Vorbereitet hatte man bereits eine Abwicklung des gesamten Medienkonzerns: Im März 2018 waren die Schweizer dazu aufgerufen, über die Zukunft der SRG abzustimmen. Die sogenannte "No Billag"-Initiative hatte es sich zum Ziel gemacht, die Rundfunkgebühren ("Billag-Gebühren") abzuschaffen. Es wäre wohl auch das Ende der SRG in der bisherigen Form gewesen. Doch es kam alles anders: 71,6 Prozent der Wähler stimmten damals für eine Beibehaltung der Gebühren. In den Wochen davor war eine hitzige Diskussion über Sinn und Unsinn der SRG entbrannt, diese Diskussion hält in Teilen bis heute an.
Seitdem ist viel passiert und tatsächlich hat sich die SRG seit der "No Billag"-Abstimmung vor drei Jahren massiv gewandelt. Das 100-Millionen-Franken-Sparprogramm ist längst umgesetzt, mittlerweile arbeitet man bereits an den nächsten Sparvorhaben. So hatte man im September 2019 angekündigt, noch einmal zusätzlich 50 Millionen einsparen zu wollen. Im Oktober 2020 kamen weitere 50 Millionen hinzu, diese sollen bis 2024 umgesetzt werden. Hintergrund sind die stark sinkenden Werbeeinnahmen der öffentlich-rechtlichen SRG. Alleine 2019 gingen diese um 25 Millionen zurück. Die SRG sprach damals von einem "massiven" Einbruch - dann kam Corona.
Werbeeinnahmen brechen weg
Die globale Pandemie traf die SRG mitten im Umbau und ließ die Werbeeinnahmen regelrecht abstürzen. Die Geschäftszahlen des abgelaufenen Jahres hat man noch nicht veröffentlicht, dennoch hat man bereits einen Rückgang der Werbeumsätze in Höhe von 65 Millionen Franken angekündigt. Seit 2017 hat man also fast 100 Millionen Euro an Werbegeldern verloren - für ein Unternehmen mit einem Jahresumsatz (2019) in Höhe von rund 1,5 Milliarden Franken, mit dem man übrigens noch immer das mit Abstand größte Medienhaus in der Schweiz ist, ist das ein signifikanter Betrag. "Die Aussichten für die nächsten Jahre bleiben herausfordernd", heißt es von der SRG gegenüber DWDL.de. Für 2020 erwartet man einen Verlust, 2019 lag der bei 22,2 Millionen Franken.
Die Zahl der Arbeitsplätze wird sich in den kommenden Jahren verringern. So will man bis 2024 unternehmensweit 250 von den insgesamt 5500 Vollzeitarbeitsplätzen abbauen. Schaffen will man das über "natürliche Fluktuation", Entlassungen seien aber nicht zu vermeiden, heißt es. Sparen konnte man zuletzt unter anderem mit der Beantragung von Kurzarbeit für Teile der Belegschaft. Außerdem hat man Tochtergesellschaften zusammengeführt, die Ausgaben für die Distribution gesenkt und die administrativen Kosten im Konzern auf unter acht Prozent gedrückt. Gleichzeitig bereitet man sich darauf vor, UKW schrittweise auf DAB+ umzustellen.
Gespart wird auch am Programm
Ähnlich wie in Deutschland heißt es für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Schweiz also vor allem: Sparen, sparen, sparen. Im Gegensatz zu ARD und ZDF sehen die TV-Zuschauer in der Schweiz die Auswirkungen heute oder in naher Zukunft sehr deutlich. So hat die TV-Tochter der SRG, die SRF, zuletzt die Streichung einiger Sendungen angekündigt. "Viva Volksmusik", "Einstein Spezial" und die Übertragung externer Veranstaltungen wie "Art on Ice" gibt es künftig nicht mehr. Auch die Wirtschaftssendung "Eco" wird bald eingestellt, die tägliche Sportsendung "sportaktuell" kommt aus ihrer Corona-Pause ebenfalls nicht zurück. Generell will man Kultur-Formate im TV streichen und diese künftig verstärkt online stattfinden lassen. Das ist vor allem Aufgabe von Nathalie Wappler, die dafür entsprechend viel Kritik von allen Seiten einstecken muss. Wappler kam 2019 als Direktorin zum SRF und war davor Programmchefin beim MDR. "Bei solchen Dimensionen kommt man nicht darum herum, beim Programm zu sparen", sagte sie zuletzt in einem Interview mit der "NZZ" über die Höhe der umzusetzenden Einsparungen.
