps "Wir räumen auf" und "Changing Rooms", die ebenfalls keine Zukunft haben werden.
Erfahrungen sammelte RTLzwei unterdessen zudem verstärkt mit Studio-Shows - mit gemischter Bilanz. Während sich die Rollschuh-Show "Skate Fever" im Herbst als Totalausfall entpuppte, sorgten die Neuauflagen der beiden ehemaligen Sat.1-Formate "Glücksrad" und "Genial daneben" für schöne Quoten - insbesondere die Comedy-Rateshow könnte sich perspektivisch noch als verlässlicher Pfeiler erweisen. Dass die "Promi Game Night" direkt im Anschluss durchfiel, zeigt allerdings auch, dass es keineswegs leicht ist, das Show-Publikum bei der Stange zu halten.
Gleichzeitig zeigen "Glücksrad" und "Genial daneben", dass RTLzwei durchaus auch mit älter positionierten Formaten erfolgreich sein kann. Dass der Sender gleichzeitig schon seit mehr als einem Jahr auf eine neue "Love Island"-Staffel verzichtet, ist zugleich Beleg für den eingeschlagenen Wandel. Ausschließlich die jungen Zielgruppen ins Visier zu nehmen, dürfte vor dem Hintergrund der veränderten TV-Nutzung nicht allzu erfolgsversprechend sein. Womöglich wird in Zukunft also auch bei RTLzwei mehr denn je der Mittelweg entscheidend sein.