"DSDS" bleibe das "Maß aller Dinge" oder "dominiert den Samstagabend" – und als die Castingshow drohte, unter die Marke von fünf Millionen Zuschauerinnen und Zuschauern zu fallen, verlor das Format, so das harte Urteil am Morgen danach, "immer weiter am Boden". Zehn oder mehr Jahre liegen diese Bewertungen, gefunden im DWDL-Archiv der täglichen Quotenanalysen, mittlerweile zurück und man muss nicht mit viel TV-Expertise ausgestattet sein, um zu erkennen, dass sich die Zeiten geändert haben.
Mehr als fünf Millionen für "Deutschland sucht den Superstar" wären am kommenden Samstag vermutlich schon ein phänomenaler Hit – gemessen an den weniger als drei Millionen, die im vorigen Jahr das Finale der 18. Staffel verfolgten. Das musste bereits ohne Dieter Bohlen auskommen, der ein ärztliches Attest vorlegte, das ihm vom Auftritt in dem einstigen Überflieger der Samstagabendunterhaltung bewahrte. Abschiedsworte vom Pop-Titan gab's nach all den Jahren also nicht.
Und so startet "DSDS" in dieser Woche also in eine neue Ära – und wie schwer der Neuanfang werden kann, zeigte jüngst schon die "Supertalent"-Entwicklung, der zweiten Bohlen-Show, mit der RTL über Jahre hinweg den Samstagabend füllte. Jenes Format, das in seinen besten Zeiten Marktanteile von 30 Prozent und mehr verzeichnete, war zwar schon mit Bohlen in den Abwärtssog geraten, wurde ohne ihn mit im Schnitt nicht mal mehr acht Prozent Marktanteil in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen vollends zum Flop. Fortsetzung? Ungewiss.
Wohl nicht ohne Grund hat Bohlens Nachfolger Florian Silbereisen vor einigen Tagen in der "Bild am Sonntag" einer möglichen "DSDS"-Enttäuschung schon mal verbal vorgebaut und seinen Jury-Stuhl als den "derzeit gefährlichsten Schleudersitz im deutschen Fernsehen" bezeichnet – einen vermutlich gut bezahlten, möchte man hinzufügen. Doch damit nicht genug: "DSDS" mit einem völlig neuen Kurs sei "aktuell wahrscheinlich das größte TV-Abenteuer. Das Risiko ist extrem", erklärte Silbereisen und fragte: "Aber gibt es derzeit eine spannendere Show-Herausforderung?"
Gleichzeitig packte er, ganz in Bohlen-Manier, einige weitere Superlative aus: Er sei davon überzeugt, "tatsächlich einen neuen Superstar finden" zu können und verspricht Kandidatinnen und Kandidaten, "die Weltstar-Talente" mitbringen. Sein Wunsch: "Ich hoffe, wir finden bei 'DSDS' die nächste Helene!".
"DSDS" und Florian Silbereisen - kann das wirklich etwas werden? Dafür spricht, dass es der ARD in den vergangenen Jahren unter Silbereisen gelungen ist, aus altbackenen Schlagershow große Partys zu machen, bei denen auch Menschen unter 30 einschalten, ohne sich dafür zu schämen. Und im ZDF brachte der Entertainer das "Traumschiff" wieder auf Kurs, auch wenn die Storylines oft hanebüchener kaum sein könnten. Wer das schafft, kann womöglich auch eine ins Schlingern geratene Castingshow wiederbeleben. Andererseits fällt auf, dass das Genre generell an Schwung verloren hat: Auch "The Voice" wollten zuletzt nicht mal mehr zwei Millionen Menschen mehr sehen.
Neuer Dschungel, neuer Schwung?
Dass diese Woche für RTL so etwas wie die Woche der Wahrheit ist, liegt allerdings nicht nur an "Deutschland sucht den Superstar", sondern auch an "Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!". Nach einer Corona-bedingten Zwangspause, in der der Privatsender eine wenig ruhmreiche, dafür aber vergleichswise erfolgreiche Alternativshow auf die Beine stellte, öffnet das Dschungelcamp tatsächlich wieder seine Pforten – Quarantäne und Bubble sei Dank. Anders als bei "DSDS" dürfte in diesem Fall zwar niemand ernsthaft am Erfolg zweifeln, schließlich schalteten auch 2020 noch teils mehr als sechs Millionen Dschungel-Fans ein. Doch die neue Location in Südafrika könnte das Format verändern, alleine schon durch die fehlende Zeitverschiebung.
Dass es nur eine Stunde Zeitverschiebung gibt, könnte sich sogar als Vorteil erweisen. "Die meisten Einspielfilme werden hier tagsüber geschnitten und wir setzen inhaltlich in jeder Show da an, wo wir am Vortag aufgehört haben", so Küttner. Der größte Unterschied für das Publikum werde sein, dass Sonja Zietlow und Daniel Hartwich abends, wenn es bereits dunkel ist, aus dem Baumhaus moderieren und zu Verkündungen live abends, anstatt früh morgens ins Camp gehen werden. "Ansonsten", versichert Küttner, "ändert sich kaum etwas."
Auch sonst will RTL auf Bewährtes setzen, also etwa die Schatzsuche, Dschungelprüfungen oder die Nachtwache am Lagerfeuer. "Und während wir es in Australien vor allem mit giftigen Schlangen und Spinnen zu tun haben, kommen noch sogenannte Baboons hinzu, eine Pavianart, die hier weit verbreitet ist und der unsere Promis möglicherweise begegnen werden", erklärt der Unterhaltungschef gegenüber DWDL.de. "Die Dschungelprüfungen dieser Staffel wurden zum Teil selbst entwickelt oder von den Australiern übernommen und teilweise modifiziert. Über allem steht die große Freude und Dankbarkeit, endlich wieder in exotischer Kulisse zwei Wochen Dschungel-Unterhaltung produzieren zu dürfen."
Bleibt die Hoffnung, dass die Staffel nicht von Corona überschattet wird - mit Lucas Cordalis musste die Dschungelshow wegen eines positiven PCR-Tests schon im Vorfeld den ersten prominenten Ausfall hinnehmen. Das dürfte noch einmal die Nervosität der Verantwortlichen steigern. Doch gelingt das Unterfangen, könnte "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus" auch das übrige RTL-Programm beflügeln. Und wer weiß, vielleicht ist dann ja sogar wieder eine Quotenanalayse drin wie vor sieben Jahren. Damals titelte DWDL an einem Sonntagmorgen: "RTL triumphiert mit Dschungelcamp und 'DSDS'".
"Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" beginnt am Freitag um 21:30 Uhr bei RTL, einen Tag später startet "Deutschland sucht den Superstar" um 20:15 Uhr in die neue Staffel