Als Das Erste 2017 die erste Staffel von "Charité" gezeigt hat, war das Interesse riesig. Mehr als acht Millionen Menschen sahen beim Auftakt zu und sorgten damit für den erfolgreichsten Serien-Start seit Jahren, selbst zum Finale zählte der Sender noch mehr als sechseinhalb Millionen. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an die Fortsetzung - doch Staffel zwei konnte da in den zurückliegenden Wochen nicht mehr mithalten, erzielte aber freilich noch sehr gute Werte. Das Finale kam nun auf 5,11 Millionen Zuschauer (DWDL.de berichtete), im Schnitt erreichte Staffel zwei etwas weniger als fünf Millionen Menschen. Damit ist "Charité" mittlerweile auf dem Niveau der anderen ARD-Dienstagsserien angekommen - wobei die UFA-Produktion deutlich schwerere Kost ist als zum Beispiel "In aller Freundschaft" oder "Um Himmels Willen".
© MDR/Marco Prosch
Beim MDR war man auch schon darauf eingestellt, mit der zweiten Staffel weniger Zuschauer zu erreichen. Der riesige Erfolg der ersten Staffel habe sie aber selbst überrascht, räumt Brandt ein. "Den hatten wir so nie eingeplant." Dass es dann so gekommen ist, war natürlich umso schöner. Auch Brandt sieht den größten Unterschied in den Staffeln bei der zeitlichen Verortung. "2017 haben wir von einer Klinik erzählt, in der die Medizin nach neuen Lösungen sucht, um Kranken und Schwachen zu helfen und Gesundheit für alle zu bringen. In diesem Jahr geht es um die Zeit zwischen 1943 und 1945, das ist zweifelsohne ein deutlich dunkleres Kapitel in der Medizin-Geschichte."
Von Zuschauerverlusten will Jana Brandt trotzdem nicht sprechen. "Wenn man von sieben Millionen kommt, sind fünf Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer weniger." Aber man müsse eben auch die völlig unterschiedlichen Herangehensweisen betrachten. So spielte die Serie nicht nur in einer ganz anderen Zeit, auch die Darsteller wurden allesamt ausgetauscht. "Insofern muss man die zweite Staffel von ‘Charité’ eigentlich wie eine komplett neue Serie betrachten", sagt die MDR-Fernsehfilmchefin. Ähnlich äußerte sich zuletzt auch Nico Hofmann im DWDL.de-Interview.
"Wir haben uns getraut, etablierte Figuren und Geschichten nicht weiter zu erzählen. Das wäre die deutlich einfachere Variante gewesen und wir haben uns bewusst dagegen entschieden."
MDR-Fernsehfilmchefin Jana Brandt
Dazu habe man sich ganz bewusst entschieden und das sei auch rückblickend innovativ gewesen, so Brandt. "Wir haben uns getraut, etablierte Figuren und Geschichten nicht weiter zu erzählen. Das wäre die deutlich einfachere Variante gewesen und wir haben uns bewusst dagegen entschieden." Die Vergleiche mit der ersten Staffel würden daher hinken. "Als Macher sind wir unendlich stolz, dass wir mit einem ungleich schwereren Stoff durchschnittlich fast fünf Millionen Menschen im linearen Programm erreichen." Und überhaupt: Wer erreiche schon noch vier oder fünf Millionen Zuschauer - insbesondere Formate, die keine Krimis seien? Es sei einfach schwieriger geworden, für lineares Programm zu begeistern, sagt die MDR-Fernsehfilmchefin.
Viele Abrufe in der Mediathek
Es bleibt ja auch nicht bei den knapp fünf Millionen Zuschauern im linearen Programm, "Charité" war in den zurückliegenden Wochen auch ein großer Hit in der Mediathek. Nach Angaben der ARD wurden die Folgen bislang 4,7 Millionen Mal aufgerufen. Nach DWDL.de-Informationen haben alle Folgen vergleichsweise hohe Aufrufe, also nicht etwa nur die erste. Wie viele User die jeweiligen Episoden dann auch vollständigen gesehen haben, will die ARD aber nicht sagen. Doch auch die angegebene Zahl ist durchaus beeindruckend, liegt sie doch deutlich über den Werten aus 2017. Damals kam "Charité" im gleichen Zeitraum auf etwas mehr als zwei Millionen Abrufe.
Jana Brandt führt die verstärkte Anzahl an Videoabrufen einerseits auf das veränderte Nutzungsverhalten der Zuschauer und andererseits auf die Besonderheiten der zweiten Staffel zurück. "Das finde ich bemerkenswert. Diese Zahl trägt der neuen Digital-Strategie der ARD Rechnung", sagt sie. Anders als 2017 stellte man dieses Mal eine Woche vor der linearen Ausstrahlung alle sechs Folgen vorab in die Mediathek, dort werden sie auch noch 30 Tage nach dem Finale verbleiben. Während der ersten Staffel wurden die Folgen nur nach und nach online gestellt. Vergleichbar sind die Abrufzahlen von "Charité" mit denen von "Babylon Berlin". Die Serie kam im vergangenen Herbst nach etwas mehr als einer Woche auf 3,39 Millionen Aufrufe - "Charité" stand nun natürlich schon etwas länger in der Mediathek.
Der kommunizierte Erfolg in der Mediathek ist auch deshalb so interessant, weil die AGF ja erst kürzlich erklärte, Menschen, die älter sind als 18 Jahre, würden im Schnitt nur zwei Minuten pro Tag in den Mediatheken der Sender verbringen (DWDL.de berichtete). Vor diesem Hintergrund drängt sich noch mehr die Frage auf, wie viele der 4,7 Millionen Abrufe tatsächlich bis zum Ende gelaufen sind. Das ist aber eine Frage, die nicht nur die ARD beantworten muss, sondern alle TV-Sender, wollen sie auch in Zukunft verlässliche Abrufzahlen liefern.
Dritte Staffel schon in Planung
Beim MDR richtet man den Blick nun schon in die Zukunft. Eine finale Entscheidung über die Fortsetzung gibt es zwar noch nicht, darüber soll die Fernsehprogrammkonferenz des Ersten im April entscheiden. Gleichzeitig wird schon an den Büchern einer möglichen dritten Staffel gearbeitet. "Wenn eine dritte Staffel entsteht, wird sie 1961 spielen", sagt Jana Brandt gegenüber DWDL.de. "Die Charité liegt ja direkt im Berliner Grenzgebiet und wir glauben, dass das der nächste Punkt ist, der die Charité politisch noch einmal neu definiert hat. In der Medizin geht es unter anderem um Fortschritte in der Krebsforschung."
Der Haupt-Protagonist wäre auch bei einer möglichen dritten Staffel erneut die Charité selbst. Das heißt: Der Cast würde wieder komplett ausgetauscht werden - das ist bei einem so großen Zeitsprung keine Überraschung. Sie selbst, sagt Jana Brandt, wäre sehr glücklich, wenn es weiterginge. Angesichts der guten Zuschauerzahlen und des Kritiker-Lobs wäre alles andere als eine Fortsetzung aber auch eine Überraschung.