Gefragt wie eh und je – in manchen spitzeren Zielgruppen gar wie nie und umstritten wie von Beginn an. Das kann freilich nicht jede langlebige Fernsehshow von sich behaupten. Das inzwischen in der 17. Staffel laufende "Germany's Next Topmodel" stellt aber genau das dieser Tage unter Beweis. Vermutlich auch weil die Produktion von RedSeven Entertainment so erfolgreich ist, dürfte es kein Zufall sein, dass eine Kandidatin aus dem Jahr 2020 die Tage kurz vor dem Finale dieser Staffel nutzt, um sich via YouTube ins Gespräch zu bringen. Grob gesagt wirft Ex-Teilnehmerin Lijana der Produktion vor, Streit zu schüren, was teils von anderen Teilnehmerinnen in Teilen widerlegt wurde.

Auf den Vorwürfen aufbauende Aussagen von Nathalie Volk, deren Bekanntheit (zumindest bei Fans der Klatschpresse) einst ebenfalls in der Modelshow von Heidi Klum ihren Lauf nahm, beschäftigen nun sogar Anwälte. Längst ist all das weitergedreht worden zur Frage, wie real Reality ist – oder anders gesagt: Was darf, was muss eine Redaktion tun, um eine aus 17 Folgen bestehende Staffel einer Show, die schon 16 Staffeln auf dem Buckel hat, frisch und spannend zu halten?

 

Schönheitsideale, Rollenbilder und auch die Modeindustrie selbst haben sich gewandelt und werden inklusiver. Diese Veränderung bilden wir zeitgemäß und konsequent ab – auch durch die vielfältigen Charaktere in unserem Cast.  Jobst Benthues, "GNTM"-Produzent und Geschäftsführer von RedSeven Entertainment


Jobst Benthues © Redseven Entertainment Jobst Benthues
"Unser Anspruch ist es, mit 'Germany’s Next Topmodel – by Heidi Klum' immer mit der Zeit zu gehen und neue Impulse zu setzen. Konkret heißt das für die aktuelle Staffel: Schönheitsideale, Rollenbilder und auch die Modeindustrie selbst haben sich gewandelt und werden inklusiver", sagt Jobst Benthues, Chef von der herstellenden Firma RedSeven Entertainment zu DWDL.de. "Zeitgemäß und konsequent" würde man diese Veränderung abbilden, "auch durch die vielfältigen Charaktere in unserem Cast". In diesem Punkt hat sich ProSiebens Modelsuche deutlich geändert, gut sichtbar auch in der nun zu Ende gehenden 17. Staffel. Mit Lieselotte hat eine 66-jährige Berlinerin die Folgen bis kurz vor dem Staffelfinale durchgewirbelt. Und mit Martina, 50, aus Klosterneuburg steht eine Frau im Finale, die gerade frisch aus der werberelevanten Zielgruppe herausgefallen ist.

Den Menschen, die noch dazugehören, scheint es gefallen zu haben. Mit aktuell im Schnitt 19,7 Prozent Marktanteil (vorläufige Daten) wird die laufende Runde, sofern das Finale nicht unerwarteter Weise mäßig läuft, das beste Ergebnis seit 13 Jahren bei den 14- bis 49-Jährigen erzielen. Bei den 14- bis 29-Jährigen ist es ProSieben-Angaben zufolge mit knapp 43 Prozent sogar die stärkste Staffel aller Zeiten. Eine zumindest ungewöhnliche Entwicklung in Zeiten, in denen andere langlebige Castingshows – etwa "Das Supertalent" oder "DSDS" - ziemlich ins Struggeln gekommen sind, wie die UFA und RTL unlängst erlebten. Und auch "The Voice of Germany", eine weitere Erfolgsmarke von ProSieben (und Sat.1), lag mit zuletzt noch elfeinhalb Prozent bei Weitem nicht mehr auf der Flughöhe vergangener Zeiten.

Zur Wahrheit gehört bei "GNTM" aber auch, dass sich die Nutzung des Formats deutlich verschiebt; trotz starker Quoten bei den Jüngeren stehen im noch Schnitt etwas mehr als zwei Millionen Zuschauende insgesamt zu Buche - somit sind zumindest linear wieder einige Fans verloren gegangen, nachdem sich "GNTM" zuletzt von der einst schwächsten Staffel (2019 mit etwas mehr als 2,2 Millionen) wieder nach oben kämpfte. Linear liegt die Reichweite nun niedriger denn je, über die Online-Nutzung gibt es gewaltige Zuschläge. Das lag vermutlich auch daran, dass die Episoden der 17. Staffel deutlich länger liefen, in der Regel bis 23:25 Uhr und somit etliche Minuten mehr als in den Jahren zuvor. Speziell in den Extra-Minuten, also für einen Donnerstag durchaus spät am Abend, ergaben AdScanner-Messungen eine sinkende Sehbeteiligungskurve. "Wir hatten einen spannenden Cast und viele gute Inhalte, die den Zuschauer:innen und uns Spaß gemacht haben. Daraus hat sich ganz organisch mehr Sendezeit ergeben – und ProSieben hat uns den Raum gegeben, die Geschichten in diesem Umfang zu erzählen", sagt Benthues und nennt diese Entwicklung "positiv".

Belohnter Mut

Deutlich mehr Raum nahmen also Fotoshootings, Walks und Aufträge ein. Zuschauerinnen und Zuschauer hätten gemerkt, glaubt Benthues, "mit wie viel Liebe zum Detail die Shootings, Walks und Jobs umgesetzt wurden – und das trotz der durch Corona schwierigen Produktionsbedingungen." Der Mut, neue Wege zu gehen, sei also belohnt worden, freut sich der Fernsehmacher.

 

Aktuell liege der Fokus noch auf der großen Finalshow, deren Vorbereitung in den Endzügen liegt. Eine Finalshow, die nach zwei Jahren Pandemie nun wieder in größerer Form und mit vielen Fans in den Kölner MMC-Studios möglich ist. Und zugleich geht der Blick bereits auf die kommende 18. Staffel. Das Casting läuft schon. "Wir sehen bereits tolle Bewerbungen von vielen unterschiedlichen Frauen, die – durch diese Staffel ermutigt – voller Selbstbewusstsein Teil der nächsten Produktion werden möchten", erklärt Benthues. Ob diese die Erfolgsserie dann fortsetzen kann?