Am 10. Oktober geht Mai Thi Ngyuen-Kim nach ihrem Wechsel zum ZDF erstmals mit einer eigenen Produktion für die Mainzer auf Sendung. Den Anfang macht ein an drei Sonntagen auf dem gelernten "Terra X"-Sendeplatz platzierter Mehrteiler zum Thema Chemie. Die Produktion widmet sich den "Bausteinen der Welt", der "Magie der Verwandlung" und den "Elementen des Lebens". Für Peter Arens, den Leiter der Hauptredaktion Geschichte und Wissenschaft im ZDF, kommt mit der "Terra X"-Premiere von Nguyen-Kim zusammen, was zusammen gehört. Mit DWDL.de sprach er über die neuen Projekte mit der promovierten Chemikerin.

"Wir teilen die gleiche Sehnsucht, beinahe schon Sucht, wichtige wissenschaftliche Inhalte zu vermitteln und dabei inhaltlich und ästhetisch neue Wege zu gehen", erklärt Arens. "Wir sehen in ihr keine Moderatorin im klassischen Sinn, sondern eine Kommunikatorin, eine Dolmetscherin, mit hoher Expertise für komplexe Sachverhalte. Eine solche Begabung ist in den der deutschen Kultur seltener als in der angelsächsischen, wo die populäre Vermittlung äußerst geschätzt wird. Mit Harald Lesch und jetzt Mai Thi Nguyen-Kim haben wir zwei, die das perfekt können.“

Wenn am 24. Oktober der finale Teil dieser "Terra X"-Produktion im ZDF läuft, folgt später am Abend um 22:15 Uhr die Show-Premiere von "Maithink X" drüben bei ZDFneo. Arens: "Mai Thi Nguyen-Kim hatte den ausdrücklichen Wunsch, bei ZDFneo auch eine Show zu machen, weil sie die Bühnenerfahrung aus ihren Anfängen als Science Slammerin mitbringt, und in Interaktion mit Live-Publikum vor Ort einen Mix aus Darstellungsformen ausprobieren will." Produziert wird das halbstündige Format von der Kölner bildundtonfabrik. Der Name der Sendung setzt sich übrigens zusammen aus dem Vornamen der Gastgeberin, den Initialien des Nachnamens - so wie bei ihrem persönlichen Instagram-Account, ergänzt um das X in Anlehnung an "Terra X".

Peter Arens © ZDF/Jana Kay Peter Arens, Leiter der Hauptredaktion Geschichte und Wissenschaft im ZDF

Die Sendung bestehe aus wiederkehrenden Rubriken, Reportage-Einspielern und Sketchen, die von Mai Thi Nguyen-Kim im Studio in einer monothematischen halben Stunde präsentiert werden. Laut Ankündigung der neuen ZDFneo-Sendung verspricht "Maithink X" die kulturelle und politische Landschaft mit Tiefe und Ernsthaftigkeit zu erforschen, "ohne dabei mit Humor zu sparen." Für ZDF-Mann Arens kein Widerspruch zu Seriosität: "Es geht darum, Wissenschaftsjournalismus radikal neu zu denken, so lange am Ende ein Erkenntnisgewinn steht. Qualitätsvolle, relevante Inhalte stehen an erster Stelle, und dann können wir uns alle möglichen Umsetzungsformen ausdenken, bis hin zu Comedy-Elementen. Diese Haltung von Mai Thi Nguyen-Kim teile ich und will sie hierin überhaupt nicht bremsen." 

Die extern von der bildundtonfabrik produzierte Sendung wird intern beim ZDF intensiv begleitet. Das sei dem Genre geschuldet, wie Arens erklärt: "Unsere Fachredaktionen sind in ständigem Kontakt mit den Auftragsproduzenten. Das mag manchmal etwas sehr beflissen klingen, aber die Themen Geschichte und Wissenschaft haben einen solch hohen Stellenwert, dass man die Projekte selten komplett rausgeben kann. Die inhaltliche Präzision und das Fact-Checking ist auch Aufgabe von entsprechend ausgebildeten ZDF-Redakteurinnen und -Redakteuren, weil ihnen die letzte Verantwortung für die Inhalte obliegt."

