Mit ein bisschen Sexismus, den man bei RTL vor knapp zwei Jahren kurzzeitig schlimm fand, sorgte Dieter Bohlen im Vorfeld der am Mittwochabend ausgestrahlten Folge von „Deutschland sucht den Superstar“ für Schlagzeilen und Aufsehen. Auffallen in der Aufmerksamkeitsökonomie. Die vierte Folge der „DSDS“-Jubiläumsstaffel war wie immer vorab bei RTL+ zu sehen und erregte vor Tv-Ausstrahlung nicht nur den Boulevard und die betroffene Kandidatin.
Gegenüber der „Bild“ erklärte der Sender zunächst, es gebe keinen Grund diese Szene zu entfernen, doch am Mittwochabend lief „Deutschland sucht den Superstar“ dann doch in einer veränderten Fassung. Die am schärfsten kritisierten Aussagen von Dieter Bohlen waren herausgeschnitten. Kurzfristige Schnittänderungen sind immerhin eine Disziplin, die man bei Produzent UFA Show&Factual nicht zuletzt dank Michael Wendler kennt.
Auf DWDL-Anfrage erklärt RTL am Donnerstag: „Die aktuelle Staffel trifft aus unserer Sicht den angedachten Ton, der besagte Satz fällt aus dem Rahmen. Die Folge so als Preview auf RTL+ zu stellen war ein Fehler. Darum haben wir uns in enger Absprache mit Dieter Bohlen dazu entschieden, die Sendung in der TV-Ausstrahlung bei RTL ohne den entsprechenden Satz auszustrahlen.“
Es dürfte wohl eher der Sender gewesen sein, der in letzter Minute Handlungsbedarf sah. Parallel zur Ausstrahlung am Mittwochabend kommentierte ein Bohlen-Fan bei Instagram: „Versteh nicht, dass das soooooo in den Medien aufgebauscht wurde. Du hast doch überhaupt nichts schlimmes gesagt.“ Und Dieter Bohlen antwortete: „tja Dabei gibt es wirklich große große Probleme in unserem tollen Land“. Klingt so als seien Sexismus, Sprache und der Umgang miteinander von weniger Relevanz für den Chefjuror von „Deutschland sucht den Superstar“.
„Ein Fehler“ war also die ursprüngliche Fassung dieser Folge. Wie es dazu kam, bleibt ein Rätsel. Irgendjemand muss es schließlich für eine gute Idee gehalten haben und das obwohl kein Format unter größerer Aufmerksamkeit entstanden sein dürfte als die jetzige Staffel von „Deutschland sucht den Superstar“, sollte man annehmen. Schließlich machten sowohl der Rauswurf als auch die Rückkehr von Dieter Bohlen große Schlagzeilen und der Sender betonte im Vorfeld, sowohl RTL als auch Dieter Bohlen hätten sich weiterentwickelt. Es fällt schwer zu glauben, dass UFA Show&Factual gemeinsam mit dem Sender nicht so genau hingeschaut haben, was sie veröffentlichen.
Im Interview zur Promotion des Staffelstarts mit dem hauseigenen Magazin „Stern“ trat Bohlen an und übte noch ein bisschen Demut - gleichwohl wissend, dass er mindestens bei der jetzt umstrittenen Szene wieder den schon oft kritisierten Chauvinismus hat raushängen lassen. Es zeigt sich: Bohlen ist Bohlen und das Dilemma für RTL. Seine Eskalationen haben schließlich auch Fans - und selbst der größte deutsche Privatsender braucht gerade jede Quote, die er kriegen kann. Wie viel Anstand kann man sich leisten?
Bei den zahlreichen Pirouetten, die RTL bei diesem Thema dreht, kann Beobachtern inzwischen schwindelig werden. Für den neuen Chef der Inhalte und Marken von RTL Deutschland, Stephan Schmitter, kommt die erneute Diskussion über Haltung und Anspruch zur Unzeit: In Hamburg demonstrieren aufgebrachte Journalistinnen und Journalisten für ihren Joberhalt und erleben, wie in Köln-Deutz alte Gewohnheiten aufblitzen, die es nicht einfacher machen sich als Teil von RTL Deutschland zu identifizieren.