"Notwendige Impulse für einen Neuanfang" versprach Daniel Rosemann vor etwas mehr als einem Jahr, als er zusätzlich zu ProSieben auch noch die Verantwortung für Sat.1 übertragen bekam. Doch noch ist wenig zu spüren von der "alten Stärke", in der Sat.1 schon in zwei Jahren zum 40. Geburtstag erstrahlen soll: In der zurückliegenden Saison lag der Sender in sämtlichen Monaten unter dem Marktanteil des jeweiligen Vorjahresmonats, im Februar und März hielt sich Sat.1 in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen sogar nur noch mit größter Mühe oberhalb der Marke von sechs Prozent Marktanteil. Zuletzt wurde Sat.1 sogar recht deutlich vom Kölner Konkurrenten Vox überholt und der Vorsprung auf RTLzwei ist kleiner als der Rückstand auf RTL.
Wenn Rosemann also mit der Überzeugung angetreten ist, dass das alte Konzept des Senders nicht mehr aufgeht, so bleibt nach seinem ersten Jahr als Sat.1-Chef festzuhalten, dass sein neues Konzept noch viel weniger funktioniert. Dabei gibt es ja durchaus einiges, das er auf der Haben-Seite verbuchen kann: Da ist noch immer das marktführende "Frühstücksfernsehen" und der Nachmittag läuft mit Formaten wie "Auf Streife" und "Klinik am Südring" weiter meist solide. Die Bundesliga-Rechte bescherten Sat.1 zudem die höchsten Reichweiten seit Jahren. In der Primetime startete außerdem die Neuauflage von "Geh aufs Ganze" ebenso erfolgreich wie die "Comedy-Märchenstunde", auch wenn Rosemann seinem Sender zuletzt erstaunlicherweise attestierte, dass Sat.1 derzeit "keine echte Comedy-Marke" on air habe.
Daneben funktionierte die neue Spielshow "99" auf Anhieb gut, "Die Gegenteilshow" schlug sich ordentlich und "The Taste" feierte gar die erfolgreichste Staffel seit vielen Jahren. Auch auf "The Voice" und sein Kids-Ableger ist nach vielen Jahren zumeist noch Verlass wie auf "Promi Big Brother". Sucht man darüber hinaus jedoch nach echten Erfolgen, wird’s allmählich schwer – was auch daran liegt, dass prominente Neuverpflichtungen bislang nicht oder nur bedingt zündeten. Sicher, die neue Spielshow "Paar Wars" mit Ralf Schmitz startete mit guten Quoten, doch "Voll verschossen" tat sich schon schwerer und mit der Impro-Comedy "Hotel Verschmitzt" tat sich Sat.1 zuletzt ziemlich schwer.
Es mangelt an Innovationskraft
Auch Rückkehrer Jörg Pilawa hat mit seinem uninspirierten "Quiz für Dich" noch keine frischen Impulse gebracht, Birgit Schrowange legte jüngst mit ihren "starken Frauen" gar einen absoluten Fehlstart hin. Dazu kommt, dass sich Sat.1 auch noch selbst schadete, indem etwa eine seit Jahren etablierte Marke wie "The Biggest Loser" plötzlich in "Leben leicht gemacht" umbenannt wurde. Auch "Five Senses for Love" schlug sich unter dem Namen "Liebe im Sinn" deutlich schlechter und der "Club der guten Laune" konnte als Nachfolger der in Verruf geratenen, aber beim Publikum erfolgreichen Realityshow "Promis unter Palmen" keinen Blumentopf mehr gewinnen.
Kapitale Flops leistete sich Sat.1 außerdem mit der Kuppelshow "Mein Date, mein bester Freund und ich" und dem Service-Magazin "Jetzt. Besser. Leben.". Auch die Lebensretter-Dokus fanden zuletzt nur noch wenig Anklang. Im Show-Bereich wiederum bleibt abzuwarten, in welche Richtung sich die verhalten gestartete Gesangsshow "All Together Now" entwickeln wird. Und dass dem Sender Luke Mockridge fehlt, zeigten die rückläufigen Quoten von "Catch". Serien-Ambitionen hat Sat.1 inzwischen sogar komplett aufgegeben – die völlig desolaten Reichweiten der Miniserie "Nachricht von Mama" dürften jedenfalls keine neue Lust auf Fiction geweckt haben.
Zu allem Überfluss fand Daniel Rosemann auch für den gebeutelten Vorabend keine Lösung. Weil weiterhin kein Show-Format zündete, probiert es Sat.1 derzeit notgedrungen wieder mit Ermittler-Serien, ehe demnächst eine Kochshow Besserung bringen soll – was schon alleine in Konkurrenz zum erstarken "Perfekten Dinner" bei Vox keine leichte Aufgabe sein wird.
Zumindest im ersten Schwung hat von Rosemanns neuen Ideen noch nichts so recht gezündet – was vielleicht auch daran liegt, dass es den meisten Neustarts in den zurückliegenden Monaten an Innovationskraft mangelte. Anders als bei ProSieben, wo Rosemann mit Formaten wie "The Masked Dancer", Wer stiehlt mir die Show?" oder "Joko und Klaas gegen ProSieben" ein glückliches Händchen bewies. Doch wirklich ernst wird es ohnehin erst in der nächsten Saison, Rosemanns zweiter als Sat.1-Chef. Befreit von jeglichen Altlasten, die noch vor seinem Amtsantritt angestoßen wurden, wird er unter Beweis stellen müssen, wie genau er sich besagten Neuanfang vorstellt. Klar ist: Es wird nicht reichen, an nur wenigen Stellschrauben zu drehen. Bleiben die erhofften Impulse aus, dann dürfte der nächste runde Sat.1-Geburtstag eher kein Grund zum Feiern bieten.