Eigentlich sollte es bei der ARD-Jahresprogrammpräsentation in Hamburg vorwiegend um die Fiktion gehen, doch ARD-Chefredakteur Rainald Becker, der für den erkrankten Programmdirektor Volker Herres eingesprungen war, kam in seiner Rede zunächst auf das Fernsehen im Allgemeinen zu sprechen. Das klassische Fernsehen bleibe das bedeutendste Massenmedium. "Totgesagte leben einfach länger", sagte Becker mit Blick auf die mehr als zehn Millionen Zuschauer, die allabendlich die "Tagesschau" einschalten. Im vorigen Jahr habe sie mehr Menschen erreicht als vor der Etablierung des Internets.
Wichtiger sei aber die Qualität der Angebote - und auch damit zeigte sich der Chefredakteur zufrieden. Er verwies auf die "Panama Papers" oder die Doping-Recherchen von Hajo Seppelt. Gleichzeitig sei man auch im Unterhaltungsbereich erfolgreicher als die Konkurrenz. "Dieser Publikumsvorsprung wird mit wissensvermittelten und lehrreichen Quizsendungen erreicht. Und nicht mit Shows, wie Sie sie von den Kommerzsendern kennen." Tatsächlich belegt die ARD - abgesehen vom Dschungelcamp - mit Shows wie dem Eurovision Song Contest oder "Wer weiß denn sowas?" die Spitzenplätze in diesem Segment.
Mit Blick auf die Fiktion gilt ein besonderes Augenmerk im Jahr 2018 der gemeinsam mit Sky entstandenen Serie "Babylon Berlin", deren Ausstrahlung im dritten Quartal geplant ist. "So eine Serie auf den Weg zu bringen, ist eine große Herausforderung, weil ihre Realisierung mit sehr viel Aufwand verbunden und nur mit starken Partnern zu stemmen ist", ließ Programmchef Herres in einem Vorwort ausrichten. Die Programmierung der 16 Folgen umfassenden Dramaserie, zu der sich auch noch eine begleitende Dokumentation gesellen wird, dürfte die Verantwortlichen allerdings durchaus vor eine Herausforderung stellen.
Noch vor dem Start von "Babylon Berlin" wird es die neue Staffel von "Weissensee" ins Programm des Ersten schaffen. Darin geht es um die Nachwirkungen der Ereignisse des Jahres 1990 in der DDR. Die Ausstrahlung soll im zweiten Quartal erfolgen. Dann soll auch die neue Dienstagsserie "Falk" ausgestrahlt werden, von der zunächst sechs Folgen geplant sind. Fritz Karl schlüpft darin in die Rolle des Gastronomen, der wieder als Anwalt arbeiten muss, um sein Restaurant vor der Pleite zu retten. Mit "Der Heiland: Wir sind Anwalt" (AT) folgt im dritten Quartal zudem ein weiterer Neustart, den die ARD als "komödiantische Anwaltsserie" anpreist. Durch ein reales Vorbild inspiriert, geht es in der Serie um eine blinde Strafverteidigerin.
Die Idee eines blinden Hauptdarstellers scheint in der ARD so beliebt zu sein, dass im dritten Quartal mit "Blind ermittelt" (AT) auch noch ein Krimi gesendet wird, in dessen Mittelpunkt ein blinder Hauptkommissar steht. Ohnehin bilden abseits der Serien, zu denen sich wie gehabt "Um Himmels Willen", "Die Kanzlei" und "In aller Freundschaft" gehören, auch 2018 wieder diverse Krimis eine wichtige Stütze im Programm. Gleich 35 neue "Tatort"-Erstausstrahlungen sowie acht "Polizeiruf 110"-Premieren sind geplant, hinzu kommen 24 neue Krimis auf dem Sendeplatz am Donnerstagabend, darunter "Der Prag-Krimi" und "Der Amsterdam-Krimi", die im dritten beziehungsweise vierten Quartal gesendet werden.
Impro, Moshammer und Berge
Ein Hauptaugenmerk liegt zudem wieder auf den Fernsehfilmen am Mittwoch, wo die thematische Bandbreite traditionell deutlich größer ist. So wird es am 28. März "Die Freibadclique" zu sehen geben. Der Film, den Friedemann Fromm frei nach einem Roman von Oliver Storz inszenierte, spielt im Sommer 1944 und handelt von mehreren Jungs, die dem Krieg nicht entkommen können. Im zweiten Quartal folgt der unter anderem mit Annette Frier, Oliver Wnuk, Charlie Hübner und Nina Kunzendorf prominent besetzte Impro-Film "Klassentreffen" (AT). Der Spiefilm "Wut" (AT) handelt derweil von einem brutalen Angriff auf einen Obdachlosen, der die Schicksale dreier sehr unterschiedlicher Frauen miteinander verknüpft und ihr Leben grundlegend verändert.
Ebenfalls im dritten Quartal gibt es die Literaturverfilmung von Lutz Seilers mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneten Roman "Kruso" sowie den Moshammer-Film "Der große Rudolph" zu sehen. Wer vorwiegend auf der Suche nach leichten Stoffen ist, dürfte freitags mit den neuen Reihen "Die Inselärztin" und "St. Josef am Berg" angesprochen werden. Erstere startet bereits in dieser Woche, die Geschichten aus den österreichischen Bergen folgen mit zunächst zwei Episoden im Februar. Für das zweite Quartal plant die ARD außerdem die Ausstrahlung der neuen Reihe "Daheim in den Bergen", in der es um zwei Bergbauer-Clans geht, die seit Jahren im Streit liegen.
Ebenfalls neu ist der Spielfilm "Grüß Gott, Persien" mit Felix Klare, Mona Pirzad und Günther Maria Halmer, der zum Jahresende hin laufen wird. Zu den Spielfilmen, die die Shows am Samstagabend ergänzen, gehört "Song für Mia" (AT), in dem der aus "Club der roten Bänder" bekannte Tim Oliver Schultz in der Hauptrolle zu sehen ist. Er spielt einen jungen Mann, der nach einem Unfall nicht mehr sehen kann - auch hier taucht das Thema Erblindung also noch einmal auf. In einer ganz anderen Welt ist dagegen "Wir sind Schwestern" (AT) angelegt, die Verfilmung eines Romans von Anne Gesthuysen. Die zentrale Frage: Was tun, wenn die eine Schwester 100 wird, mit der die andere seit 40 Jahren nicht gesprochen hat?
Und dann sind da auch noch die Kinokoproduktionen, von denen zwölf am späten Sonntagabend als Premiere ausgestrahlt werden, darunter "Lauf, Junge, lauf", "Das Wetter in geschlossenen Räumen" und "Die Lügen der Sieger". Im Rahmen des beliebten "Sommerkinos" soll es darüber hinaus diesmal unter anderem "Griesnockerlaffäre" mit Sebastian Bezzel und "Ein Mann namens Ove" mit Rolf Lassgård zu sehen geben. Für den "Premierenkino"-Sendeplatz wurden unter anderem "Carol" mit Cate Blanchett sowie "Tschick" von Fatih Akin in Aussicht gestellt. Abgerundet wird das Fiction-Angebot durch voraussichtlich zwölf Debüt-Filme, die an sechs Dienstagabenden als Doppelprogrammierungen ab 22:45 Uhr gezeigt werden, darunter "Herbert" über einen ehemaligen Boxer.