Bereits zwei Mal standen sich Annalena Baerbock, Olaf Scholz und Armin Laschet in diesem Wahlkampf vor laufenden Fernsehkameras gegenüber. Am Sonntag, also sieben Tage vor dem Wahltag, folgt ein drittes und letztes "TV-Triell", das parallel auf Sat.1, ProSieben, Kabel Eins sowie auf verschiedenen Webkanälen der Sendergruppe übertragen wird. Die Fragen in der Sendung kommen von einem Duo, genauer gesagt von ProSieben-Neuzugang Linda Zervakis und Sat.1-Moderatorin Claudia von Brauchitsch. Das letzte Triell zu moderieren, sieht von Brauchitsch als Vorteil, weil "wir bewusst da nachhaken können, wo die Antworten bisher schwach waren", sagt sie. Für die Kandidierenden es sicher das wichtigste Triell, zumal so kurz vor der Wahl und auf drei Sendern gleichzeitig. "Da muss noch mal alles raus, um vor allem bei unentschlossenen Wählerinnen und Wählern zu punkten", erklärt von Brauchitsch im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de.

Schon seit Tagen laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, die von den Mitbewerbern gesendeten Trielle sind ein Teil davon. Es gelte, die Kanzlerkandidatin und die Kanzlerkandidaten am Sonntag mit "überraschenden Fragen zu konfrontieren" und für das Publikum vor dem Bildschirm möglichst klare Antworten zu erhalten. Dabei werde es, sagt von Brauchitsch, eine Leitfrage für die Sendung geben. Was will unser neuer Kanzler oder unsere neue Kanzlerin ändern? "Das beginnt bei der Digitalisierung der Schulen und geht bis zur Finanzierung von Mindestlohn und Rente. Da sind Klarheit und Wahrheit oft hinter vielen Worten verschwunden", sagt die Fernsehjournalistin, die seit Bekanntwerden ihres Mitwirkens selbst mitunter in der Kritik steht.

 

"Vielleicht wären Sie überrascht, wenn Sie mich in die Wahlkabine begleiten dürften." Claudia von Brauchitsch

 

Claudia von Brauchitsch arbeitete bis 2018 als Redakteurin und Moderatorin bei CDU.TV. Was bei der Moderation der "Akte" eher nicht ins Gewicht fällt, könnte bei einer Wahlsendung so kurz vor dem Urnengang zum Problem werden, meinen manche. Wird es also alleine wegen dieser einstigen Verbindung schier unmöglich für die Journalistin sein, in den anstehenden 90 Triell-Minuten speziell im Umgang mit dem Unions-Kandidaten etwas richtig zu machen? "Da mögen Sie recht haben. Aber ich mag dennoch einordnen: Als Journalistin und Moderatorin habe ich in den vergangenen 25 Jahren unter anderem für RTL, Sat.1, N24, Sky und eben auch eine Zeit lang für CDU.TV gearbeitet", antwortet von Brauchitsch und bemüht ein Bild: "Vergleichen Sie es mit Fußballspielern, die in ihrer Karriere auch für verschiedene, manchmal sogar verfeindete Clubs spielen, und trotzdem immer für ihren aktuellen Verein all ihr Herzblut geben." Ein etwas schiefes Bild, schließlich ist sie, um in der Fußballszenerie zu bleiben, eher eine Schiedsrichterin, die schon einmal für eine der antretenden Mannschaften kickte. Claudia von Brauchitsch beruft sich auf ihre Ausbildung: "Ich bin Journalistin. Ich habe dieses wunderbare Handwerk gelernt."

Sicher ist, dass das die Sendung vorentscheidenden Charakter für Olaf Scholz, Armin Laschet und Annalena Baerbock haben wird. Mehrheitlich waren die drei in den bisherigen TV-Sendungen dadurch aufgefallen, hauptsächlich keine Fehler machen zu wollen. "Wir warten nicht darauf, dass jemand Fehler macht. Wir freuen uns, wenn wir die eine oder den anderen aus der Deckung holen können und das Staatstragende menschlich wird. Wenn alle die Diskussion ernst nehmen, sich selbst aber nicht zu ernst nehmen, haben wir viel erreicht", sagt die Sat.1-Moderatorin zu DWDL.de.

