Wenn der Vergabeausschuss der Fördergesellschaft nordmedia darüber entscheidet, welche Film- und Fernsehprojekte einen finanziellen Zuschuss erhalten, dann ist das eigentlich ein routinierter Vorgang. Mehrfach pro Jahr werden einige Millionen vergeben – und nicht selten hängt von der Summe ab, ob Produktionen überhaupt zustandekommen. In dieser Woche hat nordmedia mal wieder eine Pressemitteilung verschickt und darüber informiert, wie sich das Geld diesmal verteilt. Mehr als 3,8 Millionen Euro gehen demnach an insgesamt 55 Projekte, darunter fünf Drehbuch- und Stoffentwicklungen und gleich 29 Film- und Fernsehproduktionen.
Ausgewählt wurde etwa das Spielfilmdebüt "Blackburn" von Max Hegewald, ein Coming-of-Age-Drama, hinter dem eine Hannoveraner Firma steht – was nicht ganz unwichtig ist, weil mit der Förderung oft auch Standort-Politik betrieben wird. Dass die von der ARD in Auftrag gegebene Anthologie-Serie "Die nettesten Menschen der Welt", unter anderem mit Silke Bodenbender, Jörg Schüttauf und Axel Milberg prominent besetzt, von der zentralen Medien-Fördereinrichung für Niedersachsen und Bremen etwas mehr als 400.000 Euro erhält, hängt sicher auch damit zusammen, dass der Dreh in der Hansestadt Lüneburg stattfindet.
In Niedersachen, genauer gesagt in der kleinen Gemeinde Rüspel, hat auch das Kliemannsland seinen Sitz – das Kreativprojekt des YouTubers und Unternehmers Fynn Kliemann, der jüngst mit fragwürdigen Masken-Deals, aufgedeckt von Jan Böhmermanns "ZDF Magazin Royale", unrühmliche Schlagzeilen machte. Unter dem Label Kliemannsland produziert der 34-Jährige aber auch TV-Formate, darunter "Das Hausboot" für Netflix oder "Die Lieferung" für ZDFneo. Beides Formate, in denen er selbst eine beträchtliche Rolle spielte. Demnächst sollte mit "Und Bitte!" eigentlich noch eine Comedyshow für den NDR hinzukommen, doch die liegt nun erst einmal auf Eis.
Auf DWDL.de-Nachfrage erklärte eine Sendersprecherin, dass das Projekt ausgesetzt sei. Im vorigen Jahr habe der NDR für das Projekt einen sogenannten Letter of Intent, also eine Absichtserklärung, ausgestellt. "Ein Vertrag mit der Produktionsfirma Kliemannsland GmbH wurde nicht geschlossen, folglich auch keine Produktions- und Sendetermine geplant", so die Sprecherin. Beschrieben wird das Format einerseits als "Spieleshow im klassischen Sinne", andererseits als "Impro-Comedy-Show", bei der Publikum, Moderatorin, Aufnahmeleiter und Kandidaten nach Durchführung der gestellten Herausforderungen zusammenkommen, "um die Lösungen der aufgezeichneten Aufgaben unter die Lupe zu nehmen, zu kommentieren, sich gemeinsam kaputt zu lachen und mit der Vergabe von Punkten zu bewerten", wie es heißt.
Fast eine halbe Million an Fördermitteln
Bemerkenswert ist, mit wie viel Geld die recht simpel klingende Studio-Show von nordmedia hätte gefördert werden sollen. Vorgesehen waren bis zu 483.994,77 Euro an Fördermitteln – der mit Abstand höchste Einzelbetrag der ersten Förderrunde dieses Jahres. Kein Skandal, aber eine beträchtliche Summe, zu finden auf der zehnten Seite einer PDF-Datei, die vor wenigen Tagen besagter Pressemitteilung angehängt wurde. "Die Summe sticht zwar hervor, ist aber nicht umwerfend hoch", sagt Thomas Schäffer, Geschäftsführer von nordmedia, im Gespräch mit DWDL.de. "Berücksichtigt wird dabei unter anderem der sogenannte Regionaleffekt, der in diesem Fall zum Tragen kommt, weil das Format aus Niedersachen stammt."
Wahr ist aber auch: Höhere Fördersummen als diese hat es bei nordmedia in den zurückliegenden Jahren fast nie gegeben. Schäffer stellt mit Blick auf Kliemannsland jedoch klar, dass es sich um eine Projekt- und nicht um eine Unternehmensförderung handelt. Weil die Unterstützung vor dem Hintergrund der jüngsten Schlagzeilen aber mindestens unglücklich erscheint, hat die Fördergesellschaft vorsorglich zu Protokoll gegeben, dass zum Zeitpunkt der Vergabesitzung im März noch keine Vorwürfe gegen Fynn Kliemann vorlagen.
Immerhin: Geld ist noch nicht geflossen, weil mit Kliemannsland noch kein Vertrag geschlossen wurde. "Wir beobachten und prüfen den Fall", so der nordmedia-Chef. "Ob es bei der Förderung bleibt, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen." Zu rechnen ist damit eher nicht, weil der NDR auf absehbare Zeit wohl nicht an einer Umsetzung von "Und Bitte!" interessiert sein dürfte. Die halbe Million dürfte daher mutmaßlich an andere Projekte gehen – fernab des Kliemannslandes.