Als RTL Nitro vor wenigen Wochen seinen fünften Geburtstag gefeiert hat, sprach Senderchef Oliver Schablitzki davon, dass der Sender inzwischen in der Pubertät sei. Legt man das auf den Bollywoodsender Zee.One um, ist dieser noch ein Baby. Das sagt auch Chefin Friederike Behrends ganz offen. "Und es ist ein Baby, das ganz anders ist als im deutschen Markt üblich. Insofern brauchen wir ein bisschen Zeit, um uns selbst auszuprobieren und erwachsen zu werden", erklärt sie im Gespräch mit DWDL.de. Vor einem Jahr ist Zee.One gestartet, ein kleines Team in München kümmert sich seither um den Free-TV-Kanal der indischen Essel Group.

"Es war ein spannendes, gleichzeitig aber auch ein herausforderndes und lehrreiches Jahr für uns", sagt Behrends. Und in der Tat waren es bewegte Monate für den kleinen Sender: Direkt nach dem Launch hagelte es von der sehr aktiven Bollywood-Fangemeinde Kritik, weil Filme teilweise stark geschnitten wurden. Heute zeigt Zee.One verstärkt auch längere Fassungen. Hinzu kamen Synchronisationsprobleme und oft noch sehr überschaubare Quoten.


Tatsächlich hat es einen Sender wie Zee.One, mit einem klaren Fokus auf Indien und Bollywood, zuvor noch nicht gegeben. Die deutschen Zuschauer müssen den Sender erst einmal finden und dann auch das Programm kennenlernen. "Man merkt, dass das deutsche Publikum vielfach noch nicht trainiert ist, dieses Programm zu sehen. Viele haben es zudem noch gar nicht entdeckt", sagt Behrends, die sich mit der Entwicklung trotzdem zufrieden zeigt. So sind die Quoten zuletzt auch etwas gestiegen: Anfangs erreichten viele Filme und Sendungen kaum messbare Werte, inzwischen ist Zee.One in der Welt der Kleinstsender angekommen. Im Juni reichte es zu einem Marktanteil in Höhe von 0,2 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen. In der Kern-Zielgruppe des Senders, den 20- bis 59-jährigen Frauen, waren es 0,3 Prozent. Tendenz: Ganz leicht steigend. Der 16. Juli war der bislang stärkste Tag in der Geschichte des Senders. In der klassischen Zielgruppe kam man da auf 0,6 Prozent, bei den Frauen waren es sogar 0,8 Prozent.

Stolz ist Senderchefin Behrends auch auf die relativ hohe Verweildauer unter den Frauen, die laut eigenen Angaben bei rund einer Stunde liegt. "Das ist sensationell", freut sich Behrends. "Wenn die Zuschauer uns entdecken, sind sie sehr treu und schauen uns sehr lange." Dass der Start auch aus Quotensicht sehr schleppend verlief, führt Behrends auch auf Probleme mit der Synchronisation zurück. "Wir hatten auch ein paar harte Schnitte, weil wir zum Beispiel nicht mit der Synchronisation nachgekommen sind." So habe man eingeplante Programme nicht rechtzeitig parat gehabt. "Das hatte auch Auswirkungen auf unsere Quoten. Wir sind zwar sehr zufrieden mit der Entwicklung, wären ohne die Synchro-Probleme aber mit Sicherheit noch weiter."

"Wir sind zwar sehr zufrieden mit der Entwicklung, wären ohne die Synchro-Probleme aber mit Sicherheit noch weiter."

Friederike Behrends

Behrends betonte bereits mehrfach, dass die Synchronisation von indischen Produktionen viel schwieriger sei als die von englischen. Für deutsche Zuschauer sehen synchronisierte Fassungen dann teilweise ungewöhnlich aus bzw. hören sich erstmal wenig vertraut an. Bevor die Senderchefin mit ihrem Team die Arbeit aufnahm, arbeiteten die Inder schon einmal vor und ließen einige Produktionen synchronisieren. "Da gab es dann aber leider ein paar Studios, bei denen die Synchro grenzwertig war. Mit dem deutschen Team sind wir nun sukzessive dabei, die Qualität der Synchronisation zu verbessern", sagt Behrends. Bei alten Filmen nutze man aber auch weiterhin die alten Versionen - diese noch einmal neu zu synchronisieren würde wohl das Budget sprengen.

Probleme gab es auch bei einem eigentlich schon längst angekündigten Magazin, das man selbst produzieren wollte - es aber letztlich nie auf die Bildschirme brachte. "Das Magazin war für uns herausfordernder als gedacht, so dass wir uns dazu entschieden haben, es zu verschieben." Man habe den Aufwand unterschätzt, räumt Behrends ein und verweist auf die kleine Mannschaft des Senders. "Wir wollen unser Programm nun erst einmal erweitern und dann unseren Fokus auf qualitativ hochwertige Eigenproduktionen legen." Vorerst wird es das Magazin also nicht zu sehen geben.

"Das Magazin war für uns herausfordernder als gedacht, so dass wir uns dazu entschieden haben, es zu verschieben."

Friederike Behrends

Ansonsten zeigt man sich bei Zee.One zufrieden mit seinen Serien. Neben den seit dem Start laufenden "Buddha" und "Jodha Akbar" zeigt der Sender inzwischen auch schon "Tashan-e-ishq" und "Agent Raghav". Im Spätsommer will man auch die Serie "Jamaj Raja - Eine Chance für die Liebe" ins Programm nehmen. Gut laufen bei Zee.One auch Wiederholungen von Serien und Filmen. Ein ähnliches Phänomen war schon bei RTLplus zu beobachten: Eine Erstausstrahlung lockt bei kleinen Sendern nicht zwangsläufig mehr Zuschauer an als eine Wiederholung, weil immer noch viele Menschen den Sender und sein Programm entdecken und so für steigende Reichweiten sorgen - auch bei Wiederholungen.

Serien und Filme werden auch künftig wichtige Bereiche bei Zee.One bleiben, dennoch will man in Jahr zwei verstärkt auch in non-fiktionale Formate investieren, kündigte Friederike Behrends an. Diese sollen dann einen Platz am Montagabend finden, dort läuft heute schon die Kochshow "The Great Indian Rasoi". Weitere Formate sollen folgen. Zudem sucht man derzeit noch nach einem Nachfolgeformat für die vormittägliche Yoga-Reihe "Namaste Yoga", von der man inzwischen alle Ausgaben gezeigt hat. Noch testet Zee.One viel: Was läuft gut, was nicht? Die Freiheit, auch künftig noch viel auszuprobieren, will man sich auch vorerst nicht nehmen lassen. Das Programm verantwortet ab dem 7. August Thomas Vink, der als Head of Programming zum Sender stößt. Der 47-Jährige war zuletzt Director of Programming & Head of Channel Operations bei Motorvision TV. Zuvor arbeitete er auch schon bei Tele 5.

Auch mit der Vermarktung zeigt sich Behrends zufrieden, diese verantwortet ja Sky Media. "Ganz besonders freuen wir uns, dass Lidl uns immer treu geblieben ist, Volkswagen bucht stark. Aber auch Payback und Müllermilch werben bei uns." Das zeige, dass man mit dem Programm die Werbekunden überzeugen könne. "Wir liefern, was wir versprechen", sagt Behrends. Und Verlässlichkeit ist ja nicht die schlechteste Eigenschaft beim Erwachsenwerden. Auch wenn es bis zur Volljährigkeit noch einige Kinderkrankheiten auszumerzen gilt.