TV-Triell © Seven.One Entertainment Group GmbH / Hahn + Hartung Fotografen Claudia von Brauchitsch und Linda Zervakis moderieren das "TV-Triell" bei ProSieben, Sat.1 und Kabel Eins.

Dass zwischen ihr und Linda Zervakis, der von der "Tagesschau" recht frisch zu ProSieben gewechselten Journalistin, die Chemie stimmt, davon ist Claudia von Brauchitsch überzeugt. Bereits vor einiger Zeit hätten sich die beiden kennengelernt. Man ticke recht gleich und habe ähnliche Vorstellungen, was die Gestaltung dieses Triells angehe. "Und wir treten nicht in den Wettkampf der Triell-Moderatoren, sondern wir sind zwei Frauen, die ihr Ding machen – und es möglichst gut machen wollen, auch im Triell-Studio", sagt von Brauchitsch. Das lässt die Hoffnung aufkeimen, dass es mit den beiden harmonischer ablaufen wird als am vergangenen Wochenende beim öffentlich-rechtlichen Triell, das zeitweise wirkte, als würden sich Maybrit Illner und Oliver Köhr duellieren.

Ohne Frage spannend dürfte werden, welches Echo das Triell auf den Sendern und Kanälen der Seven.One Entertainment Group hervorruft. Sowohl 2013 als auch 2017, als es immer nur ein Duell gab, das auf vier Sendern parallel lief, waren die Übertragungen der Sendergruppe nicht allzu rosig. 2013 von ProSieben gesendet, kam das Duell auf acht Prozent Marktanteil. 2017 landete Sat.1 bei gerade einmal 3,2 Prozent. Diesmal dürfte es wohl deutlich besser laufen.

Themen direkt aus dem Leben für "Akte"

Am Ausbau eher recht überschaubarer Quoten zu arbeiten, das kennt Claudia von Brauchitsch seit rund zwei Jahren. Seitdem steht sie als Moderatorin des Sat.1-Traditionsmagazins "Akte" vor der Kamera. 5,8 Prozent Marktanteil holte das Magazin im Jahresschnitt 2020, im laufenden Jahr steht die Sendung angesichts von sechs Prozent nur minimal besser da. Thematisch verliefen die zurückliegenden über 100 Wochen erkenntnisreich. Eine Erkenntnis ist: Ihr Publikum finden vor allem jene Sendungen mit einer "gesunden Mischung der Themen" aus dem Leben des Publikum, kombiniert mit Service und investigativem Journalismus. Ohnehin sei ein Magazin aber - wie auch seine Moderatorin - nie am Ende der Entwicklung angekommen, betont von Brauchitsch.

Der Aussage, dass die "Akte" wieder relevanter werden müsse, stimmt sie derweil nicht zu: "Relevanz war, ist und wird auch künftig das Herzstück der 'Akte' sein. Wer sich mit den Inhalten der Sendung beschäftigt, der wird feststellen: Wir haben in den vergangenen Monaten mit kontinuierlicher Berichterstattung über Corona oder die Flut sehr präsent und aktuell agiert. Gerade erst haben wir uns mit der Angst afghanischer Frauen vor den Taliban, dem Jahrestag des 11. September oder dem Leben transsexueller Menschen beschäftigt", sagt die TV-Journalistin zu DWDL.de. Auch die Ereignisse rund um die Bundestagswahl werde man begleiten.

Somit dürften alle Zuschauerinnen und Zuschauer am 26. September informiert ihr Kreuzchen setzen können. Und Claudia von Brauchitsch selbst? Ihre Wahlentscheidung steht schon fest, sagt die Moderatorin vor dem finalen TV-Triell lachend, aber: "Vielleicht wären Sie überrascht, wenn Sie mich in die Wahlkabine begleiten dürften."