Rechtlich sind es zwei völlig unterschiedliche Systeme: Die Schweizer stimmen immer wieder über teilweise kontroverse Dinge ab, die die Regierung dann umsetzt - oder eben nicht. In Deutschland gibt es so einen Volksentscheid auf Bundesebene nicht. Deshalb ist es auch so schwer, die derzeitige Situation mit der von ARD und ZDF zu vergleichen. Am kommenden Sonntag stimmen die Schweizer bei der "No Billag"-Initiative über ihre Rundfunkgebühren ab, in Deutschland diskutieren die Politiker, wie ARD und ZDF noch ein bisschen mehr sparen können.
Die SRG ist für Bellut ein "positives Modell dafür, wie Volksgruppen mit unterschiedlichen Sprachen zusammengeführt werden können". Es sei nur schwer vorstellbar, so der ZDF-Intendant, "wie dies ohne Gebühren in einem rein privatwirtschaftlich organisierten Medienmarkt funktionieren könnte". Bellut räumt ein, dass es auch hierzulande lautstarke Kritik an ARD und ZDF gibt. Aber er sagt auch: "Die Zustimmung ist doch deutlich größer, als es den Anschein hat." Trotz der starken Konkurrenz durch die Privaten seien ARD und ZDF "mit großem Abstand die meistgesehenen TV-Sender in Deutschland". Außerdem würden Umfragen zeigen, dass die deutliche Mehrheit der Bevölkerung hinter den Öffentlich-Rechtlichen stehe. Tatsächlich bescheinigen verschiedene Studien den Rundfunkanstalten ein hohes Vertrauen in der Bevölkerung.
Auf den Markt vertrauen? Wilhelm: "Nein"
Das ist eines der Argumente der "No Billag"-Initiatoren in der Schweiz: Sie wollen die Rundfunkgebühren abschaffen und dann soll der freie Markt an die Stelle der SRG treten. Die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt würde privatisiert werden und müsste sich gegen die anderen Player behaupten. Wilhelm sagt, mit einer Vielzahl an Marktlösungen und Bezahlmodellen würde es nicht gelingen, "für die unterschiedlichsten Interessen ein Gesamtpaket in dieser Qualität und Vielfalt zu liefern". Der ARD-Vorsitzende verweist zudem auf die USA, wo es mit PBS nur einen nichtkommerziellen Sender gibt, der größtenteils durch Spenden finanziert wird. In den USA würden die Menschen mehr Geld für das Medienangebot ausgeben als in Deutschland, wo es eben einen vergleichsweise starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk gibt.
DJV-Chef: Jetzige Diskussion "anstrengend genug"
Heute würden vergleichsweise wenige Menschen in Deutschland die Beitragsfinanzierung komplett ablehnen. Überall: "Es wird zum Teil hart infrage gestellt, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk macht, wie viel er macht, das ist schon anstrengend genug", sagte Überall. Die Argumente der "No Billag"-Befürworter bezeichnet der DJV-Chef als "blanken Populismus". Überall: "Gerade in Zeiten, in denen wir mit Fake News konfrontiert werden, in denen es unglaublich schwierig ist, sich in dem Mediendschungel noch zurechtzufinden, halte ich es für den falschen Weg zu sagen: Wir wracken jetzt dieses Rundfunksystem ab, nur weil das ein paar Euro spart." Diese Diskussion kann allerdings auch in Deutschland sehr schnell sehr groß werden. Da braucht es nicht einmal einen Volksentscheid auf Bundesebene.