Die Geschichte von Deluxe Music liest sich ein Stück weit wie ein modernes Märchen. Nachdem der Sender schon 2005 startete und sieben Jahre später in die Insolvenz schlitterte, übernahm Mitte 2012 die High View Gruppe rund um Alexander Trauttmansdorff den Sender. Seither ist Deluxe Music für die Gruppe eine Erfolgsgeschichte. Behutsam positionierten die Macher den Kanal als Qualitätssender für Musik. Teleshopping oder andere lange Werbefenster gibt es nicht. Im Verlauf der Jahre wurde das auch von den Zuschauern honoriert: Lag der Sender 2015 noch bei durchschnittlich 0,2 Prozent Marktanteil in der klassischen Zielgruppe, waren es ein Jahr später schon doppelt so viel. Im laufenden Jahr steht man bei 0,7 Prozent und auch wenn das Wachstum längst nicht mehr auf den ersten Blick so sichtbar ist wie in den vergangenen Jahren: Auch 2020 gehört Deluxe Music zu den Gewinnern in der Nische. Und nun hat man sich nichts weiter vorgenommen als die Revolution eines gesamten Musik-Genres.
Schon im Sommer wurde bekannt, dass man den Free-TV-Sender Schlager Deluxe starten wird. Nun ist der jüngste Spross aus der High-View-Gruppe auch ganz offiziell mit seinem regulären Programm auf Sendung gegangen. Dort, wo bislang lediglich eine fünfstündige Musikvideo-Schleife lief, gibt es nun über den Tag verteilt zwölf Shows zu sehen, in denen es um die deutsche Schlagerwelt geht. In "Schlagerqueens" gibt es Videos von bekannten Sängerinnen zu sehen, bei "Krass Kult" stehen Schlager-Klassiker im Mittelpunkt und bei "Voll Neu" geht’s um frische Schlager-Ware.
Unser Ziel ist es, dass Schlager Deluxe Teil eines großen Entertainment-Angebots wird.
Ulrike Unseld, Leitung Musikportfolio bei High View
Zu sehen gibt es das Programm von Schlager Deluxe seit dem Sommer über Satellit via Astra, dort übernahm man die Frequenz des inzwischen eingestellten Bollywood-Senders Zee.One. Ein Schnellschuss war der Start aber trotzdem nicht. Man habe die Pläne zum Sender schon lange in der Schublade liegen gehabt, sagt Unseld. Auf die Frage, ob es keine Bedenken gab, einen neuen TV-Sender inmitten der Coronakrise zu starten, antwortet Unseld pragmatisch: "Die Herausforderung, im Jahr 2020 einen linearen TV-Sender im Free-TV zu kapitalisieren, ist so oder so gegeben." Man glaube fest daran, dass man Zuschauer für den neuen Sender gewinne. "Die Schlager-Fangemeinde ist riesig, die Zielgruppe ist da." Noch im Dezember soll Schlager Deluxe auch über waipu.tv verfügbar sein, weitere Verbreitungswege sollen Anfang 2021 erschlossen werden.
Vermarktet wird Schlager Deluxe, wie auch schon der Muttersender, von Sky Media. HiMedia soll die digitalen Werbeflächen monetarisieren. Ab Januar wird Schlager Deluxe auch in den Planungs- und Analyse-Tools der AGF ausgewiesen. Der Sender soll aber mehr sein als nur ein linearer TV-Kanal, auf dem es Musikvideos zu sehen gibt. "Unser Ziel ist es, dass Schlager Deluxe Teil eines großen Entertainment-Angebots wird", sagt Ulrike Unseld zu DWDL.de. Man sei dafür auf der Suche nach Partnern. "Ob das am Ende eine Beteiligung ist oder etwas anderes wird sich zeigen. Wir können uns auch durchaus vorstellen, mit größeren Partnern zusammenzugehen, um etwas Neues schaffen." Die Rede ist von Kooperationen mit Konzertveranstaltern, Verlagen oder auch der Tourismus-Branche. Sozusagen das gesamte Schlager-Erlebnis unter einem Dach. Es sind große Pläne, spruchreif ist davon bislang aber noch nichts, viele angeschobene Gespräche pausieren auch wegen der Corona-Pandemie.
Trennung von Jennifer Weist
Neue Gesichter für den Sender sind auch deshalb nötig, weil Deluxe Music nicht mehr mit Jennifer Weist zusammenarbeitet. Die Musikerin war lange ein festes Gesicht beim Sender, ihr "Update Deluxe" war vor sechs Jahren das erste moderierte Format von Deluxe Music. Im Herbst kam es zur Trennung - und Weist kommunizierte das lautstark. "Das Ende, so wie es jetzt gelaufen ist, überschattet leider die sechs guten Jahre, die ich bei dieser Show hatte", erklärte sie damals. Am Ende habe sie sich nicht mehr wertgeschätzt gefühlt. "Letztendlich sind wir nach sechs Jahren finanziell nicht mehr zusammengekommen, das passiert in den besten Familien", sagt Schwarzer, der auch darauf verweist, dass Musiksender schon immer ein Sprungbrett für Künstler gewesen seien.
Grundsätzlich gibt sich der Inhalte-Chef von Deluxe Music aber zufrieden. "Bei allen Widrigkeiten haben wir eine Performance hingelegt, die unsere Ziele und Erwartungen übertroffen hat. Ohne Corona wäre es geiler gewesen, aber wir sind ganz gut durch die Krise gekommen." So habe man unter anderem davon profitiert, dass man inzwischen 24 Stunden am Tag Musikvideos zeige - Anfang des Jahres verschwanden ja die "Nightflights" aus dem Programm (DWDL.de berichtete). "Natürlich ist es leichter gewesen, von 0,1 auf 0,3 Prozent zu wachsen als jetzt von 0,7 auf 0,8 Prozent. Die Low-Hanging-Fruits sind immer schnell gepflückt, jetzt wird es kleinteiliger, aber ich sehe hier definitiv noch Potenzial", sagt Schwarzer, der sich vorgenommen hat, die Bekanntheit von Deluxe Music zu steigern. Schaffen will er das mit Akzenten im Abendprogramm. Er sagt: "Strecke machen wir in der Daytime, Akzente wollen wir dagegen in der Primetime und in der Late Prime setzen."
Ohne Corona wäre es geiler gewesen, aber wir sind ganz gut durch die Krise gekommen.
Stephan Schwarzer, Leitung Content bei Deluxe Music
So gut es im Zuschauermarkt 2020 auch lief, in der Vermarktung hat auch Deluxe Music die Krise zu spüren bekommen. Man habe die Umsatzziele für 2020 nicht erreicht, sei aber mit einem blauen Auge davongekommen, sagt Ulrike Unseld. "Unser Vorteil ist, dass wir wachsen und so den Werbetreibenden eine wirtschaftliche sehr attraktive Zielgruppe in einem qualitativ hochwertigen Umfeld anbieten können." Mit einem Durchschnittsalter von 37 Jahren ist Deluxe Music ein recht junger Sender. Und im Vergleich zum Gesamtmarkt, der eher älter wird, ist man im laufenden Jahr sogar etwas jünger geworden. Das moderne Märchen geht also weiter. Ob Schlager Deluxe aber eine ähnliche Entwicklung nehmen wird, werden erst die nächsten Jahre zeigen. Oder wie Roland Kaiser singen würde: Sag niemals nie.