Zwar hat die SRG erst im November wichtige Ski- und Wintersportrechte verlängert und auch die Super League bleibt beim Sender, aber auch im Sport wird gespart. So gibt es ab der nächsten Saison keine Livespiele der Champions League mehr im öffentlich-rechtlichen Senderverbund, zeigen kann man nur noch Highlights. Im November 2020 hat man mit Play Suisse eine Streamingplattform gestartet, die in den nächsten Jahren sukzessive ausgebaut werden soll. Doch auch das kann nicht darüber hinwegtäuschen, das in der SRG spürbare Einschnitte getätigt wurden.
Der Gegenwind bleibt - bei aller positiven Dynamik - stark.
Bakel Walden, SRG-Direktor Entwicklung und Angebot
Auch heute wird noch regelmäßig sehr intensiv über die SRG diskutiert - da geht es den Verantwortlichen in der Schweiz nicht anders als den Fernsehmachern bei ARD und ZDF. Mittlerweile gehe es aber eher darum, ob die SRG zu schnell oder zu viel umgebaut werde, sagt Bakel Walden. "Nicht selten wird öffentlich-rechtlichen Medien vorgeworfen, dass sie sich jeglicher Reform verschließen. Wenn es dann aber um die Umsetzung geht und konkrete Veränderungen anstehen, dann gibt es definitiv nicht nur Beifall." Für Gegner des öffentlich-rechtlichen Rundfunks würden die Reformen nie weit genug gehen, gleichzeitig seien Unterstützer durch Ab- und Umbaumaßnahmen enttäuscht. "Der Gegenwind bleibt also - bei aller positiven Dynamik - stark", sagt der SRG-Direktor. Die Unterstützung von intern und extern bezeichnet Walden dann auch als die größte Herausforderung der kommenden Jahre. "Nur wenn die Gebührenzahlenden einen Mehrwert in unserem Reformprozess sehen und gleichzeitig die Mehrheit unserer Mitarbeitenden den Kurs mitträgt, werden wir erfolgreich sein."
Gebühren sinken, SRG bekommt trotzdem mehr Geld
Gute Nachrichten gibt es für die Gebührenzahler an anderer Stelle, so ist die Rundfunkgebühr zum Jahresbeginn von 365 auf 335 Franken pro Jahr gesunken. Schon 2019 sank der Beitrag von 451 auf 365 Franken. Die Umstellung von einer geräteabhängigen Gebühr hin zu einer Haushaltsabgabe hat die deutliche Senkung möglich gemacht. Die SRG erhält ab diesem Jahr trotzdem 50 Millionen Euro mehr an Gebührengeldern, bislang waren die Einnahmen aus dem Gebührentopf für die SRG bei 1,2 Milliarden Franken jährlich gedeckelt - nun sind es 1,25 Milliarden. "Diese Erhöhung kompensiert einen Teil der Werbeverluste der vergangenen Jahre und gewährleistet die Aufrechterhaltung des SRG-Leistungsauftrags gemäß Konzession", erklärt die SRG. Weitere Gelder aus dem Gebührentopf gehen unter anderem an private Medien.
Es hat sich seit 2018 also einiges getan beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk in der Schweiz. Der Begriff der "Billag-Gebühren" ist seit der Abstimmung vor drei Jahren übrigens fast gänzlich aus der öffentlichen Debatte verschwunden. Das ist aber nicht auf die Reformen bei der SRG zurückzuführen. Viel mehr treibt die Billag AG die Gebühren seit dem Jahr 2019 nicht mehr ein, inzwischen ist dafür die Serafe AG zuständig.