Bei RTLzwei hat sich der Quoten-Abwärtstrend in der zurückliegenden Saison verschärft. In der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen bewegte sich der Privatsender stets unterhalb der jeweiligen Vorjahreswerte – teils betrug das Minus im Monatsvergleich bis zu 0,9 Prozentpunkte, was für einen Sender, der im Schnitt inzwischen auf weniger als fünf Prozent Marktanteil kommt, ein ziemlich dicker Brocken ist. Zum Ende des vergangenen Jahres drohte zeitweise gar der Sturz unter die Marke von vier Prozent, die RTLzwei letztlich nur mit Mühe halten konnte.
Blickt man auf die klassischen Marktanteile, dann steht RTLzwei also so schlecht da wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Überraschend kommt diese Entwicklung nicht, wendet sich doch die sehr junge Zielgruppe, die der Sender überwiegend anspricht, mehr und mehr vom linearen Fernsehen ab. Dass die tägliche Sehdauer bei den 14- bis 29-Jährigen mittlerweile teils weniger als 40 Minuten beträgt, bekommt ein derart jung positionierter Sender wie RTLzwei logischerweise ganz besonders hart zu spüren – das ist nicht weniger als ein Riesenproblem, das nur schwer zu lösen sein wird.
Zunehmend zum Problemfall entwickeln sich vor dem Hintergrund eines zunehmenden Shifts ins Non-Lineare auch die beiden Vorabend-Soaps: Waren "Köln 50667" und "Berlin – Tag & Nacht" noch vor wenigen Jahren tragende Stützen im linearen Programm von RTLzwei, so erreichen beide Serien auf diesem Wege im Schnitt nicht mal mehr eine halbe Million Zuschauerinnen und Zuschauer. Im Schnitt betragen die Marktanteile in der klassischen Zielgruppe meist weniger als fünf Prozent. Im Falle von "Köln 50667" hat sich der Durchschnittswert innerhalb von nur fünf Jahren mehr als halbiert.
Weil die Soaps im Netz nach wie vor beliebt sind, dürfte sich RTLzwei gleichzeitig schwer damit tun, für den Vorabend nach Alternativen zu suchen. Klar ist: Weitere Soaps sollte sich der Sender vorerst sparen, wie die bitteren Flops von "Echt Fame" und "Waidendorf" in der zurückliegenden Saison unter Beweis stellten. Doch auch Dating scheint keine Lösung zu sein: Offensichtlich inspiriert vom Erfolg, den Vox mit "First Dates" feiert, versuchte RTLzwei sein Glück mit der Kuppelshow "Let's Love", die jedoch von Beginn an nicht den Geschmack des Publikums traf. Aktuell macht die Scripted Reality "SOS – Retter im Einsatz" am Nachmittag ebenfalls keine gute Figur.
Viele Hits performen schwächer
Neben der schwachen Performance in der Daytime liegt ein Grund für den anhaltenden Quoten-Rückgang auch im nachlassenden Interesse des Publikums an Sozial-Reportagen wie "Hartz und herzlich". Alternative Doku-Formate wie "Polizei im Einsatz" oder "Mensch Retter" machten ihre Sache zwar nicht so schlecht, konnten die rückläufigen Quoten aber nicht kompensieren. Dazu kommt, dass RTLzwei die Datingshow "Love Island" mit zwei Staffeln pro Jahr womöglich ein wenig überstrapaziert hat, was nun zu einer Reduzierung der Dosis führt. Auch von der von RTL geerbten Nackt-Kuppelei "Adam sucht Eva" dürfte man sich in Grünwald sicher ein wenig mehr versprochen haben als knapp mehr als sechs Prozent Marktanteil.
Wie gut, dass jüngst wieder auf den "Kampf der Realitystars" mit tollen Quoten Verlass war. Für gute Nachrichten sorgten zudem ausgerechnet die Geissens – jene Millionärsfamilie, die vor einigen Jahren von so manchem schon abgeschrieben worden ist. Die Dokusoap erfreute sich zuletzt wieder großer Beliebtheit und selbst der Ableger über die beiden Töchter Davina und Shania punktete bei den Fans. Auch mit den Wollyns und Daniela Katzenberger erzielt RTLzwei noch immer gute Quoten. Umso ärgerlicher, dass dem Sender die ebenfalls beliebte Auswanderer-Familie Reimann an Kabel Eins abhandenkam und neue Familien-Dokus vorerst nicht in Sicht sind.
Von den Neustarts der zurückliegenden Saison bleibt zudem wenig übrig: Neben Flops wie die Realityshow "Family Project" und die "Grip Promi Kart Masters" gelang zumindest den "Retourenjägern" mit Panagiota Petridou ein guter Start. Um das Quoten-Ruder herumzureißen, wird es in den kommenden Monaten gewiss mehr Impulse brauchen.