Es ist keinen Monat her, dass die Deutsche Fußball Liga (DFL) laut darüber nachdachte, die Bundesliga ab Sommer 2025, wenn ein weiterer neuer Rechtevertrag greifen wird, wieder mehr im Free-TV zu verankern. Möglicherweise, so war zu vernehmen, müsse man dann auch einkalkulieren, etwas weniger Geld aus den TV-Töpfen zu bekommen, um im Gegenzug höhere Reichweiten zu generieren. Die Aussagen sollten freilich insbesondere die großen Geldgeber Sky und DAZN kitzeln, steht doch aus DFL-Sicht zu befürchten, dass sie in zwei Jahren, wenn die Rechte neu vergeben werden, nicht (noch) tiefer in die Geldbörse greifen. All die strategischen Überlegungen, gespielt über die Presse, kamen zu einem sehr spannenden Zeitpunkt, kurz vor Ende der ersten Saison des laufenden Rechtezyklus und wenige Wochen bevor etwa bei der ARD eine Saison-Bilanz gezogen wurde. Und speziell mit Blick auf die Samstagabend-"Sportschau" fiel diese alles andere als gut aus.
"Die Entscheidung über die Meisterschaft fiel parallel zur Sportschau, die Übergabe der Meisterschale erfolgte zum ersten Mal nicht in der Bundesliga-Sportschau, sondern am Sonntag. Deshalb bin ich mir nicht sicher, ob der Samstag noch als Kernspieltag im Bewusstsein der Fans verankert ist und bleibt."
ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky
Aber auch auf die grundsätzlichen Ansetzungen kommt Balkausky zu sprechen. Erstmals in der zurückliegenden Saison waren die jeweiligen First- und Second-Picks der Pay-TV-Sender nicht in der "Sportschau" zu sehen. Sky darf sich – wie schon früher – den First-Pick für das parallel zur "Sportschau" ausgetragene Topspiel sichern (pro Team maximal acht Spiele pro Spielzeit), neu ist der Second-Pick für DAZN (in der Regel am Sonntag). "Die Entscheidung über die Meisterschaft fiel parallel zur 'Sportschau', die Übergabe der Meisterschale erfolgte zum ersten Mal nicht in der Bundesliga-'Sportschau', sondern am Sonntag", moniert Balkausky. Hinzu kommt, dass an einem Viertel der Spieltage nur vier Matches am Samstagnachmittag angesetzt waren, einmal – coronabedingt – gar nur drei. "Deshalb bin ich mir nicht sicher, ob der Samstag noch als Kernspieltag im Bewusstsein der Fans verankert ist und bleibt. Darüber werden wir mit der DFL sprechen, mit der wir uns immer in einem konstruktiven Dialog befinden."
Zweite Liga fängt Verluste auf
Bei Sky in Unterföhring gibt man sich immerhin "überaus zufrieden", wie Sportchef Charly Classen sagte. Insbesondere die Samstags-Konferenz, die erst vergangenen Samstag auf Marktanteile von mehr als 25 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen kam, erwies sich als Hit. Die dritte Saison in Folge lag der durchschnittliche Marktanteil der Konferenz bei über 17 Prozent – und das bei diesmal nominell schwächeren Spiel-Ansetzungen. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Konferenz nachmittags hat Zuschauerinnen und Zuschauer eingebüßt. Die Reichweite ging von 1,6 Millionen in der Corona-Saison auf nun um die 1,3 Millionen zurück. Beim Bundesliga-Topspiel am Samstagabend sank die durchschnittliche Reichweite um zirka 200.000 Fans; auf um die 900.000. Der Quotenschnitt bei den Jüngeren blieb mit rund siebeneinhalb Prozent stabil. Die fehlenden Zuschauerinnen und Zuschauer zu Bundesliga-Zeiten hat das Fernsehen somit offenkundig ganz verloren.
Angesichts der Aufsteiger und potentiellen Aufsteiger in Liga 1 mit Schalke, Werder und evtl. HSV, und auch in Liga 2, blicken wir sehr optimistisch in die kommende Spielzeit.
Sky-Sportchef Charly Classen
Schalke und Bremen als Zugpferd
Genau das wird bei Sport1 vermutlich nicht der Fall sein. Seit vergangenem August sind die Zweitliga-Topspiele wieder zurück im Free-TV, nun immer am Samstagabend. Eine halbe Million Zuschauerinnen und Zuschauer im Schnitt gab Sport1-Boss Olaf Schröder vor der Saison als Ziel aus. Erreicht wurden im Schnitt 460.000 Fans ab drei Jahren. "Der Samstagabend hat sich damit als Sendeplatz für das neue Topspiel im Free-TV etabliert, trotz der erwähnten Auswirkungen durch Geisterspiele oder Begegnungen mit deutlich verringerter Zuschauerauslastung in den Stadien", freut sich Schröder im Gespräch mit DWDL.de und rechnet vor: "Das spektakuläre Saisonfinale in der 2. Bundesliga zeigt, was möglich ist: 1,4 Millionen Zuschauer in der Spitze und rund eine Million im Schnitt haben Schalkes Aufstiegstriumph gegen St. Pauli live im Free-TV auf Sport1 gesehen. Insgesamt haben wir mit der 2. Liga im Saisonverlauf dreimal die Millionenmarke in der Spitze geknackt."