 

"Allen voran Mai Thi weiß, dass das keine One-Woman-Show ist."

 

Arens weiter: "Wir brauchen Chemiker, Biologen, Physiker, Archäologen, Historiker etc. Das können Produktionsfirmen in dieser Breite und Kontinuität nicht leisten. In der Regel werden dort Leute ja projektweise beschäftigt. Die intensive redaktionelle Betreuung unterscheidet inhaltstiefe Programme über Astrophysik, Chemie oder auch Nationalsozialismus von Zulieferungen in anderen Genres. Allen voran Mai Thi weiß, dass das keine One-Woman-Show ist, sondern hier wie bei all ihren Projekten Teamarbeit gefragt ist, auf sehr hohem Niveau."

Unter dem neuen Label "Maithink X" läuft aber nicht nur die Show: "Neben dem formidablen Funk-Kanal 'MaiLab' brauchten wir auch eine digitale Marke für das, was sie im Netz mit dem ZDF macht. Und der Instagram-Kanal wird, während die Show on air ist, wohl täglich neue Inhalte haben und in den Intervallen dazwischen eher wöchentlich", erklärt Arens. Startschuss für die Online-Präsenz ist auch schon am 6. Oktober. "Wichtig war, eine kontinuierliche Online-Plattform zu etablieren, eine digitale Heimat von Mai Thi im ZDF, die dann die sechs Folgen der 'Maithink X Show' im Herbst und der weiteren sechs im Frühjahr verbindet."

Warum nur zwölf Folgen im Jahr? Arens: "Über das ganze Jahr wäre eine Show mit diesem Anspruch eine sehr aufwändige Angelegenheit, die allen Beteiligten wenig Raum für andere Projekte lassen würde. Deswegen produzieren wir in Clustern von jeweils sechs Wochen, die es dann auch in sich haben." Außerdem ist der Dreiteiler zur Chemie auch nur ein Auftakt für mehr "Terra X" mit Mai Thi Nguyen-Kim. "Ab 2022 wollen wir zwei Mehrteiler im Jahr gemeinsam umsetzen. Immer auch so, dass diese möglichst mit anderen Auftritten von ihr auf den Social Media-Kanälen von Terra X verbunden werden können. Aber auch in 'Die große Terra X-Show' wird sie auftreten, darauf freue ich mich besonders", sagt der Leiter der Hauptredaktion Geschichte und Wissenschaft.

 

"'Terra X' ist politischer geworden."

 

Die Marke "Terra X" und ihre Spielformen zu erweitern ist seit Jahren Aufgabe von Arens. Damit trage man einer veränderten Erwartungshaltung Rechnung. "In den letzten Jahren hat sich das jüngere Terra X-Publikum gewandelt und wendet sich zunehmend anderen Fragestellungen zu. Angefangen mit einem Dreiteiler über die Migration der Völker, das den Deutschen Fernsehpreis gewonnen hat, haben wir einen kritischeren Blick auf die Welt und ihren Zustand geworfen. Wir haben 'Anthropozän' gemacht, wie der Mensch die Erde zu ihrem Nachteil verändert hat, oder einen Mehrteiler über die ungleiche Verteilung von Reichtum."

"'Terra X' ist politischer geworden", bilanziert Arens im Gespräch mit DWDL.de. "Mit härteren Stoffen, und ist dadurch jünger geworden. Wir sind jetzt zum Beispiel dabei, uns die Kulturgeschichte des Abfalls genauer anzugucken, ein hochinteressanter Stoff. Aber auch ganz anderen Themengebieten wollen wir uns zuwenden, die nahe an den Menschen sind. Wir müssen uns dringend wissenschaftlich mit Liebe und Sexualität befassen. Vor einigen Jahren hätte das noch nicht zur Marke gepasst.“