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Über Jahre hinweg sind die Reichweiten der österreichischen TV-Sender zu hoch ausgewiesen worden. Schuld daran soll ein Programmierfehler im Zusammenhang mit der Implementierung neuer Messgeräten sein - 2015 ging es los, im Verlauf wurde der Effekt der falschen Zahlen immer größer (DWDL.de berichtete). Wie hoch die Abweichungen der tatsächlichen Reichweiten von den zunächst ausgewiesenen Werten sind, ist vorerst unklar. Die GfK Austria, bei der der Fehler lag, ist mit einer Aufarbeitung und Richtigstellung der Daten beauftragt worden. Für den Zeitraum vor November 2019 wird eine Korrektur aber nicht mehr möglich sein. 


Und auch wenn die Arbeitsgemeinschaft Teletest (AGTT), die den Auftrag zur Ermittlung der Fernsehnutzung an die GfK Austria vergeben hat, beteuert, die Abweichungen seien nicht wirklich groß - sie soll 2020 bei unter fünf Prozent gelegen haben - herrscht Verunsicherung in der Branche. Denn zu hoch ausgewiesene TV-Reichweiten bedeutet wohl auch: Die Vermarkter haben ihren Werbekunden sehr wahrscheinlich zu hohe Preise in Rechnung gestellt. Beziehungsweise sie haben nicht die Leistungen erbracht, die sie vorgaben zu erbringen.  

Dass die Vermarkter gar nichts dafür können und auch alle TV-Sender gleich betroffen sein sollen, macht die Sache für die werbungtreibenden Unternehmen nicht besser. Und dennoch herrscht in der Branche ein merkwürdiges Schweigen. Vom Austrian Chapter der International Advertising Association heißt es auf DWDL.de-Anfrage lediglich, dass man momentan keinen unmittelbaren Anlass sehe zu handeln. Die AGTT habe eine Prüfung und Richtigstellung veranlasst, sie sei zudem bemüht um eine umfassende Aufklärung. "Nach Vorliegen der Ergebnisse wird die Situation neu bewertet", heißt es. Der WKÖ-Fachverband Werbung und Marktkommunikation ließ eine Anfrage bislang ganz unbeantwortet. 

Vermarkter verweisen auf die AGTT - die bittet um Verständnis

Und auch die Vermarkter, sonst immer sehr auskunftsfreudig und stets bemüht, die Stärken der eigenen Gattung ins rechte Licht zu rücken, sind auffallend still. Sowohl von der ORF Enterprise, als auch von ProSiebenSat.1Puls4, IP Österreich und Servus TV gibt es aktuell auch auf Anfrage keine Aussagen zum Thema. Wie das Branchenmagazin "Horizont" berichtet, wollen sich die Vermarkter noch vor Weihnachten mit Agenturen treffen, um das Thema anzusprechen. Offiziell verweisen sie jedoch nur auf die AGTT. Aus dem dortigen Generalsekretariat heißt es lapidar: "Wir haben alle notwendigen Schritte zur umfassenden Aufarbeitung und Richtigstellung der Daten unverzüglich eingeleitet und bitten um Verständnis, dass wir zu diesen Detailfragen erst nach den Ergebnissen des externen Audit nähere Auskunft geben können." Unklar bleibt damit vorerst, welche Konsequenzen die AGTT durch die falschen Reichweiten zieht - auch in der Zusammenarbeit mit der GfK. 

In den letzten Jahren hat die GfK sukzessive Aufräumarbeiten durchgeführt und ihre Systeme grundlegend verbessert.
GfK-Sprecher

Das Marktforschungsunternehmen ist das einzige, das einige Fragen beantwortet und sich so um Aufklärung und Transparenz bemüht. "In den letzten Jahren hat die GfK sukzessive Aufräumarbeiten durchgeführt und ihre Systeme grundlegend verbessert", heißt es von einem Sprecher. Dadurch ist offenbar auch der Fehler bei der Datenauswertung aufgefallen. "Der Fehler wurde seitens GfK entdeckt, sofort danach an die AGTT kommuniziert sowie auch bereits in Abstimmung mit der AGTT korrigiert. Wir arbeiten gemeinsam an der Richtigstellung."

Jahresquoten kommen später

Das Problem bestehe laut GfK nur in bestimmten Haushalten und habe sich mit dem Einsatz neuer Messgeräte ab 2015 "sukzessive entwickelt". Diverse Überprüfungen, darunter ein Audit in 2016, hätten den Fehler aber nicht erkannt, da er "nur sehr schwer bis kaum zu erkennen gewesen war". Wann nun die korrigierten Daten vorliegen, ist noch unklar. Thomas Gruber, ATV-Chef und Obmann der AGTT, erklärte gegenüber den Kollegen von "Horizont", dass sich durch die nun laufenden Prozesse auch die Jahresquoten für 2020 verspäten werden. Beauftragt wurde auch ein externer Auditor, der die Daten unabhängig prüfen soll. Wann die Jahresquoten vorliegen, ist noch nicht bekannt - jedenfalls nicht direkt nach dem Jahreswechsel. 

Für die GfK Austria ist die ganze Sache auch deshalb unangenehm, weil man damit nun schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre im Mittelpunkt falscher Reichweiten-Zahlen steht. 2016 ging es um die GfK-Messung im Radiobereich. Damals wurde bekannt, dass Daten jahrelang manipuliert wurden - es sich also nicht nur um einen unabsichtlichen Fehler in der Auswertung gehandelt hat. Der damalige Chef der GfK Austria trat zurück - und nun steht man erneut unfreiwillig im Rampenlicht. 

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