Zeitgeist und Zeitlosigkeit sind zwei Qualitäten, die das Angebot von BBC Worldwide kennzeichnen. Das hat sich auch in den vergangenen beiden Tagen wjeder bestätigt als die kommerzielle Tochter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Großbritannien zum Showcase nach Liverpool eingeladen hatte. Mehr als 700 Einkäufer, Produzenten und Partner aus aller Welt sind gekommen, um ein Update zum Portfolio zu bekommen. In 600 Screening Booths können die Besucher an drei Tagen mehr als 3000 Stunden Programm des Katalogs durchforsten. BBC Worldwide ist hinter den Hollywoodstudios einer der größten Programmdistributoren der Welt und demonstriert stets im Februar mit einem mehr als gesunden Selbstbewusstsein seine neuen Programme.
Hängen bleiben wird in diesem Jahr aber in erster Linie die Enthüllung des neuen Looks von „Doctor Who“, wo mit Jodie Whittaker ab Oktober erstmals eine Frau die Titelrolle des Doktors übernimmt und mit Chris Chibnall auch gleich ein neuer Showrunner an Bord ist. Über die neue Rolle sprach Whittaker am Dienstagnachmittag bevor am Abend dann nach viel Geheimhaltung beim Abendevent das neue Key Visual der Serie enthüllt wurde. Für Fans der Kultserie war es sicher eine starke Inszenierung einer ohnehin lange gepflegten Marke bei der die BBC mit der Entscheidung für den ersten weiblichen Doktor im vergangenen Sommer dem Zeitgeist voraus war. Jener Zeitgeist bzw. der Wunsch relevant statt beliebig zu sein, spielte oft eine Rolle bei der 42. Ausgabe dieser Leistungsschau von BBC Worldwide.


Zeitlos statt Zeitgeist wiederum sind die Referenzwerke der NHU, wie sich die traditionsreiche Natural History Unit der BBC abkürzt. Bei uns in Deutschland ist gerade am Montagabend mit Spitzenquoten „Blue Planet 2“ gestartet, da gab es in Liverpool schon einen Ausblick auf die nächsten Doku-Highlights. In Arbeit ist „Dynasty“, eine fünfteilige Serie über familiäre und gesellschaftliche Strukturen sowie Machtkämpfe im Tierreich. Das „Game of Thrones“ der Naturdoku, hieß es in Liverpool mehrfach. Ebenfalls für 2019 hat BBC Worldwide ein ganzes Spektrum an Dokus und Factual Entertainment zum 50. Jahrestag der Mondlandung im Angebot. Etwas früher schon kommt eine sechsteilige Doku-Reihe über die Serengeti.

Entstanden war „Big Cats“ in einer Koproduktion zwischen der NHU und France Television. Ohnehin sind Koproduktionen der Wachstumstreiber für BBC Worldwide in den großen westeuropäischen Märkten. „Der Programmverkauf ist in diesen gesättigten Märkten besonders hart umkämpft, weil sehr selektiv. Wir müssen also neue Wachstumschancen erschließen. Die Reife dieser Märkte macht sie für uns sehr attraktiv wenn es um Koproduktionen geht, also werden wir künftig mehr als bislang in die frühzeitige Koproduktion gehen, auch mit deutschen Partnern. Das wird sicher eine wichtigere Rolle spielen als der Verkauf von fertigen Programmen. Das macht Westeuropa für BBC Worldwide gerade sehr aufregend“, erklärt Nick Percy, Executive Vice President für Westeuropa, im Gespräch mit DWDL.de.


Im Fiktionalen hat BBC Worldwide beispielsweise neben den zeitgeistigen Serienprojekten erwartungsgemäß auch Nachschub für Fans vergangener Zeiten. „Wir bedienen auch den Wunsch nach Eskapismus mit einem neuem Period Drama. „Les Miserables“ wird nach „War & Piece“ die nächste Serienadaption von Andrew Davies. Das sieht auch dank des Casts zu dem u.a. Dominic West, David Oyelowo und Olivia Colman gehören, großartig aus“, schwärmt Serien-Chef Liam Keelan. Er kam vor fünf Jahren ab Bord und sorgte maßgeblich dafür, dass BBC Worldwide sich dem Trendgenre der vergangenen Jahre - der Serie - öffnete.

Sein Job war aber nicht nur aufgrund des geringeren Angebots vor einigen Jahren noch schwerer. Es hatte viel mehr mit der für den Weltmarkt oft suboptimalen Formatierung zu tun. „Es ist nicht lange her, da wurden standardisierte Staffeln verlangt und natürlich war der Wunsch immer, dass die Serie bei Erfolg auch fortgeführt werden könnte. Diese Erwartungshaltung im Weltmarkt passte nicht immer zum britischen Programm, der oft sehr kurzen und abgeschlossenen Staffeln. Aber das hat sich komplett geändert. Inzwischen geht es um die Geschichten, die Darsteller und immer häufiger die Autoren hinter den Produktionen“, erklärt Keelan. „Es ist wunderbar, dass wir Serien immer häufiger inhaltlich verkaufen.
Es war übrigens der letzte Showcase unter dem bekannten Label BBC Worldwide. Zum 1. April diesen Jahres fusioniert die BBC ihre beiden bisher unabhängig voneinander agierenden kommerziellen Töchter. BBC Studios, der Produktionsarm, und BBC Worldwide verschmelzen unter der Marke BBC Studios. Die Marschrichtung für die Zukunft hat man in Liverpool schon vorgegeben und BBC bei der Abendveranstaltung am Montag kurzerhand in überdimensionaler Größe mit „British. Bold. Creative“ neu definiert. Das darf gerne Ansporn sein. Dass die BBC Relevanz kann, konnte der Showcase 2018 beweisen. Mut und Kreativität spiegeln sich vielleicht im kommenden Jahr wieder stärker wieder.