Es kommt erfahrungsgemäß eher selten vor, dass sich das britische Fernsehen von den deutschen Kollegen inspirieren lässt. Im Falle von "Come Dine With Me" schauten die Verantwortlichen von Channel 4 ganz genau hin – und wählten für ihre Kochshow vor vielen Jahren eine ähnlich humorige Erzählweise wie sie hierzulande von Beginn an prägend war für "Das perfekte Dinner".

Auf mehr als 4.000 Folgen bringt es der Dauerbrenner inzwischen seit seinem Start bei Vox vor mehr als 17 Jahren. Nach gewöhnlichen Fernsehmaßstäben hätte das "Dinner" seine erwartete Halbwertzeit damit also längst überschritten. Dass die Show noch immer läuft, ist vor allem auf drei Gründe zurückzuführen: Sie ist unterhaltsam, hat sich aber trotz des bekannten Konzepts weiterentwickelt. Und, der wohl wichtigste Grund: Vox hat auch dann noch an die Show geglaubt, als die Quoten zwischenzeitlich am Boden lagen.

Tatsächlich hat "Das perfekte Dinner" eine ziemliche Durststrecke hinter sich. Nach Jahren des Erfolgs schien es, als habe das Publikum allmählich genug von den täglichen Hobbyköchen. Lag der durchschnittliche Marktanteil noch 2012 bei mehr als zehn Prozent in der Zielgruppe, so waren es schon drei Jahre später nicht einmal mehr sieben. Im Jahr 2018 kam die Koch-Doku im Schnitt gar erstmals auf weniger als sechs Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen – ein Tief, aus dem Vox und die Produktionsfirma ITV Studios Germany das Format seither Schritt für Schritt befreien konnten. Der Lohn: Erst kürzlich markierte eine Folge der Show mit fast zwölf Prozent Marktanteil den besten Wert seit rund zehn Jahren.

Marktanteil-Langzeittrend: Das perfekte Dinner

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Quelle: DWDL.de-Recherche
dwdl.de/zahlenzentrale
ab 3 Jahren
14-49 Jahre

Gut möglich, dass auch die Konkurrenz einen Anteil an der Wiedererstarkung hatte – insbesondere der direkte Mitbewerber Sat.1 büßte am Vorabend massiv Marktanteile ein. Doch das "Dinner" ist wohl auch deshalb heute wieder beliebter, weil es eben nicht mehr so aussieht wie 2006, als Vox die erste Folge zeigte. Da wäre etwa die mehrfach verlängerte Sendezeit: Während viele Formate erkennbar unter ihrer Länge leiden, profitierte das "Dinner" umso mehr von der Ausweitung auf 75 Minuten, weil nicht nur mehr Zeit fürs Kochen bleibt, sondern auch für die wöchentlich wechselnde Gruppe, zu der mit jeder zusätzlichen Minute eine deutlich größere Bindung aufgebaut werden kann.

Dass der voyeuristische Blick in die Schubladen längst ebenso zu den Akten gelegt wurde wie die zwischenzeitlichen Extra-Punkte, hat dem Format auf lange Sicht eher geholfen. Dazu kommt, dass sich auch die Rolle der berühmten "Stimme" des "Dinners" gewandelt hat. Sicher, auch heute noch lebt die Show von den humorigen Kommentaren aus dem Off, doch seit Daniels Werners Stimme – ähnlich wie Thorsten Schorn bei "Shopping Queen" – mit den Kandidatinnen und Kandidaten geradezu kommuniziert, wirkt die Show mehr noch als früher wie ein Besuch bei guten Freunden.

Bloß keine Spar-Version, bitte!

Wie schwer all das zu kopieren ist, musste die Konkurrenz bereits mehrfach feststellen. Schon vor 15 Jahren scheiterte ProSieben mit dem Versuch, unter dem Namen "Liebe isst" eine Art Kuppelshow-Version des "Perfekten Dinners" zu etablieren, und erst vor wenigen Wochen probierte sich Sat.1 im Rahmen seines Daytime-Flops "Volles Haus!" an einer Art "Spar-Dinner" – im wahrsten Sinne des Wortes. Eine Woche lang ging es darum, täglich ein Drei-Gang-Menü für fünf Personen zum Preis von nur 20 Euro auf die Beine zu stellen. Dabei liegt der Reiz des "Perfekten Dinners", bei aller Nahbarkeit, doch gerade darin, das Publikum auch mal mit außergewöhnlichen Rezepten zu überraschen. Sparen steht bei vielen Zuschauerinnen und Zuschauern wohl ohnehin schon auf der Tagesordnung, da darf's im Fernsehen gern auch mal etwas ungewöhnlicher zugehen.

Katja Rieger © MG RTL D / Stefan Gregorowius Katja Rieger
"Es ist die Kombination aus vielen Zutaten", sagt Katja Rieger, Leitung Real Life / Factual Entertainment und Executive Producer bei Vox und seit der ersten "Dinner"-Stunde dabei, über den anhaltenden Erfolg. "Wir bringen fremde Menschen zusammen, die die Leidenschaft des Kochens und Gastgebens teilen. Und wir dürfen sie dabei begleiten, wie sie ihren Gastgebertag mit allen Aufs und Abs gestalten. Wir bieten Unterhaltung, Inspiration, wecken Neugierde und machen Mut, mal selber Dinge auszuprobieren."

Als Ablenkung vom Alltag funktioniert das Vox-"Dinner" jedenfalls prächtig. Bloß in der Primetime wird das Publikum den TV-Klassiker so schnell wohl nicht mehr wiedersehen: Nachdem neue Folgen des "Promi-Dinners" im vorigen Jahr beim Publikum überhaupt nicht zündeten, will Vox erstmal keine weitere Staffel in Auftrag geben, bestätigte der Sender jetzt auf DWDL.de-Nachfrage. Doch so lange das Original am Vorabend weiterhin bestens ankommt, wird man das in Köln ganz gut verschmerzen können.

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