Wenn Fernsehmacher heute über schwierige Produktionsbedingungen und Controller auf Senderseite, die ihnen im Nacken sitzen, sprechen, schwingt auch immer ein wenig Nostalgie mit: Früher war alles besser, heißt es da oft. Vor allem zu Beginn des Privatfernsehens gab es noch viele Freiheiten, die Branche war im Umbruch. Eine, die diese Zeit damals hautnah miterlebt hat, ist Milena Preradovic. "Bei RTL war damals das Geld da. Es gab noch nicht diese riesige Controller-Mannschaft, die auf alles drauf geschaut hat. Wir haben damals einfach Sachen ausprobiert und auch richtig Geld ausgegeben", sagt sie im Gespräch mit DWDL.de.
Sie war die erste Moderatorin von "Punkt 12", das anfangs noch "Zwölfdreißig" hieß und entsprechend um 12:30 Uhr startete. Fünf Jahre lang moderierte sie die Sendung und baute das Format als stellvertretende Redaktionsleiterin mit auf. Damals war die Sendung aber noch grundlegend anders aufgebaut als heute. In den ersten Jahren gab es immer wieder Schalten zu Korrespondenten oder auch Gäste im Studio, mit denen Preradovic Interviews führte. "‘Punkt 12’ war damals eine andere Sendung und ist mit dem heutigen Format gar nicht mehr vergleichbar", sagt sie heute. Man sei viel politischer und auch relevanter gewesen als die heutige Sendung.
Mit relevanter meint Preradovic: Damals hat man unter anderem auch mal eine Sondersendung zum Abtreibungsparagraphen gemacht. Heute geht’s bei "Punkt 12" in der auf zwei Stunden ausgeweiteten Sendezeit vor allem um Boulevard-Themen, gemischt mit einigen Crime-Stories. Einmal habe sie sich im Studio mit Falco gestritten und bei einem Interview mit Michael Douglas Fragen zu aktuellen politischen Ereignissen gestellt. Heute wäre so etwas undenkbar - nicht nur bei "Punkt 12". Preradovic: "Heute hätte ich nach jeder Sendung einen Shitstorm." Jeder habe inzwischen "Schiss" - vor allem vor den Leuten in den sozialen Netzwerken. Dort würden sich viele Leute mit der moralischen Keule aufschwingen. "Da wird einem nichts mehr verziehen. Früher saßen die Leute in der Kneipe und haben ihren Barkeeper vollgelabert, heute sind sie in den sozialen Netzwerken und werden tausendfach gehört."
"Das war eine Guerilla-Aktion."
Milena Preradovic über den Aufbau der Wetter-Redaktion bei ServusTV
Als sie nach fünf Jahren den Eindruck hatte, nur noch zu verwalten anstatt zu kreieren, verließ sie RTL und nahm ein Angebot von Sat.1 an. "Ob es im Nachhinein schlau war, das anzunehmen, ist eine andere Frage. Manchmal passt es und manchmal passt es nicht so richtig", sagt Preradovic heute. Bei Sat.1 passte es nicht so wirklich: Dort moderierte sie unter anderem mit "Planetopia", "Echt wahr!" und "Das Millionen-Quiz" mehrere Sendungen, durchschlagende Erfolge waren nicht dabei.
Anfang der 00er Jahre folgte schließlich der Wechsel zu N24, wo sie bis 2010 sehr regelmäßig zu sehen war. Beim Nachrichtensender moderierte sie vor allem Sendungen am Wochenende, nebenher arbeitete sie als freie Journalistin. Was die wenigsten wissen: Preradovic war auch bei "Markus Lanz" als Redaktionsleiterin an Bord. Das war 2009, als Lanz noch die Sommervertretung für Johannes B. Kerner machte. Dann kam schließlich ein Angebot von ServusTV, Preradovic sollte für den damals noch recht jungen Sender eine Wetterredaktion aufbauen. "Da ich gar nicht so genau wusste, was mich bei ServusTV erwartet, habe ich neun Monate parallel bei Servus und N24 gearbeitet – in der Woche in Österreich, am Wochenende in Berlin." Letztlich wechselte sie ganz, das bedeutete auch ihren Abschied vom Bildschirm. "Das war keine leichte Entscheidung, weil ich auch nicht wusste, wie sehr ich das Moderieren vermissen würde. Letztendlich habe ich es aber nie bereut, ich hatte bei ServusTV ja auch immer genug zu tun."
