Vor gar nicht allzu langer Zeit feierte Sky die große Vielfalt im Bezahlfernsehen noch mit einer eigenen Preisverleihung. Der MIRA Award sollte Errungenschaften und Programmgestaltung im Pay-TV ehren. Insgesamt sechs Mal wurde er verliehen, zuletzt in Januar 2015. Damals moderierte Collien Ulmen-Fernandes die Verleihung in Berlin. In Erinnerung bleibt eine Anmoderation von ihr: Als sie Wolfram Winter, Executive Vice President Communications & Public Affairs und Initiator des MIRA Awards, auf die Bühne holen wollte, tat sie das in Anspielung auf den damaligen Werbeclaim von Sky mit den Worten: „Jetzt kommt ein Mann, der morgens aufsteht, in den Spiegel schaut und sich denkt: ‚Ich seh was Besseres.‘“



Durch den Saal ging gleichzeitig ein hörbares Raunen und Gelächter. Mitgelacht hat: Wolfram Winter. Der heute 53-Jährige ist ein Kommunikator mit sehr ausgeprägtem Sendungs- und Selbstbewusstsein. Das könnte durchaus unerträglich sein, wenn es sich nicht in solcher Selbstironie brechen würde. Ein Witz auf seine Kosten perlt an ihm ab, wenn es der Sache dient. Nach dem Rückzug von Georg Kofler aus dem TV-Geschäft war Wolfram Winter der verbleibende Mr. Pay-TV in Deutschland. In der Rolle des Anwalts des Bezahlfernsehen gefiel er sich auch stets gut. Das war sein Ding.

Immerhin 21 Jahre lang prägte er das deutsche Pay-TV in verschiedenen, leitenden Positionen. 1996 wurde Wolfram Winter Programmchef von Kirchs Pay-TV-Experiment DF1, 1998 dann Geschäftsführer der Universal Studios Networks in Deutschland (später NBC Universal), 2007 geschäftsführender Gesellschafter bei Premiere Star und seit 2009 war er bis vor wenigen Tagen oberster Kommunikator bei Sky Deutschland. Als Winter den MIRA Award 2008 ins Leben rief, war die Pay-TV-Welt eine ganz andere als heute. Sky hieß noch Premiere und der Ruf der Branche war immer noch von Zweifeln überschattet, ob sich Pay-TV in Deutschland je durchsetzen werde. Der MIRA Award war in Zeiten der Fragezeichen ein bewusstes Aufrufezeichen.

Winter initiierte damit ein Gattungsmarketing, das er sich später als Sky-Kommunikator in so gerissener wie fast perfider Art und Weise als Kern seiner Kommunikationsarbeit zu eigen machen sollte. „Geht es Sky gut, geht es allen gut“, war über viele Jahre seine Losung. Ein Satz, der aus einer Zeit stammt in der Sky im Markt partnerschaftlich agierte und strategische Entscheidungen noch in Unterföhring getroffen wurden. Als Plattform für viele Drittsender war es auch eine richtige Aussage. Vom Wachstum von Sky profitierten zweifelsohne jene Kanäle, die sich über Sky verbreiten ließen. Aber es machte auch die Abhängigkeit des deutschen Pay-TV von Sky deutlich.

„Geht es mir gut, wird es auch Dir gut gehen“ - ein Satz der auch gut aus der Sky-Mafiaserie „Gomorrha“ stammen könnte. Und in den vergangenen zwölf Monaten zeigte sich dann auch die Kehrseite der Medaille. Mit dem aus London vorgegebenen Kurswechsel in Richtung mehr Exklusivität und Präsenz der Marke Sky und Sky-eigenen Programmen ging ein härterer Kurs gegen Partnersender einher. Sky will von der Plattform zum Sender werden. Für alle Partner, die sich in den vergangenen Jahren in zu große Abhängigkeit von Sky begeben hatten, sind schwierige Zeiten angebrochen. An einen MIRA-Award ist längst nicht mehr zu denken. London will es so.

Im Januar 2015 hatte Wolfram Winter noch herzhaft gelacht als ich ihn fragte, ob der damalige Sky Deutschland-Chef Brian Sullivan nach der europäischen Sky-Fusion letztlich nur noch so etwas wie der bayerische Filialleiter des Konzerns sei. Mit dem ihm eigenen Lachen tat Winter das ab. Nur zwei Monate später ging Sullivan von Bord. Nun hat auch Winter Sky Deutschland verlassen. Es gehört angesichts der Tatsache, dass immer mehr Unternehmensentscheidungen in London getroffen werden, wenig Fantasie dazu, sich auszumalen, warum der Unternehmenssprecher am Standort Unterföhring seinen Hut genommen hat.

Mr. Pay-TV hat damit die Bühne vorerst verlassen. Es fällt schwer zu glauben, dass er lange fern bleiben wird. Da im Gewerbegebiet von Unterföhring, nur wenige hundert Meter von Sky entfernt, kürzlich erst ProSiebenSat.1-Kommunikator Julian Geist gegangen ist, gab es im wahrsten Wortsinn naheliegende Spekulationen der Branche in diese Richtung. Doch beim DAX-Konzern ist man anderweitig fündig geworden. Thomas Ebeling und Wolfram Winter - das wäre vermutlich ohnehin zu viel Alpha-Tier und Testosteron gewesen. In Abschiedsgesprächen deutete Winter  an, dass er sich auch ein eher unternehmerisches Engagement für die Zukunft vorstellen kann: "Ich werde aber sicher nicht in Energie investieren."