Zwei Jahre ist es her, dass die ARD neue Grundsätze für die Zusammenarbeit mit den deutschen Film- und Fernsehproduzenten geschaffen hat. "Eckpunkte 2.0" nennt sich die Selbstverpflichtung, zu deren Bestandteilen auch ein Leistungsmodell gehört, "das hochwertige und erfolgreiche Arbeiten der Produktionsfirmen für die ARD honoriert", wie es heißt. Erklärtes Ziel ist es, "besondere qualitative Leistungen", die sich in "herausragenden und prestigeträchtigen Preisen und Nominierungen" niederschlagen, nach einem Punktemodell zu bewerten und kumulieren.

Konkret sieht das wie folgt aus: Die 10 Produktionen jedes Genres mit der höchsten Punktzahl im Beobachtungszeitraum qualifizieren sich für die Prämie und erhalten somit einen Entwicklungsvertrag für ein neues Projekt mit der ARD. Immerhin 3,2 Millionen Euro werden auf diese Weise jährlich an die Produzenten ausgeschüttet. Das klingt zunächst einmal vielversprechend, schließlich scheint es, als stehe die Qualität im Mittelpunkt, was ja für die Öffentlich-Rechtlichen nicht der schlechteste Maßstab ist. Weil gleichzeitig jedoch auch die Anzahl an Ausstrahlungen beachtet wird, lassen die prämierten Formate bisweilen aufhorchen.

Als die Ausschüttung kürzlich in Köln zum zweiten Mal über die Bühne ging, machte sich daher unter vielen Produzenten Verwunderung breit. Zwar fanden sich unter den mit Geld bedachten Produktionen sehenswerte Spielfilme wie "Der Fall Barschel", "Victoria" oder "Terror – Ihr Urteil" sowie die überaus gelungene Sketchcomedy "Kroymann" von der bildundtonfabrik, die viel beachtete funk-Serie "Wishlist" oder die Dokumentation "Der NSU-Komplex" von Stefan Aust. Dass gleichzeitig jedoch auch das bislang nicht durch zahlreiche Preise aufgefallene "In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte" oder sogar das längst wieder vergessene Nachmittags-Quiz "Schätzen Sie mal!", von dem nur zehn Folgen produziert worden waren, Prämien einheimsten, schien so manchem Fernsehmacher wenig nachvollziehbar.

Die Dokusoaps "Verrückt nach Meer" und "Verrückt nach Fluss" – ebenfalls mit Prämien bedacht – mögen zwar unterhaltsam sein, sind jedoch bislang nicht durch besondere Auszeichnungen im Gedächtnis geblieben. Dennoch werden solch leichte Formate nun ebenso wie ´"Zoobabies" in der Kategorie "Dokumentation bis 60 Minuten" zusammen mit ernsthaften Stücken prämiert - und nehmen Letzteren somit die Plätze weg. Dabei könnten doch gerade die Dokumentarfilmer einen Zuschuss gut gebrauchen. Am Ende gab hier wohl die hohe Ausstrahlungsdosis den Ausschlag: Mehr als 1.000 Mal liefen die beiden Formate im vergangenen Jahr in diversen ARD-Programmen. Nur so lässt sich wohl erklären, wieso es die leicht erzählten Nachmittagsgeschichten in eine Kategorie mit weitaus anspruchsvolleren Stoffe schaffen konnten. Entscheidend war hier also im Gegensatz zu anderen Projekten vorwiegend die Quanität.

Quoten-Erfolg für Prämien nicht entscheidend

Helfried Spitra© WDR/Herby Sach
Dass andere Dauerbrenner wiederum kein Geld erhielten, lässt sich damit erklären, dass die Projekte, die bereits letztes Jahr ausgezeichnet wurden, 2018 keine Prämie mehr erhalten konnten. Aus diesem Grund wurden Erfolge wie "Sturm der Liebe" und "Rote Rosen" oder Show wie "Wer weiß denn sowas? XXL" und "Klein gegen Groß" im vorigen Jahr berücksichtigt, nicht aber bei der diesjährigen Prämienvergabe. Eine Einbeziehung des Quotenerfolgs einer Sendung sei in diesem Modell aber nicht vorgesehen, betont Helfried Spitra (Foto), Leiter Hauptabteilung Programmmanagement Fernsehen beim WDR, gegenüber DWDL.de.

In einigen Genres, wie der großen Unterhaltung, die bei Festivals seltener Berücksichtigung finden als andere, führe "oft schon die Summe der Ausstrahlungspunkte zu einem Vorrücken in die Top Ten und damit zu einer Prämienvergabe". So gab's diesmal etwa für die "Feste" mit Florian Silbereisen und eine Show mit Andrea Berg Geld aus dem ARD-Prämientopf. Letzterer genügten übrigens bereits drei Ausstrahlungen im WDR, NDR und MDR. Wenig nachvollziehbar wirkt zudem die Prämierung mancher Serien: "Frau Temme sucht das Glück" war nicht nur inhaltlich Mittelmaß, sondern zugleich der größte Serien-Flop des Ersten am Dienstagabend seit vielen Jahren. Hier gibt's nun ebenso Geld wie für die beim Publikum ebenso wie bei vielen Kritikern beliebte Historienserie "Charité".

Wirklich transparent wirken manche der Entscheidungen also nicht, wie man nach zwei Durchgängen inzwischen auch bei der ARD realisiert hat. "Wie sich gezeigt hat, führt dieses sehr umfangreiche Punktesystem zu Unschärfen", räumt Spitra gegenüber DWDL.de ein und verweist darauf, dass die ehemalige ARD-Vorsitzende Karola Wille bereits bei der Verleihung der Prämien ankündigte, das Leistungsmodell evaluieren zu wollen. Gegebenenfalls werde man noch einmal nachjustieren. "Dies wird in Abstimmung mit den Produzenten in den kommenden Monaten geschehen", kündigt Helfried Spitra an.

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