Es kommt nicht mehr alle Tage vor, dass mit großem Tamtam ein neuer, linearer Sender aus dem Boden gestampft wird - weder in Deutschland, noch in Großbritannien. Auf der Insel steht aber das nun kurz bevor: Am Sonntag geht mit GB News ein neuer Nachrichtensender on Air. In den vergangenen Wochen und Monaten machte der bereits mit zahlreichen prominenten Personalien Schlagzeilen - und alle Medienbeobachter fragen sich: Was kommt da auf uns zu?
Ein Nachrichtensender ist im Betrieb äußerst kostenintensiv, da unterscheidet sich Großbritannien nicht vom Rest der Welt. Bereits Anfang dieses Jahres hatte man eine erste Finanzierungsrunde abgeschlossen, so kamen rund 60 Millionen Pfund zusammen. Zu den Investoren gehören ein Hedgefonds-Manager, eine Investment-Gruppe aus Dubai und Discovery. Vom US-Medienkonzern kommen rund 20 Millionen Pfund und damit eine signifikante Summe - sowohl für GB News, als auch für Discovery. Darüber hinaus steht mit All Perspectives ein Tochterunternehmen von Liberty Global hinter dem Sender. Rund 140 Mitarbeiter sollen für GB News arbeiten, wobei 120 Journalisten sein sollen. Rupert Murdoch war zuletzt im Rennen der neuen Nachrichtensender ausgestiegen - sein geplanter Kanal geht nun doch nicht auf Sendung (DWDL.de berichtet). GB News aber zieht es durch.
Doch was ist von dem neuen Player zu erwarten, dessen Köpfe immer wieder betonen, dass man sich von etablierten Playern wie der BBC und Sky News abgrenzen werde? Britische Medienjournalisten sprachen schon vor Monaten davon, dass GB News in der Aufmachung dem US-Sender Fox News ähneln könnte - das wäre freilich ein wenig erstrebenswertes Ziel, wenn man bedenkt, wie dieser Sender in den vergangenen Jahren zur Spaltung der US-Gesellschaft beigetragen hat. Und es wäre wohl auch für Großbritannien kein Gewinn. Ein Land, bei dem sich vor einigen Jahren im Rahmen des Brexit-Referendums viele Menschen ein X für ein U verkaufen ließen - und einige Politiker sowie Medien das Spielchen mitmachten und sogar noch befeuerten.
Die Macher von GB News wollen den Vergleich mit Fox News aber auch gar nicht stehen lassen. Angelos Frangopoulos, CEO des Senders, erklärte zuletzt, es sei falsch, wenn es heiße, GB News werde nicht unparteiisch sein. Das ließen schon die Regeln der Medienaufsichtsbehörde Ofcom gar nicht zu, so der Manager. "GB News wird konsequent unabhängig sein", sagt Frangopoulos.
Gleichzeitig bedient sich GB News in der Außendarstellung einer zumindest fragwürdigen Sprache, die gewisse Narrative bedient. Auf der Webseite des Senders etwa heißt es, man berichte, was wirklich geschehe - ganz so, als würden das die anderen Medien nicht tun. Man wolle zudem für alle Menschen in Großbritannien da sein. "Wir richten uns an Menschen, die sich von den Mainstream-Fernsehmedien schlecht repräsentiert fühlen, insbesondere außerhalb von London", sagt Angelos Frangopoulos. Es ist eine Sprache, die vor allem in konservativen Kreisen Gehör findet. Und es sind Vorwürfe, mit denen konservative Politiker die BBC derzeit sturmreif schießen: Zu abgehoben, zu links und zu weit weg von den Menschen.
"If it matters to you, it matters to us"
Einen Punkt haben die Macher von GB News beim Thema London: Immer wieder wird in Großbritannien die Städte-Fixierung kritisiert, vor allem London steht über allem - eben auch in der medialen Präsenz. Channel 4 eröffnete vor wenigen Jahren bewusst in Leeds einen zweiten Hauptsitz, in Bristol und Glasgow entstanden darüber hinaus Creative Hubs. Damals kam man damit einem von der Regierung womöglich angeordneten Komplett-Rückzug aus London zuvor - und beruhigte die Debatte damit. Channel 4 ist ein öffentlich-rechtlicher Sender, der sich über Werbung finanziert und dessen Eigentümer die Regierung ist. Auch die BBC hat sich zuletzt auf die Fahnen geschrieben, die verschiedenen Regionen im Land besser als bislang zu repräsentieren. GB News will von Anfang an bewusst nah dran sein an den Bürgern - zumindest will man das Gefühl vermitteln, übrigens auch mit einem Claim: "If it matters to you, it matters to us".
Kein Nachrichtenbetrieb rund um die Uhr
Geplant sind unter anderem eine Morningshow, Nachrichten- und Interview-Formate, Talks, Debatten-Sendungen und auch unterhaltende Formate, etwa mit dem Comedian Andrew Doyle, der sich in "Free Speech Nation" mit dem aktuellen Zeitgeschehen auseinandersetzt. Neben aktuellen News stehen Meinungen und Debatten im Fokus der Macher. Explizit nicht geplant ist ein 24-stündiger Nachrichtenbetrieb.
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"Alle unsere Moderatoren werden die Freiheit haben, ihre Meinung zu sagen, Spaß zu haben und mutig die Themen zu behandeln, die für die Menschen in Großbritannien wirklich wichtig sind", heißt es vom Sender. Andrew Neil erklärte kürzlich, die Moderatoren des Senders würden "Persönlichkeit und Kante" haben. Der Plan sei, dass die Menschen einschalten, um die Diskussionen zu verfolgen - und in Summe nicht zufällig beim Sender hängen bleiben.
Nun ist die Zeit der Spekulationen zu Ende. Am Sonntag wird GB News starten. Nach den hochtrabenden Ankündigungen wird man sich im Alltag schnell einfinden müssen - und dann kann man es auch den Kritikern zeigen, die ein zweites Fox News fürchten. An Aufmerksamkeit zum Start wird es GB News gewiss nicht mangeln.