Für die Öffentlich-Rechtlichen scheint die Lage klar, dort veröffentlicht man inzwischen teils ganze Sendungen auf YouTube oder produziert sie sogar vorrangig für diesen Weg - auch außerhalb von Funk. Das ZDF stellte es gerade Ende letzter Woche nochmal in seiner Selbstverpflichtungserklärung für 2021 dar: Drittplattformen wie YouTube komme eine "relevante Bedeutung" zu, weil darüber Menschen erreicht werden könnte, "die ansonsten nicht mit öffentlich-rechtlichen Inhalten in Berührung kommen würden", wie es heißt, ähnliches ist auch aus der ARD zu hören.
Doch ganz so eindeutig ist die Lage dann eben doch nicht, denn nicht nur die private Konkurrenz stellt die Frage, ob mit öffentlich-rechtlichen Geldern Inhalte für Plattformen kommerzieller amerikanischer Anbieter produzieren sollten, auch medienpolitisch kann man darüber durchaus diskutieren. Für die Privaten ist es wiederum vor allem eine wirtschaftliche Frage, wie groß das Engagement auf YouTube denn eigentlich sein sollte.
Auf die Frage, ob YouTube denn eher Konkurrent oder Partner sei, antwortet Claus Grewenig, beim Privatsenderverband VAUNET Stellvertretender Vorstandsvorsitzender für den Fachbereich Fernsehen und Multimedia mit einem "klaren sowohl als auch". YouTube sei ein wichtiger Partner sowohl in Sachen Verbreitung als auch Vermarktung, zusätzliche Reichweite zahle sich aber nur aus, wenn diese angemessen monetarisiert oder auf Basis ausreichender Datengrundlagen im Werbemarkt refinanziert werden könne, so Grewenig.
Und dann drückt die deutsche TV-Branche der Schuh ja noch an anderer Stelle: Der unterschiedlich scharfen Regulierung zwischen linearen und non-linearen Angeboten aber auch zwischen europäischen und internationalen Plattformen. Die Forderung nach einem "Level Playing Field", auf dem die einheimischen Anbieter doch zumindest nicht benachteiligt sein sollten, ist viele Jahre alt, mit dem neuen Medienstaatsvertrag rückten Plattformen aber nun stärker in den Fokus. "Trotzdem besteht in der Regulierung zwischen den unterschiedlichen Angeboten immer noch ein Gefälle, sowohl bei der Ausgestaltung als auch bei ihrem Vollzug. Insofern unterstützen wir, dass die Aufsicht sich nun verstärkt den Medienintermediären und Plattformen zuwendet", so Grewenig.
Ein weiteres Problem für die Sender: Wenn sich Anbieter entscheiden, Inhalte bei YouTube einzustellen, dann haben sie es nur noch bedingt selbst in der Hand, wie gut diese gefunden werden. "Plattformen wie YouTube haben Einfluss auf den Zugang zum Nutzer, bestimmen qua Algorithmus auch die Auffindbarkeit und generieren mit der Nutzung angebotsübergreifend vermarktbare Daten. Das hat die Politik erkannt und schaut nun aus unterschiedlichen Perspektiven auf die Auswirkungen. Wichtig ist hier eine echte Draufsicht und ganzheitliche Bewertung (horizontal approach), um die Auswirkungen wirklich erfassen zu können."
Wie eingangs erwähnt ist es also ein kompliziertes Verhältnis - und eine allgemeingültige Antwort, wie man nun am besten mit YouTube umgehen sollte, gibt's daher nicht. "Die Entscheidung, wie man sich in diesem Spannungsfeld zwischen Reichweite, Monetarisierung und Aufwertung von Wettbewerbern durch starken Content verhalten möchte, muss jedes Mitgliedsunternehmen im Verband für sich treffen", heißt es von VAUNET. Diese Entscheidung fällt nicht nur von Sender zu Sender, sondern von Format zu Format häufig unterschiedlich aus. In einem Schwerpunkt werden wir daher einige Beispiele beleuchten, bei denen man sich bewusst für eine starke Einbeziehung von YouTube entschieden hat, ob im Bereich Sport, Soap oder bei den Öffentlich-Rechtlichen. Wie erfolgreich sind die Sender damit? Was erhoffen sie sich davon? Antworten darauf gibt's in den kommenen Tagen bei DWDL.de.