Auch wenn beim Seriencamp diesmal kein Publikum vor Ort in München begrüßen kann: so findet es doch digital statt - inklusive der von DWDL.de präsentierten Reihe "Work in Progress", in der Serienmacher einen Einblick in besonders bemerkenswerte neue Produktionen geben. Ehe es am Freitag um "The Mopes" und "Unbroken" geht, standen am Donnerstagnachmittag schon "Herzogpark", "Das Geheimnis des Totenwaldes" und "Katakomben" im Mittelpunkt. Erstere entsteht derzeit für TVNow und befindet sich noch im Stadium der Buchentwicklung, die Dreharbeiten sind erst für April geplant - zu sehen gab es dementsprechend noch nichts. Dafür hatten Produzentin Yoko Higuchi-Zitzmann sowie die ehemalige "Bunte"-Chefredakteurin Patricia Riekel, die hier als Beraterin an Bord ist, im Gespräch mit DWDL-Chefredakteur Thomas Lückerath um so mehr zu erzählen.

Bei "Herzogpark" handelt es sich um einen Mix aus Gesellschaftskomödie, Drama und Thriller, der im Mikrokosmos eben jedes Viertels Herzogpark spielt, in dem sich die High Society besonders stark konzentriert. Erzählt wird ein Pakt, den vier Frauen schließen, um einen dort lebenden Tyrannen zur Strecke zu bringen. "Früher war hier eine Schranke. Viele wünschen sich dass sie wieder da wäre", erklärt sie bei einem Rundgang durch ihr Viertel. Dass es nun Durchgangsverkehr gebe, werde von vielen eher als "Konstruktionsfehler" wahrgenommen. Kein Wunder also, dass Jean-Young Kwak, die das Projekt als Redakteurin seitens TVNow betreut, sagt: "Ich wusste gar nichts über diesen Ort, obwohl die Geschichten vieler Boulevard-Magazine von hier kommen."

Frisch aus Riekels Giftschrank

Dass das vielen so gehen dürfte, soll die Serie für ein großes Publikum interessant machen. "Hier trifft das Sein auf den Schein, echtes Geld auf Falschgeld, echter Adel auf gekauften Adel", erklärt Patricia Riekel. Einfach hier wohnen könne man nicht - wer hier ist, wolle auch Teil dieser elitären Gesellschaft werden. Und wer drin ist, muss alles versuchen, um nicht ins Abseits zu geraten. Bester Nährboden also für allerlei dreckige Geheimnisse, die alle möglichst unter Verschluss halten wollen. Man darf annehmen, dass die ehemalige "Bunte"-Chefredakteurin einige davon kennt. Natürlich habe sie einen "imaginären Giftschrank von Geschichten", die man aus unterschiedlichen Gründen nicht veröffentlicht habe - schließlich gebe es auch Dinge wie Persönlichkeitsrecht oder Mitgefühl, so Riekel.

Doch in fiktionaler Form, lassen sich nun womöglich ja doch manche davon, natürlich anonymisiert, erzählen. "Die Realität überholt jede Fantasie", sagt Riekel. Und Yoko Higuchi-Zitzmann ergänzt: "Es wird eine wahnsinnig unterhaltsame und mitreißende Serie, die sich nicht sehr von der Realität unterscheidet." Angst haben müssen die Einwohner des Herzogpark aber wohl trotzdem nicht - und wenn, dann am ehesten, dass sie anscheinend so unwichtig sind, dass sie gar nicht vorkommen. "Ich glaube, ich mache mir mehr Feinde, wenn sich die Leute nicht in irgendeiner Figur selbst erkennen", so Riekel. Ohnehin sei man auf sehr große Offenheit unter den Bewohnern gestoßen, so Higuchi-Zitzmann. Bei einer Besprechung im örtlichen Café seien viele Leute auf sie zugekommen und hätten von sich aus ihre Unterstützung angeboten.

