Wenn am Wochenende das Saison-Finale der Formel 1 in Abu Dhabi ausgetragen wird, dann dürfte sich die Spannung in Grenzen halten. Weil Lewis Hamilton schon seit einigen Wochen als Weltmeister feststeht, ist die Luft im Titelrennen längst raus. Deutlich spannender ist da schon der Blick hinter die Kulissen, wo die Verhandlungen um neue Fernsehverträge bereits seit Monaten laufen. Eine Entscheidung ist noch nicht gefallen und seit mit Liberty Media ein neuer Eigentümer das Sagen bei der Formel 1 übernommen hat, scheinen viele Szenarien denkbar zu sein.
Und so könnte es sein, dass der Große Preis von Abu Dhabi nach mehr als 25 Jahren der letzte sein wird, den RTL live überträgt und die Zuschauer Abschied nehmen müssen vom bewährten Personal um Florian König. Für den Kölner Sender wäre es ein bitterer Abschied, denn auch wenn die Quoten längst nicht mehr so hoch sind wie zu Schumi-Zeiten, so gelang es doch zuletzt, den Abwärtstrend der vergangenen Jahre zu stoppen. Rund viereinhalb Millionen Zuschauer schalteten in dieser Saison im Schnitt ein, der Marktanteil lag nicht selten bei mehr als 30 Prozent.
Offiziell gibt man sich bei RTL bislang noch gelassen. Man befinde sich in Gesprächen, beschwichtigt ein Sprecher auf Nachfrage. Doch wann die Entscheidung getroffen wird, vermag man in der Sendezentrale ebenso wenig zu sagen wie bei Sky. Und doch drängt die Zeit, immerhin ist der Beginn der neuen Saison für Ende März angesetzt. Gut möglich allerdings, dass Sky als großer Gewinner aus dem Poker hervorgehen wird, schließlich ist seit Monaten zu hören, dass die Formel-1-Bosse mit einem Modell liebäugeln, bei dem die meisten Rennen im Pay-TV zu sehen wären - vorausgesetzt, Sky unterliegt nicht Eurosport.
Rund eine Hand voll, vielleicht ein Drittel der Rennen könnten demnach im Free-TV laufen, darunter der Saison-Auftakt, der Große Preis von Deutschland, das Rennen in Monaco und das Finale. Fraglich bleibt, ob sich RTL auf eine solche Regelung einlassen würde. Interesse wurde aber auch der ARD nachgesagt, die sich jüngst von der stets etwas stiefmütterlich behandelten DTM verabschiedet hatte. Angeblich soll das Interesse allerdings nachgelassen haben, seit man mit Discovery doch noch bezüglich der Olympischen Spiele Einigkeit erzielte. Äußern will sich der Sender dazu aber nicht.
Völlig unklar ist auch die Rolle des Sport-Streamingdienstes DAZN, der mit dem Erwerb von Champions League und Europa League in diesem Jahr für Aufsehen sorgte und schon mehrfach zeigte, auch zu Kooperationen mit TV-Partnern bereit zu sein. Ganz zu schweigen von Netflix. Schon vor Wochen bestätigte der Marketing-Chef der Formel 1 Gespräche mit dem Streamingdienst über eine Zusammenarbeit ab dem kommenden Jahr. Dabei dürfte es weniger um die komplette Live-Berichterstattung gehen als vielmehr um Zusammenfassungen der Rennen.
Interessant wäre ein Einstieg von Netflix allemal, schließlich hat sich der US-Riese bislang mit Sport-Übertragungen zurückgehalten – ganz anders als Konkurrent Amazon, der hierzulande Audio-Rechte an der Bundesliga hält und vereinzelte NFL-Spiele zeigt. An Fragezeichen mangelt es dieser Tage also nicht, wenn es um die Formel 1 geht. Bleibt zu hoffen, dass einer bei all den Unklarheiten am Ende nicht auf der Strecke bleiben wird: Der Fan.