Wenn es um gute Beispiele öffentlich-rechtlicher Zusammenarbeit geht, darf man das 3sat-Wissenschaftsmagazin "nano" nicht vergessen. An der Sendung, die in diesen Tagen ihr 20-jähriges Bestehen feiert, waren im Verlaufe der Zeit unterschiedliche Rundfunkanstalten beteiligt. WDR und RBB haben ihre aktive Mitarbeit beendet, dafür ist der HR 2016 zu den ARD-Partnern BR, SWR und MDR gestoßen - darüber hinaus sitzen auch das ZDF, der ORF und der SRF bei der Sendung mit im Boot. Seit dem Start im Jahr 1999 wurden mehr als 4.000 Ausgaben von "nano" ausgestrahlt.
Jeden Werktag gibt es in der Sendung ab 18:30 Uhr Beiträge über aktuelle Wissenschaftsthemen zu sehen. Zum Geburtstag zeigt man am 29. November eine Sondersendung, in der es um Alternativen für eine nachhaltige Zukunft geht. Und auch in den nächsten Wochen dreht sich viel um Nachhaltigkeit und das Klima: So berichtet man am 13. Dezember live aus Madrid, dort findet der UN-Klimagipfel statt. Vorbereitet hat man auch eine Doku über Chile - hier sollte der Gipfel erst stattfinden. Den Film "Chile - Grüne Hoffnung für die Welt" wird man nun am 3. Dezember ausstrahlen.
Einer, der von Anfang an bei der Produktion der Sendung mit dabei war, ist Moderator Ingolf Baur. Andere Moderatoren kamen und gingen, er gehört seit 1999 zum "nano"-Team. Äußerlich habe sich das Format sehr verändert, sagt er im Gespräch mit DWDL.de. "Auch die filmischen Erzählweisen sind schneller, bunter und oft persönlicher geworden. Aber der journalistische Kern von ‘nano’ ist geblieben. Und das gut so, denn die Bedeutung von Wissenschaft hat gewaltig zugenommen und damit ist die Auseinandersetzung mit ihren Inhalten immer wichtiger geworden." Neben Baur wird das Format derzeit auch noch von Yve Fehring, Alexandra Kröber und Gregor Steinbrenner moderiert.
Baur sagt außerdem, im Verlaufe der Zeit sei es einfacher geworden, Menschen für "nano"-Themen zu begeistern. Der Moderator: "Wir leben zwar in Zeiten eines medialen Overkills aber die meisten Menschen spüren, dass an den Umwelt- und Zukunftsthemen, die ‘nano’ behandelt, unsere Zukunft hängt." Keine Frage: Auch bei "nano" hat das Thema Umwelt und Nachhaltigkeit an Gewicht gewonnen. Gleichzeitig zeigt sich Baur enttäuscht, wenn es um Politiker geht, die nach wie vor so tun, als würde man in Sachen Ökosystem Kompromisse schließen können.
"Wir leben zwar in Zeiten eines medialen Overkills aber die meisten Menschen spüren, dass an den Umwelt- und Zukunftsthemen, die ‘nano’ behandelt, unsere Zukunft hängt."
"nano"-Moderator Ingolf Baur
Ganz so schwierig wie die Rettung des Klimas ist die Produktion der täglichen "nano"-Sendungen zwar nicht, eine Herausforderung stellt es bei so vielen Anstalten, die mit im Boot sitzen, aber allemal dar. Bis zu 30 Personen arbeiten an der Sendung, allerdings nicht täglich. Es gibt einige freie Mitarbeiter und Beschäftigte in Teilzeit. Hinzu kommen noch die Mitarbeiter aus den verschiedenen Rundfunkanstalten. Eine der größten Herausforderungen für die Macher sind die wechselnden CvDs, gleich zwölf Menschen wechseln sich in dieser Position ab. Jeweils einer kommt von den verschiedenen Sendern, die übrigen sind vom ZDF. Die Redaktion der Sendung sitzt auch in Mainz auf dem Lerchenberg.
