Die Freude und der Jubel waren groß in Köln, als Vox im Februar auf Monatsbasis erstmals überhaupt in seiner Geschichte in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen vor Sat.1 lag. Im März gelang dem Sender dieses Kunststück sogar erneut - ein echter Erfolg, der Vox zumindest vorübergehend den dritten Platz unter den Privatsendern bescherte. Doch um ein wenig Wasser in den Wein zu schütten, sei erwähnt, dass es weniger die Stärke von Vox als die Schwäche von Sat.1 war, die zu diesem Überholmanöver führte. Denn während Sat.1 sich in einer seit Jahren anhaltende Talfahrt befindet, manövierte sich Vox einigermaßen stabil durch den TV-Dschungel mit der wachsenden Zahl an Konkurrenten.
Doch ganz so stark wie noch vor einigen Jahren, als es zeitweise danach aussah, dass Vox auf mehr als acht Prozent Marktanteil in der Zielgruppe zusteuert, ist der Sender heute nicht mehr. In der zurückliegenden Saison ging es sogar auf bis zu 5,9 Prozent Marktanteil nach unten - das war im November und der Traum, an Sat.1 vorbeizuziehen, lag zu diesem Zeitpunkt noch in weiter Ferne. Entsprechend durchwachsen fällt daher dann auch die Saison-Bilanz aus: In immerhin sechs von neun Monaten bewegte sich Vox unter den Werten des Vorjahres.
Blickt man auf die großen Vox-Hits in der Primetime, dann fällt auf, dass es sich dabei fast durchweg um Formate handelt, die inzwischen schon ein gewisses Alter erreicht haben. „Die Höhle der Löwen“ befindet sich bereits in ihrem siebten Jahr, ist trotz etwas rückläufiger Quoten aber noch immer die wichtigste Stütze. In diesem Jahr beweist die Gründershow mit teils mehr als 16 Prozent Marktanteil sogar, dass die „Löwen“ auch im Frühling gut brüllen können. Auch „Kitchen Impossible“ und, mit Abstrichen, „Grill den Henssler“ und „Sing meinen Song“ sind Dauerbrenner, auf die sich Vox nach wie vor verlassen kann.
Auch „Hundeprofi“ Martin Rütter ist noch immer eine wichtige Säule für Vox, doch ein Learning der zurückliegenden Saison ist wohl auch, dass der Schuster bei seinem Leisten bleiben sollte - oder besser gesagt: Rütter bei seinen Hunden. Ob als Moderator eines Corona-Specials oder als Gastgeber einer Quizshow: Wann immer Rütter abseits eines Tier-Formats zum Einsatz kam, fielen die Quoten schwach aus.
Ernüchternde Serien-Bilanz
Ebenso wie im Show-Bereich blieb Vox auch im Serien-Bereich weitgehend glücklos. Ob US-Serien wie das einst noch erfolgreiche "The Good Doctor", „Chicago Med“ und „Law & Order: Special Victims Unit“ oder deutsche Produktionen - ein durchschlagender Erfolg wollte nicht gelingen. Vor allem mit Blick auf die eigenproduzierte Fiction ist das bitter, will man in diesem Bereich doch eigentlich deutlich stärker Fuß fassen als in der Vergangenheit. Die Bilanz fällt aber ernüchternd aus: Während das „Rote Bänder“-Spin-Off „Tonis Welt“ trotz mäßiger Quoten eine zweite Staffel erhält, wurde „Lucie. Läuft doch“ vorzeitig abgesetzt. Auch die Free-TV-Premiere von „Unter Freunden stirbt man nicht“ traf trotz sehr prominenter Besetzung nicht den Geschmack des Publikums.
Ungleich beliebter war da schon „First Dates Hotel“: Auf fast neun Prozent Marktanteil brachte es die Kuppelshow mit Roland Trettl zu Jahresbeginn in der Primetime und legte damit gegenüber dem Vorjahr noch eine Schippe drauf. Ohnehin hat sich das auch das Originalformat mittlerweile als feste Vorabend-Stütze entwickelt - in diesem Jahr liegt „First Dates“ deutlich über den Werten des Vorjahres. Dazu passt, dass mit dem „Perfekten Dinner“ auch ein weiterer Dauerbrenner zuletzt deutlich gestärkt unterwegs war.
Das Wachstum am Vorabend gleicht auch die zuletzt rückläufigen Zahlen am Nachmittag aus, wo Vox ein wenig darunter gelitten haben dürfte, dass die Themen Shopping und Heiraten in Zeiten der Corona-Pandemie an Attraktivität verloren haben. Insbesondere „4 Hochzeiten und eine Traumreise“ und „Die schönste Braut“, aber auch das Spa-Duell „Salonfähig - Wer macht schöner?“ machten Probleme. Noch dazu ging der Versuch, mit denn Neustarts „Mütter reden Klartext“ und „Allererste Sahne“ frischen Wind in die Daytime zu bringen, im Frühjahr schief.
Und so bleibt der Eindruck eines Senders, der sich zwar auf Kurs befindet, dem es zuletzt aber nicht mehr gelang, einen neuen Hit zu finden und der mit einigen Problemzonen zu kämpfen hat. Weder in Sachen Show noch in Sachen eigenproduzierter Fiction fand man das Rezept für neue Erfolge. Gelingt das auch kommende Saison nicht, bleibt Vox nur, weiterhin auf die Schwäche von Sat.1 zu hoffen, um dauerhaft an der Konkurrenz aus Unterföhring vorbeiziehen zu können.