Es waren deutliche Worte, die Stefan Stuckmann am Dienstag auf Twitter fand. "Der Comedypreis war noch nie eine erstzunehmende Veranstaltung, aber das ist die endgültige inhaltliche Bankrotterklärung", schrieb der gefragte Comedy-Autor und meinte damit die kurz zuvor vorgestellte Neuausrichtung des Deutschen Comedypreises. Anders als in den vergangenen Jahren soll diesmal nämlich keine Jury über die Gewinner entscheiden, sondern das Publikum.

"In einer Zeit, in der Social-Media-Reichweite eh der wichtigste Erfolgsmarker ist, online über Preise abstimmen zu lassen, ist einfach nur egal", stänkerte Stuckmann und hat damit offenbar auch Bastian Pastewka auf seiner Seite, der die kritischen Aussagen prompt retweetete und damit seinen fast 70.000 Followern zugänglich machte. Stuckmann ist nicht der einzige, der die Preis-Reform kritisch sieht. Auch manch anderer aus der Branche hält die Entscheidung für falsch.

Denn es ist ja so: Welche Chance soll eine kleine, aber feine Nischenserie wie "Warten auf'n Bus" haben, wenn sie gegen einen großen Quoten-Hit antreten soll, dessen Darsteller noch dazu eine emsige Community in den sozialen Netzwerken hinter sich wissen? Gleichzeitig wittert aber auch Tele 5 eine Chance: "Jetzt hat #SchleFaZ mal ne Chance", rieb sich Senderchef Kai Blasberg schon mal die Hände - wohl wissend, dass die Fans seiner Filmreihe besonders eifrig im Netz unterwegs sind.

Zuschauer stimmen in neun Kategorien ab

Genau dort, im Internet nämlich, wollen das Köln Comedy Festival, das sich neuerdings kosmopolitisch Cologne Comedy Festival nennt, sowie die Produktionsfirma Brainpool und der neue TV-Partner Sat.1 die Comedy-Fans in gleich neun Kategorien über die Gewinner entscheiden lassen. Immerhin umgeht man damit dem häufig geäußerten Vorwurf, dass sich die Vertreter einer ohnehin recht überschaubaren Branche fortwährend gegenseitig auszeichnen.

Und doch regt sich Unmut, den Ralf Günther, der Geschäftsführer des Cologne Comedy Festivals, ein Stück weit erwartet hat. "Uns ist klar, dass jede Veränderung beim Deutschen Comedypreis Unruhe nach sich zieht, aber letztendlich ist jede Entscheidungsfindung bei einer Preisverleihung eine Auswahl für bestimmte Kriterien bei gleichzeitiger Ausgrenzung anderer Kriterien", sagt er gegenüber DWDL.de. "Dieses Problem kennt jeder Preis."

"Wir wollen zeigen, dass der Comedypreis auch in seinem dritten Jahrzehnt weiterhin noch die Kraft hat, sich stark, neu und sehr unterhaltsam zu präsentieren."
Ralf Günther, Geschäftsführer Cologne Comedy Festival

Durch eine Vorauswahl wollen die Verantwortlichen des Comedypreises jedoch weiterhin gewährleisten, dass auch die Qualität eine Rolle spielt. Nominiert werden jeweils drei Formate pro Kategorie, in manchen Kategorien sind auch fünf Nominierungen möglich. Dass letztlich das Publikum entscheidet, entspreche "viel mehr dem aktuellen Zuschauerverhalten, bei dem sie aktiver entscheiden, was / wann / wo sie etwas sehen wollen, und zum anderen werden damit auch die Entscheidungen nachvollziehbarer", sagt Günther, "sowohl für die Zuschauer, wie auch für die Künstlerinnen und Künstler."

Mit der Kombination von Online- und TV-Zuschauervoting wolle man zudem die unterschiedlichen medialen Nutzerplattformen der Zuschauer besser abdecken, erklärt der Chef des Cologne Comedy Festivals. Dazu passt, dass erstmals auch Online-Formate und Podcasts berücksichtigt werden. "Wir wollen zeigen, dass der Comedypreis auch in seinem dritten Jahrzehnt weiterhin noch die Kraft hat, sich stark, neu und sehr unterhaltsam zu präsentieren", so Ralf Günther zu DWDL.de. Und doch werden nicht alle Preisträger von den Zuschauern bestimmt: Zwei weitere Auszeichnungen, die jeweils das Festival als Stifter festsetzt, sollen zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben werden. 

Von der Comedypreis-Gala, die im Oktober über die Bühne gehen soll, erhofft sich Ralf Günther indes auch ein positives Zeichen für eine gebeutelte Branche. "Coronabedingt liegt die gesamte Künstlerbranche samt der Infrastruktur drumherum am Boden, es ist wirklich ein Desaster", sagt Günther. "Wir sind deshalb unendlich dankbar, dass wir beim Deutschen Comedypreis zusammen mit Sat.1 und Brainpool den Künstlerinnen und Künstlern eine Plattform geben können, auf der sie sich in diesen Zeiten präsentieren können. Und dass wir zeigen können, dass es das Cologne Comedy Festival noch gibt und dass die Humorbranche weiterhin sehr aktiv und kreativ ist."

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