Nach der Ankündigung seines Abgangs bei Sky Deutschland, der Unterföhringer Filiale des britischen Pay-TV-Konzerns, im vergangenen Sommer, rätselte die Branche lange, wohin Prof. Wolfram Winter ziehen würde. Als in der Nachbarschaft bei ProSiebenSat.1 prominente Stellen frei wurden, lagen Spekulationen nahe. Doch Winter, zuletzt Executive Vice President Communications & Public Affairs bei Sky, wechselte weder als Kommunikator noch in anderer Kapazität zu den langjährigen Nachbarn. Wochen vergingen. Eine Kolumne in der Männerzeitschrift „GQ“ („Winters Wonderland“) konnte als Zeichen dafür gewertet werden, dass er es nicht allzu eilig hatte mit dem nächsten Job. Er könne sich auch vorstellen, unternehmerisch tätig zu werden, verriet er DWDL.de vergangenen Spätsommer.
Seit einigen Tagen ist das konkreter geworden. Mit der neu gegründeten Three Winters GmbH für Beteiligungs- und Beratungsmanagement, einer Hommage an Frau und Sohn, hat sich der langjährige PayTV-Manager mit 15 Prozent an einer jungen Produktionsfirma beteiligt: Die auf dem Bavaria Filmgelände im Münchener Süden angesiedelte Pictures in a Frame GmbH ist keine Zufallswahl: Die beiden Gründungsgesellschafter Jan Gallasch und Tobias Herrmann sind ehemalige Studenten Winters von der Macromedia Hochschule. „Das ist nicht nur ein Investment in Menschen, die ich mag. Das ist eine geschäftliche Entscheidung“, sagt Winter über seinen Einstieg im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de.
Wir sind an der Falk Bar des Bayerischen Hof in München verabredet, zusammen mit seinen neuen Partnern Jan Gallasch und Tobias Herrmann. Sie haben Wolfram Winter im letzten Semester ihres Studiums kennengelernt. Sein Ruf sei ihm damals vorausgeilt, sagen die beiden. „Aber er hat es auch eingehalten. Wolfram ist ein sehr gut vernetzter Mensch und lehrte Praxis statt Theorie“, sagt Jan Gallasch. „Es ging los bei der Frage, wer eigentlich eine Visitenkarte hat. Es meldete sich eine Kommilitonin mit einer Mischung aus Respekt und Stolz, ging nach vorne und legte eine Visitenkarte vom Fahrradladen, in dem sie am Wochenende jobbte, vor. Da haben wir uns zurückgelehnt und wussten: Die nächsten 45 Minuten passiert hier nicht viel.“
Sich gut zu verkaufen ist zweifelsohne eine Qualität, die Winter beherrscht und lehrt. Über die Zeit nach dem Studium sagt Gallasch: „Wir haben uns nie aus den Augen verloren. So kam es dann auch, dass Sky unseren zweiten Kinofilm ’Nirgendwo’ koproduziert hat. Und letztes Jahr haben wir zusammen mit zusammen mit Markus Goller & Oliver Ziegenbalg und ihrer Sunny Side Up GMbH unseren dritten Kinofilm abgedreht, ’25 km/h’ mit Lars Eidinger, Bjarne Mädel, Alexandra M. Lara, Franka Potente, Wotan Wilke Möhring und Jella Haas in den Hauptrollen. Da wollten wir Wolfram mal wieder ein Update geben und zeitgleich kam die Pressemitteilung über sein Ausscheiden bei Sky. Wir haben uns getroffen und dann kam sehr schnell die Frage, ob wir uns vorstellen könnten, einen dritten Gesellschafter zu haben.“
Sie waren nicht dringend auf der Suche nach einem Gesellschafter. „Nirgendwo“ war zwar kein Kinoerfolg, aber ihr erster Kinofilm, die Teenie-Comedy „Bruder vor Luder“ mit den Lochis, den die beiden mit und für die Rat Pack Filmproduktion, Mythos Film und Constantin Film produziert haben, hat in Deutschland, Österreich und der Schweiz 480.000 Zuschauer erreicht und Geld in die Kassen gespült. „Aber als Wolfram um die Ecke kam und fragte, ob wir uns das vorstellen können, war das eine einfache Entscheidung die uns nicht viel Zeit gekostet hat“, sagt Tobias Herrmann. Sein Kollege Gallasch ergänzt: „Wenn man die Chance bekommt, statt einem Film im Jahr vielleicht zwei, drei oder mehr Kino- oder Fernsehfilme zu machen und mal ernsthaft in die Serienentwicklung zu gehen, die ja viel aufwändiger ist als eine Filmentwicklung, dann sagt man nicht nein. Das ist natürlich eine Befreiung.“
"Es gab für Produzenten noch nie einen besseren Zeitpunkt kreativ zu sein als heute"
Prof. Wolfram Winter
Geht Wolfram Winter jetzt unter die Film- und Fernsehproduzenten? Er lacht und wiegelt ab. „Ich werde jetzt nicht den Job der Beiden machen aber ich habe ganz bestimmt eine Meinung zu dem, was sie tun. Ich habe Ihnen dann auch gesagt: ‚Ihr müsst mich dann auch aushalten‘“, sagt der langjährige Pay-TV-Manager und lacht. „Es passt schon in meine Karriereplanung, sonst hätte ich das nicht gemacht“, ergänzt er. Aber mehr als ein, zwei Tage im Monat wird er nicht aufbringen könne: „Das soll nicht die einzige Beteiligung sein. Pictures in a Frame ist zufälligerweise aus einer Branche in der ich mich gut auskenne, aber ich beschäftige mich darüber hinaus mit weiteren Beteiligungen, die aber mit Medien gar nichts zu tun haben. Das war uns auch gegenseitig sehr wichtig. Pictures in a Frame bleibt die einzige Medienbeteiligung.“
Er habe nicht vor, gleich in den nächsten Corporate-Job zu gehen - „oder überhaupt nochmal in einen Corporate Job zu gehen“, bekennt Winter. Daher sei seine Three Winters GmbH ein kommerzielles Interesse. „Jetzt geht es darum das Produktionsvolumen der Pictures in a Frame zu erhöhen, über neue Finanzierungsmodelle abseits des Klassischen nachzudenken und möglicherweise auch Akquisitionen in Betracht zu ziehen. Ich komme ursprünglich aus dem Content und sehe hier ein großes Wachstum. Es gab für Produzenten noch nie einen besseren Zeitpunkt kreativ zu sein als heute.“ Für Jan Gallasch und Tobias Herrmann wird der Jugendtraum noch ein Stück realer. Mit Geld und Namen bringt Prof. Wolfram Winter sie zu neuer Aufmerksamkeit.
„Wir haben Medienmanagement mit Fachbereich Film- und Fernsehproduktion studiert und hatten die Absicht irgendwann Produzenten zu werden. So dieser klassische Jugendtraum, bei dem man nur so halb weiß, was das eigentlich bedeutet“, erzählt Jan Gallasch über die Anfänge der Firma. „Wir haben dann angefangen zu produzieren und als es die ersten studentischen Sender-Koproduktionen und geförderten Projekte gab, kam das Finanzielle ins Spiel. Wir kommen beide aus Handwerker-Familien, sind also nicht die klassischen Münchener Privathochschul-Studenten und haben unser Studium über BaFöG finanziert. Mal eben 25.000 Euro Kurzfilm-Budget stemmen, war nicht. Deswegen haben wir uns gesagt: ‚Lass uns doch, vor allem auch aus Gründen der Haftung, erstmal eine kleine UG gründen.‘“