Als die Corona-Pandemie im Frühjahr auch Deutschland erfasste, war das Land mehrere Wochen lang kaum wiederzuerkennen. Neben geschlossenen Läden und Restaurants lag auch die Produktionslandschaft weitgehend brach. Abgesagte und verschobene Drehs brachten eine Branche zum Stillstand, die in den vergangenen Jahren auch dank neuer Streaming-Player boomte. Inzwischen haben sich Fernsehmacherinnen und Fernsehmacher mit der neuen Normalität weitgehend arrangiert - zuletzt sah man sogar wieder eine erstaunliche Zahl an Publikum im Studio vieler Fernsehshows.
Doch seit die Corona-Fallzahlen wieder massiv steigen und jüngst sogar einen höheren Stand erreichten als in der bisherigen Hochphase, wird auch die TV-Branche wieder zunmehmend nervös. Was, wenn noch einmal Drehstopps drohen? Ausgeschlossen ist das nicht, schließlich findet ein großer Teil der Produktionen in Großstädten statt - also dort, wo die Zahlen zuletzt rasant anzogen. In Teilen Berlins etwa liegt der Inzidenzwert, der der Zahl der Neuinfektionen binnen einer Woche pro 100.000 Einwohner angibt, bei mehr als 100. Auch in der Fernsehhauptstadt Köln wurde zuletzt mehfach die Marke von 70 übersprungen.
Tatsächlich hapert es noch immer an einer Einigung, seit Monaten wartet die Branche auf einen umfangreichen Ausfallfonds. Nun, da sich die Situation wieder verschärft hat, wird offensichtlich, dass unnötig viel Zeit verstrichen ist. Ein erster Fonds in Höhe von 50 Millionen Euro, der Teil eines im Sommer verabschiedeten Corona-Pakets der Bundesregierung ist, soll zwar Pandemie-bedingten Produktionsausfällen helfen - allerdings sind damit erstmal nur Kinofilme und "hochwertige Serien" abgedeckt. Der der größte Teil der Fernsehproduktionen bliebe damit jedoch außen vor.
Man fordere "eine schnellstmögliche Verständigung zwischen Ländern und Sendern", erklärt Produzentenallianz-Chef Palmer. "Wir erwarten, dass die engagierte und umsichtige Verhandlungsführung des Landes Nordrhein-Westfalen schnell zu einer Einigung, und damit zur Einrichtung eines Ausfallfonds II für den Bereich der Fernsehproduktionen führt." Immerhin haben ARD und ZDF ihre Unterstützungsleistungen für Produzenten zuletzt noch einmal bis Oktober verlängert. Doch das ist aus Sicht vieler mehr Krücke als Brücke.
"Gut gerüstet bei steigenden Infektionszahlen"
Wasserstandsmeldungen bezüglich des erhofften Ausfallfonds gibt es offiziell nicht. Nach DWDL.de-Informationen wird jedoch in den nächsten beiden Wochen mit Vollzug gerechnet - endlich, möchte man sagen. Bis dahin bleibt den Produzenten die Hoffnung, dass alles irgendwie gutgehen wird. "Wir haben als Produzent unterschiedlichster Genres nun über viele Monate unsere Erfahrungen gesammelt und können sicherstellen, dass es bei unserer Arbeit kein überdurchschnittliches Infektionsrisiko gibt", sagt Fabian Tobias, Geschäftsführer von Endemol Shine Germany. Seitdem Köln als Risikogebiet eingestuft wurde, habe man die Richtlinien deutlich verschärft.
Generell hilft bei der Produktion die Erfahrung der vergangenen Monate. "Während des Lockdowns im Frühjahr haben wir schon sehr frühzeitig in enger Absprache mit unserem Betriebsarzt und unserem Arbeitssicherheitsbeauftragten ein detailliertes Infektionsschutzkonzept erarbeitet", sagt etwa Bavaria-Chef Jan S. Kaiser und verweist auf regelmäßige Tests von Schauspielerinnen und Schauspielern sowie ein "Closed Set". "Daher sehen wir uns auch bei steigenden Infektionszahlen gut gerüstet und bieten auch bei Dreharbeiten im öffentlichen Raum die erforderliche Sicherheit."
Michael Polle von X Filme sieht das ähnlich. "Die generellen Abläufe innerhalb der Teams sind mittlerweile gelernt. Daher glaube ich, dass wir besser gewappnet sind als vor sieben Monaten", sagt der Produzent im Gespräch mit DWDL.de. "Neben einem Ausfallfonds wäre allerdings zu wünschen, dass die Politik auch diese Entwicklung in ihre Überlegung miteinbezieht, wenn es in Anbetracht der steigenden Fallzahlen um neue Restriktionen geht. Im Frühjahr gab es sehr schnell an manchen Orten eine Gleichsetzung zwischen Veranstaltungen und Dreharbeiten, was man in keiner Weise gleichsetzen kann, da unsere Schutzmaßnahmen deutlich umfangreicher sind."
Auch Studio-Betreiber wie nobeo bekommen die Auswirkungen der Pandemie weiter zu spüren. Vor allem im Bereich Außenübertragung seien die Einschränkungen weitreichend, "da viele Veranstaltungen reduzierter oder gar nicht umgesetzt werden", sagt nobeo-Geschäftsführer Stefan Hoff. Gleichzeitig sei das Zusammenspiel mit den ausländischen Schwesterunternehmen derzeit "sehr stark eingeschränkt". Dass die Corona-Zahlen wieder steigen, hat aktuell aber noch keine Auswirkungen auf den Umgang mit Studio-Zuschauern. "Da unsere Hygiene-Konzepte in enger Abstimmung mit den Produzenten greifen, ist im eingeschränkten Maße auch wieder Publikum zugelassen", betont der nobeo-Chef und fügt hinzu: "Ich hoffe sehr, dass dies so bleibt."