Für die Mitarbeiter der "RTL II News" sind es schwere Tage: Am Freitag wurde bekannt, dass der RTL II seine Nachrichtensendung demnächst nicht mehr in Berlin, sondern in Köln von InfoNetwork produzieren lassen will. Die vielen Änderungen der jüngsten Vergangenheit werden wieder rückgängig gemacht. Das Ziel ist klar: Die Kosten sollen gesenkt und der Audience Flow am Vorabend verbessert werden. Künftig endet "Berlin - Tag & Nacht" erst um 20:15 Uhr. Die Hoffnungen der Programmmacher um Tom Zwiessler: Mit den guten Quoten der Soap sollen auch die Primetime-Formate einen Schub erhalten.
Betrachtet man nur die Quoten und lässt alle inhaltlichen Aspekte außen vor, ist der Schritt von RTL II durchaus verständlich. "Berlin - Tag & Nacht" und "Köln 50667" sind schon seit Jahren die größten Überflieger im Programm und holen regelmäßig Quoten weit oberhalb des Senderschnitts. Nach einer kleinen Quoten-Delle im vergangenen Jahr konnten sich die beiden Formate zuletzt wieder spürbar steigern und holen derzeit regelmäßig zweistellige Marktanteile.
Ganz anders das Bild bei den "RTL II News". Im Anschluss an "Berlin - Tag & Nacht" verlieren die Nachrichten regelmäßig viele Zuschauer. Im laufenden Jahr kommt die Sendung (Montag-Freitag) im Schnitt auf 750.000 Zuschauer, das sind rund 140.000 weniger als die Soap zuvor erzielt. Mit durchschnittlich 6,5 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 49-Jährigen liegen die "RTL II News" zwar im grünen Bereich, "Berlin - Tag & Nacht" erzielt oft aber gut und gerne das eineinhalbfache. Die gesamten Jahreswerte der "RTL II News" werden zudem stark von den Quoten der Wochenendausgaben gedrückt, da laufen nämlich keine quotenstarken Soaps im Vorprogramm. Nimmt man alle Sendungen von Montag bis Sonntag, kommen die Nachrichten derzeit nur auf rund 5,5 Prozent.
Und auch ein Blick auf die jüngeren Zuschauer lohnt sich. Hier betont RTL II ja gerne, wie stark man mit den Nachrichten unterwegs ist. Als sich die Journalisten der "RTL II News" in einem Video an die Gesellschafter wandten, um die drohenden Änderungen doch noch zu verhindern, erklärten sie, man sei um 20 Uhr die "erfolgreichste Nachrichtensendung beim jungen Publikum" und habe zuletzt zudem bei den unter 30-Jährigen regelmäßig mehr als 10 Prozent Marktanteil erreicht. Das stimmt allerdings nicht: Schon seit 2017 kommt die Sendung bei den 14- bis 29-Jährigen im Schnitt auf weniger als 10 Prozent (Montag-Sonntag).
2014, 2015 und 2016 sah es mit durchschnittlich 11,0, 12,2 und 11,6 Prozent Marktanteil bei den 14- bis 29-Jährigen noch richtig gut aus, im vergangenen Jahr fiel die Sendung dann auf 9,3 Prozent zurück. Im laufenden Jahr stehen die "RTL II News" bei den ganze jungen Zuschauern bei 8,7 Prozent. Das ist noch immer ein recht solider Wert, gerade auch im Hinblick auf die starke Konkurrenz in den vergangenen Wochen durch die Fußball-WM, die ewige Erfolgsgeschichte der "RTL II News" beim jungen Publikum ist aber nachweisbar am Bröckeln.
Entwicklung der Marktanteile der "RTL II News"
Auch die Behauptung aus Grünwald, die "RTL II News" seien die erfolgreichste Nachrichtensendung beim jungen Publikum, ist falsch. Bereits seit Jahren liegt die "Tagesschau" nach Reichweiten (14-29) hier vor den Kollegen, 2017 konnte die "Tagesschau" den Abstand sogar noch deutlich ausbauen. Die "RTL II News" dagegen erreichen in etwa so viele junge Zuschauer wie "Newstime" bei ProSieben (DWDL.de berichtete).
Keine Frage: Es gibt bei RTL II noch viel größere Quoten-Baustellen im Programm als den Sendeplatz um 20 Uhr. Weil der Sender aber die Kosten senken will und weil man mit seinen Soaps einen sehr guten Ersatz hat, kommt es jetzt zu den weitreichenden Änderungen. Künftig sollen die "RTL II News" wieder aus einem virtuellen Studio gesendet werden, außerdem beginnt die Sendung bereits um 17 Uhr. Das sorgt vielleicht für einen besseren Audience Flow bis in die Primetime hinein, wie groß der immaterielle Schaden für RTL II sein wird, muss sich aber erst noch zeigen. "Mit einem Abbau oder Ende der News in der jetzigen Form gehen RTL II Kompetenzen verloren, die so gar nicht mehr ersetzt werden können", warnen die Mitarbeiter.
Und auch vom Deutschen Journalisten-Verband kam bereits deutliche Kritik am Vorgehen von RTL II. "Es ist offensichtlich, dass RTL II auf dem Rücken der Journalistinnen und Journalisten einen skrupellosen Sparkurs fahren will", sagt der DJV-Bundesvorsitzende Frank Überall. Der Sender habe gegenüber den Kollegen eine Verantwortung, die "weiter reiche als bis zum Ende der täglichen Nachrichtensendung". Daran ändere auch die Aufgabenübertragung an InfoNetwork nichts. Dennoch wird die Entscheidung, die Sendung künftig in Köln produzieren zu lassen, wohl 20 Mitarbeitern den Job kosten. So viele Journalisten waren bislang bei der RTL2 Produktion GmbH & Co. KG in Berlin angestellt. Das Unternehmen wird nun abgewickelt, anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten gibt es für sie beim Sender nicht.