"Was Verbrechen mit Hinterbliebenen anstellen, wird relativ selten erzählt"

Christian Granderath, NDR-Fiction-Chef

Deutlich weniger amüsant, dafür um so emotionaler dürfte es in der zweiten Serie zugehen: "Das Geheimnis des Totenwaldes". Der Dreiteiler bzw. die sechsteilige Miniserie wird schon Ende November in der ARD-Mediathek veröffentlicht und dann im Dezember auch im Fernsehen ausgestrahlt. Über drei Jahrzehnte werden das Verschwinden einer Frau, die Suche des Bruders nach ihr und die Auswirkungen auf ihre Familie thematisiert - basierend auf wahren Geschehnissen. "Wir wollten den Opfern eine Stimme geben. Was es bei den Angehörigen anrichtet, wenn ein Fall 30 Jahre nicht aufgeklärt wird", erklärt Produzentin Maren Knieling das, was die Miniserie von einem klassischen Krimi abhebt. Tatsächlich wurde während der Vorbereitung der Produktion die Schwester doch noch gefunden, der Serienmörder entlarvt. "Das ist über einen Kriminalfall hinaus ergreifend und bewegend, wie ich es selten erlebt habe. Was Verbrechen mit Hinterbliebenen anstellen, wird relativ selten erzählt. Das werden wir in den Mittelpunkt stellen", erklärt auch NDR-Fictionchef Christian Granderath.

Seriencamp - Katakomben © Seriencamp / DWDL Schauspielerin Lilly Charlotte Dreesen und Produzent und Autor Florian Kamhuber sprachen beim "Seriencamp" mit Thomas Lückerath über "Katakomben"

Die dritte vorgestellte neue Serie war "Katakomben", von Produzent und Autor Florian Kamhuber, der das Konzept zusammen mit Jakob M. Erwa geschrieben hat, als "junge Coming-of-Age-Dramaserie" beschrieben. Ausgangspunkt war hier ein Artikel im "SZ-Magazin" über die Katakomben unter dem Münchner Hauptbahnhof, in denen gefeiert wird. Doch auch für die Serie ist das nur der Ausgangspunkt. Die Serie solle schnell ein breites Publikum ansprechen und viele unterhalten - im Lauf der Geschichte werden dann Konflikte, die in der Gesellschaft und der Serie eine Rolle spielen, erst nach und nach angesprochen. Fast spielerisch jubelt man die dem Zuschauer also gewissermaßen unter. Allzu viele Details wollten die Macher noch nicht verraten, aber Themen wie Wohnungsbau und Politik werden angesprochen, ließ sich Thomas Münzner von Joyn sich immerhin entlocken. Freuen kann man sich auf jeden Fall auf vielseitige und vielschichtige Figuren, auf deren Entwicklung man besonderen Wert gelegt habe.

Getroffen wurden die Macher übrigens auch von der Corona-Pandemie - der Lockdown kam, als noch drei Wochen Dreharbeiten ausstanden, was nicht zuletzt auch deswegen ein Problem war, weil es sich um eine Winterserie handelt, in der Schnee und Kälte eine große Rolle spielen. Trotzdem entschied man sich dazu, im Juni und Juli die Dreharbeiten fortzuführen - aus heutiger Sicht in jedem Fall die goldrichtige Entscheidung. Den Schnee habe man mit sehr viel SFX-Aufwand hergestellt. Aber das offenbar mit Erfolg: "Unser Winter, den wir im Sommer gedreht haben, sieht jetzt noch viel besser aus als der Winter, den wir im Winter gedreht haben", so Florian Kamhuber. Überzeugen davon kann man sich voraussichtlich im Frühjahr bei Joyn. Ob die Serie später auch bei ProSieben gezeigt wird, ist noch nicht entschieden.

Der zweite Teil von "Work in Progress" über die Serien "The Mopes" und "Unbroken" wird am Freitag ab 15 Uhr gestreamt. Das Angebot ist ebenso wie 70 Serienpiloten nach Registrierung kostenfrei unter seriencamp-watchroom.tv abrufbar.