Ohne Budget sollte sie bei ServusTV also eine Wetter-Redaktion aufbauen. Warum die Wahl gerade auf sie fiel, weiß die Journalistin bis heute nicht. "Das war eine Guerilla-Aktion", sagt sie heute. Doch Not macht eben erfinderisch: Preradovic fuhr mit einem ausgeliehenen Kameramann und einem Meteorologen an immer andere Plätze in der Umgebung Salzburgs und drehte dort den Wetterbericht. "Anfangs haben sie uns belächelt, da gab es auch einige böse Stimmen aus dem Sender. Aber dann sind wir immer besser geworden und die Quoten gingen auch nach oben. Das war der Zeitpunkt, wo es dann endlich auch Budget gab und einen zweiten Meteorologen." Im vergangenen Jahr verließ sie den Sender - erlebte also auch die turbulente Zeit rund um die durch Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz angedrohte Schließung mit. "Das hat den Mitarbeitern nachhaltig ein Trauma beschert", sagt sie.
Medientraining speziell für Frauen
Heute wohnt die in Deutschland geborene Österreich-Serbin in Kärnten. Von dort aus schreibt sie für verschiedene Medien, etwa die "Wuppertaler Stadtzeitung", wo sie regelmäßig mit ihrer Kolumne "Milenas 50+" zu lesen ist. Außerdem interessiert sich die Journalistin für Umwelt- und Nachhaltigkeitsthemen, darüber schreibt sie in dem Umwelt-Magazin "Impact". Ihr Arbeitsschwerpunkt liegt aber auf dem Medientraining für Moderatoren und CEOs. Diese schult sie für deren Auftritte vor Publikum - das war schon Teil ihrer Arbeit bei ServusTV.
Ganz explizit bietet Preradovic auch Medientraining für Frauen an. "Männer haben ein anderes Hierarchie-Verhalten als Frauen", sagt sie im Gespräch mit DWDL.de. "Es hilft vielen Frauen schon, wenn man ihnen bewusst macht, wie Dinge bei Männern laufen." Bei dem Training geht es auch darum, wie man als Frau die Aufmerksamkeit optisch nicht direkt auf sich zieht. "Was ein Mann auf der Bühne oder im Fernsehen trägt, ist meistens egal. Bei Frauen macht sich jeder Gedanken, sei es über die Kleidung, die Frisur oder die Stimme. Das machen übrigens Männer und Frauen", sagt sie und erzählt von einem Vorfall mit dem eigenen Vater. Als sie mal ein wichtiges Interview im TV geführt habe und danach wissen wollte, was ihr Vater dazu sage, meckerte der nur über ihre Kleidung.
Darüber hinaus steht Preradovic auch als Speakerin auf Bühnen und moderiert verschiedene Veranstaltungen. Eine Rückkehr ins Fernsehen kann sich die Journalistin vorstellen, es muss aber passen. "Das muss etwas sein, was ich nicht nur so wegmoderiere. Irgendwas, wo ich meine Stärken ausspielen kann", sagt sie.
Das Team von "7 Tage - 7 Köpfe" im Studio: Rudi Carrell, Milena Preradovic, Karl Dall, Mike Krüger, Gaby Köster, Kalle Pohl und vorne Jochen Busse
Und dann wäre da ja auch noch die Sache mit "7 Tage - 7 Köpfe". Während der ersten Staffel der Comedy-Show gehörte Milena Preradovic zum Stamm-Ensemble, danach folgte der Wechsel zu Sat.1. Doch wie ist die Journalistin überhaupt an den Job gekommen? Preradovic stand eigentlich für den Piloten einer anderen Sendung vor der Kamera. Der schaffte es zwar nie auf Sendung, doch Rudi Carrell war begeistert. Außerdem sollte es bei "7 Tage 7 Köpfe" immer einen Journalisten geben. Weil Hellmuth Karasek damals vom "Spiegel" keine Freigabe bekam, fragte man Preradovic. "Wenn Rudi Carrell gerufen hat, ist jeder gekommen", sagt sie heute und schiebt hinterher: "Er hat immer pünktlich gezahlt, in Umschlägen und bar. Natürlich alles ganz legal." Das würden die Controller von RTL heute sicherlich auch nicht mehr zulassen.