Drei Wochen ist Christine Strobl inzwischen im Amt. „Ein bisschen früh“ für eine Bilanz sei das, sagte der WDR-Intendant und ARD-Vorsitzende über die neue Programmdirektorin, die zu Beginn des Monats von der Degeto nach München gewechselt ist, um das lineare Gemeinschaftsprogramm, vor allem aber die Mediathek voranzubringen. „Es ist vom ersten Tag an Aufbruchstimmung zu spüren“, attestierte Buhrow am Freitag bei einem digitalen Pressegespräch. „Alle sind voller guter Hoffnungen und Erwartungen.“
Doch auch wenn alle Augen in der ARD auf sie gerichtet sind, sagt Strobl: „So richtig Druck spüre ich gar nicht.“ Vielmehr laste doch auf allen, die in der Medienbranche tätig sind, ein Veränderungsdruck. Der hängt, so erklärt die neue Programmchefin an diesem Vormittag mehrfach, mit den veränderten Sehgewohnheiten zusammen. „Wir haben für bestimmte Zielgruppen im Moment nicht das Angebot“, räumt Strobl ein und spricht von einem „Kraftakt“, den es in den nächsten Monaten und Jahren zu bewältigen gilt.
Ihr Blick richtet sich dabei vor allem auf die Mediathek. „Wir werden uns konsequent darum kümmern müssen, dass die Mediathek ein eigenständiges Angebot bekommt, um Zielgruppen zu erreichen, die wir mit dem klassischen Ersten Deutschen Fernsehen gar nicht mehr erreichen können“, betont Strobl und nennt die Schwulen-Serie „All You Need“ als Beispiel, die in den ersten Wochen schon mehr als eine Million Abrufe zählt. „Wir brauchen Programmangebote, die komplementär sind zu dem, was wir im Linearen anbieten.“
"Eine muntere Debatte"
Programmdirektorin Christine Strobl steht derweil vor der Herausforderung, neben der Mediathek auch das nach wie vor starke lineare Programm nicht aus den Augen zu verlieren - wenngleich Das Erste, wohl auch durch seine vielstimmige Struktur, in den vergangenen Jahren ein Stück weit den Anschluss an das ZDF verloren hat. „Ehrlich gesagt gucke ich mir alle Sendeplätze an“, so Strobl mit Blick auf mögliche Veränderungen im Programmschema. In einer „munteren Debatte“ sei man da gerade.
Bis 2022 soll ein Gesamtkonzept stehen, das stärker als bisher auf Köpfe setzt. Das gilt für die Comedy, wo schon im Herbst erste Ergebnisse sichtbar werden sollen, aber auch für andere Bereiche. Da fallen die Namen Hirschhausen und Zamperoni, aber es geht auch um eine bessere Wahrnehmung von dokumentarischen Stoffen. „Wir haben eine Fülle von Dokumentationen, aber mir wäre schon auch wichtig, dass wir Dokumentationen haben, die von der Visualität, Machart, Ansprache eine solche Strahlkraft besitzen, dass wir sie einerseits um 20:15 Uhr ausstrahlen können, sie aber auch in der Mediathek nach oben ziehen können.“
Entscheidend sei die Machart. „Mich regt es auf, wenn die relevante Doku zu Rechtsradikalismus bei ProSieben kommt. Die muss bei uns laufen, das muss unser Anspruch sein“, formuliert Strobl den eigenen Anspruch, der mit einer indirekten Forderung an die ARD-Anstalten verbunden ist: „Wir müssen uns bündeln und nicht mehr alle müssen alles machen“, sagt sie. Strobls Credo: „Vielleicht weniger, dafür relevanter.“
Ob es sie selbst, so wie ihr Vorgänger Volker Herres, vor die Kamera zieht, wird irgendwann im Pressegespräch noch gefragt. Die Frage ist noch nicht zu Ende formuliert, da schüttelt Christine Strobl bereits vehement den Kopf. „Ich will weder ein eigenes Format, noch halte ich viel davon, dass ich auf dem Schirm bin“, sagt Strobl und schiebt schnell hinterher: „Auf gar keinen Fall!“ Das wiederum passt dann auch ganz gut zu Tom Buhrows Eindruck, dass die neue Programmdirektorin ohnehin „mehr Taktgeberin als Moderatorin“ sei.