Bis zu zwölf wechselnde CvDs
"Wenn es eine Herausforderung für das ZDF-Team gibt, dann sind es die wechselnden CvDs – im positiven wie im negativen Sinne", sagt Catrin Powell, Co-Redaktionsleiterin der Sendung im ZDF. "Die neuen Kollegen müssen eingearbeitet werden, sie kennen in der Regel das Haus ZDF nicht. Und die Abläufe werden dank fortschreitender Digitalisierung nicht einfacher, sondern immer komplexer." Inhaltlich funktioniere das Zusammenarbeiten aber sehr gut, betont Powell. Hier profitiere man vom "Schwarmwissen" der Wissenschaftsredakteure.
Wer so viele Mitarbeiter in verschiedenen Rundfunkanstalten hat, muss sich natürlich gut organisieren und abstimmen. Die "nano"-Redaktion macht das täglich mit einer Videokonferenz. In den vergangenen Jahren habe man viele Vereinbarungen und Regelungen getroffen, wie eine "nano"-Sendung zu gestalten ist und welche Themen zur Marke passen, sagt Powells Redaktionsleiter-Kollege vom SWR, Max Kirchner. Die tägliche Abstimmung kann das aber nicht ersetzen. "Verschiedene CvDs führen zwar sicher zu verschiedenen Sendungen – allerdings immer auf der mittlerweile sehr gut eingespielten Grundlage partnerschaftlicher Zusammenarbeit und dem umfangreichen Wissen vieler angeschlossener Redaktionen", sagt Kirchner gegenüber DWDL.de.
Das Studio muss man sich teilen
Aufgezeichnet wird die tägliche Sendung übrigens immer um 15:15 Uhr, die Ausstrahlung erfolgt dann live on tape. Das Studio teilt man sich mit den Kollegen der "Kulturzeit", die direkt im Anschluss an die Aufzeichnung ran müssen - viel Zeit für Verschiebungen oder Fehler bleibt hier nicht. Die Zuschauerzahlen der Sendung sind seit Jahren stabil: "nano" kam im ersten Halbjahr dieses Jahres auf 200.000 Zuschauer, bereits seit 2014 pendelt die jährliche Durchschnittsreichweite rund um diesen Wert. Damit kommt "nano" sehr regelmäßig auf rund 1,0 Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum. Das liegt zwar etwas unter dem Senderschnitt, doch den Verantwortlichen ist das offensichtlich genug. Ohnehin kommen durch die Ausstrahlungen an den Tagen nach der Premiere (unter anderem bei ARD-alpha und dem MDR) noch einmal viele Zuschauer hinzu. Im ersten Sendejahr kam "nano" noch auf durchschnittlich 160.000 Zuschauer.
Das "nano"-Studio in Mainz.
In der Anfangszeit war "nano" übrigens nicht unumstritten. So wurde der damalige SWR-Wissenschaftsredakteur Helmut Riedl, der bis vor wenigen Wochen als Redaktionsleiter fungierte, damals von SWR-Fernsehdirektor Christof Schmid gefragt, ob er wirklich glaube, dass es genügend Stoff für ein solches Format gebe. Der war davon überzeugt und so entwickelte man trotz Skepsis im Haus das Magazin. In der ersten Sendung beschäftigte man sich mit dem Welt-Aids-Tag, der Nanotechnologie und blauen Schmetterlingen.
Im kommenden Jahr will man sich unter anderem mit der Gentechnik beschäftigen, sagt Max Kirchner im Gespräch mit DWDL.de. "Seit der DNA-Entschlüsselung vor 20 Jahren hat sie mit Werkzeugen wie CRISPR-CaS enorme Fortschritte erzielt und fordert so Politik und Gesellschaft, sich dringend mit den Folgen dieser Entwicklungen auseinanderzusetzen. Dazu wollen, müssen wir als Teil der öffentlich-rechtlichen Medienlandschaft die Diskussion darüber immer wieder aufgreifen und sie weiter treiben". Andauere Dauerthemen seien die Energiewende, die Mobilität Zukunft, Nachhaltigkeit oder auch das Artensterben.