Bremen und Schalke haben sich also als Zugpferde erwiesen – auch deshalb freuen sich Rechtehalter der ersten Liga über den Aufstieg. "Die Rückkehr von Traditionsmannschaften wie Schalke 04 und Werder Bremen hilft da der Liga bestimmt", sagt etwa Thomas Fuhrmann vom ZDF mit Blick auf die Reichweiten-Entwicklung. Auch Axel Balkausky unterstreicht dein Einfluss von Schalke und Werder auf die jüngsten Bilanzen. "Spannung in der Liga hat Auswirkungen auf die Zuschauerakzeptanz, das hat man an der 2. Bundesliga gesehen. Die Sonntags-'Sportschau' konnte mit der 2. Bundesliga fast zwei Prozentpunkte Marktanteil hinzugewinnen, auch innerhalb der Bundesliga-'Sportschau' gab es bei den Marktanteilen kaum noch Unterschiede zwischen den beiden Ligen. Das war in der Vergangenheit durchaus anders", so der ARD-Sportkoordinator, der versichert, froh zu sein, "dass mit Schalke und Werder wieder fanstarke Vereine in die Bundesliga aufgestiegen sind, denn das kann ebenfalls wieder zu einer Steigerung der Akzeptanz in der kommenden Saison führen."
In erster Linie die Liga, aber auch die Medienpartner stehen weiter vor der Herausforderung, die Fanbase zu aktivieren und perspektivisch wieder auszubauen.
Olaf Schröder, Vorsitzender der Sport1-Geschäftsführung
Ganz grundsätzliche Herausforderungen sieht auch Olaf Schröder, Chef von Sport1: "In erster Linie die Liga, aber auch die Medienpartner stehen weiter vor der Herausforderung, die Fanbase zu aktivieren und perspektivisch wieder auszubauen. Das scheint sukzessive zu gelingen, nichtsdestotrotz ist hier noch ein gutes Stück Weg zu gehen zurück zu alter Stärke nach einer Saison, die uns leider auch wieder Geisterspiele bzw. viele Partien mit sehr geringer Stadionauslastung beschert hat." Im Grunde genommen könne man aber "zufrieden sein, auch weil wir in der Bundesliga einen spannenden Abstiegs- und in der 2. Bundesliga einen elektrisierenden Aufstiegskampf haben", so Schröder.
Gänzlich aus jeglicher Reichweitendebatte hält sich derweil DAZN heraus. Der Streaming-Dienst hatte vor der Saison aufgestockt und zeigt neu nun auch alle Sonntagsspiele. "Die erste Saison mit diesem erweiterten Paket an Premium-Rechten auf DAZN war ein voller Erfolg", erklärte ein Sprecher des Dienstes gegenüber DWDL.de, ohne genaue Zahlen zu nennen. Es habe aber ein "starkes Wachstum" gegeben. "Nicht nur für unsere Live-Übertragungen bekommen wir nach wie vor sehr viel positives Feedback von den Fans, auch Non-live-Formate wie die Bundesliga-Highlight-Show oder 'Decoded' funktionieren sehr gut." Und doch hat freilich nicht alles funktioniert - das Format "TGIF etwa oder die Comedyshow "Tippitaka" mit dem Satiriker Abdelkarim, die schon nach wenigen Wochen wieder eingestellt wurde.
Das derzeitige Konzept, eine nicht unwesentliche Anzahl an Bundesliga-Spielen mit Moderation und Kommentar nicht von vor Ort begleiten zu lassen, habe sich indes bewährt, heißt es aus München. "Wir wollen die Fans so nah wie möglich an das Geschehen heranbringen und die Action und die Emotionen ungefiltert präsentieren. Dafür müssen wir nicht zwingend bei jedem Spiel mit einem großen Team vor Ort sein. Nichtsdestotrotz werden wir auch in der kommenden Saison verstärkt Spiele aus den Stadien der Bundesliga und UEFA Champions League begleiten", erklärte der DAZN-Sprecher.
Ein Blick auf die DAZN-Topspiele
Der Fokus der Vor-Ort-Berichterstattung lag bei DAZN jeweils auf den ganz großen Bundesliga-Vereinen; wohl wissend, dass sie das größte Publikum anlocken. DAZN-Analysen der zehn meistgesehenen Bundesliga-Spiele der zurückliegenden Saison belegen: Kein Bundesliga-Spiel ohne Mitwirken von Borussia Dortmund oder dem FC Bayern München schaffte es in die Top10. Die Top3 gehörte sogar exklusiv dem deutschen Rekordmeister. Die im vergangenen Oktober ausgetragenen Matches gegen Frankfurt und Leverkusen sowie die Partie Greuther Fürth im Februar 2022 belegten die Ränge eins bis drei.
Platz 1 | Bayern München - Eintracht Frankfurt (03.10.2021) |
Platz 2 | Bayer Leverkusen - Bayern München (17.10.2021) |
Platz 3 | Bayern München - Greuther Fürth (20.02.2022) |
Platz 4 | Borussia Dortmund - Bayer Leverkusen (06.02.2022) |
Platz 5 | Augsburg - Bayern München (19.11.2022) |
Platz 6 | Borussia Dortmund - Borussia M'gladbach (20.02.2022) |
Platz 7 | Köln - Borussia Dortmund (20.03.2022) |
Platz 8 | Hertha BSC - Bayern München (23.01.2022) |
Platz 9 | Bayern München - Köln (22.08.2021) |
Platz 10 | Borussia Dortmund - Union Berlin (19.09.2021) |
Quelle: DAZN
Zu früh für eine Analyse ist es derweil noch beim Sender Sat.1. Bisher liefen erst fünf der neun erworbenen Spiele. Vier Mal wird Sat.1 in den kommenden Tagen live von der Relegation berichten - dann entscheidet sich unter anderem auch, ob die erste Liga mit dem Hamburger SV ein weiteres Quotenzugpferd gewinnt. Aktuell liegt der Sat.1-Bundesliga-Saison-Bestwert, aufgestellt im vergangenen August, bei rund 6,3 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern. Ermittelt wurde er jedoch nicht bei einem klassischen Bundesliga-Spiel, sondern beim Supercup zwischen Dortmund und Bayern München.