Marotten

Vorkommen: Längst umfassend wie →Pkw. Da Individualisierungswahn auch am Bildschirm Besonderheit erfordert, ist es schon wieder besonders, dass Hessens Tatort-Team keine hat.

Varianz: Das Spektrum umfasst Kommissar Haferkamps Frikadelle, Mutter Beimers Spiegeleier und Jogi Löws Nagelbetten, beschreibt als oft Knabberkram nebst Resultat.

Relevanz: Marotten sorgen auf dem Weg des Fernsehens vom Informations- übers Propaganda- und Unterhaltungs- zum Nebenbei-Medium für Wärme und Wiedererkennbarkeit.

Philosophie: Jenseits von Kostüm und Charakter sind es habituelle Alleinstellungsmerkmale baugleicher Figuren, die unsere Aufmerksamkeitsspanne im multimedialen Sturm hochhalten.

Prachtexemplare: Kaum zu zählen. Hervorzuheben sind US-Serien wie Monk, Psych, Big Bang Theory, deren Hauptfiguren keine Marotten haben, sondern im Grunde Marotten sind.

Justiz

Vorkommen: Trat die Justiz abgesehen von süßen Ausnahmen (Staatsanwälte küsst man nicht) erst vor Gericht in Erscheinung, begleitet ihr Personal den Krimi oft vom ersten Schnitt an.

Varianz: Neben der Anklagebehörde hat es den Regisseuren die Pathologie angetan. Selbst Der Alte gönnt sich 40 Jahre nach seinem Ermittlungsdebüt eine schicke Gerichtsmedizinerin.

Relevanz: Wie →Assistenten haben Justizangestellte eine Scharnierfunktion: Pathologen zwischen Leben & Tod, Ankläger zwischen Recht & Gerechtigkeit, alle zwischen Opfer & Täter.

Philosophie: Da das Fernsehen vom Krimi nie lässt, ergänzt es dessen Personal um Akteure wie das Münsteraner Seziertisch-Duett oder Strafverfolger mit physischer Sonderausstattung

Prachtexemplar: Während StAin Lennarz beim Sado/Maso-Sex das Ego von Nick Tschiller aufblasen darf, vergrößert es „Alberich“ beim großspurigen Prof. Boerne durch Kleinwuchs.

Uniformen

Vorkommen: Strahlten an denen der Vor-, Haupt-, Nachkriegszeit noch die Quasten, Tressen, Dienstgrade, sind sie heutzutage alltagstauglicher und stark individualisiert.

Varianz: Neben Anzug (Männer) und →Highheel (Frauen), sorgt das Outfit seit Frankenfelds Karosakko für besonders.

Relevanz: Tailliert (Schimi), speckig (Faber), totenbekopft (Thiel) suggeriert abnorme Oberbekleidung beim Bürohengst als Relikt der Entnazifizierung einen Restbestand an Eigensinn.

Philosophie: War Uniform zu Zuckmayers Zeit Ausdruck totaler Subordination, steht sie nun für trotzigen Charme. Nicht nur Hipster zeigen dabei, wie uniform das Ungewöhnliche oft ist.

Prachtexemplare: Um mal nicht in Münster zu landen: Als Mix aus Columbo und Schweinchen Dick beansprucht Saarland-Polizist Stellbrink den Titel „individuellste Uniform“.

Kaffeemaschinen

Vorkommen: In fast allen Fernsehbüros von dramaturgisch tieferer Bedeutung, landen sie zuweilen im Vorspann wie bei Stromberg. Zumindest, sofern die Anschaffung schon erfolgt ist.

Varianz: Denn schon die Frage der Zubereitung füllt halbe Episoden. Wobei Kommissare oft Filterbrühe aus Plastikbechern trinken, Commissarios hingegen Espressi aus Henkeltässchen.

Relevanz: Wobei Kaffee nicht nur ein belebendes Heißgetränk ist, sondern deutsche Beamte von italienischen unterscheidet, Hetze von Coolness und Pragmatismus von Hedonismus.

Philosophie: Der deutsche Bürohengst ist aufopferungsvoll leidensbereit, während Südländer noch Zeit zum Genießen haben. Hiesiger Kaffee lagert daher auf Heizplatten, bis er zäh wird.

Prachtexemplar: Das semiprofessionelle Barista-Modell, mit dem sich die Wiener Inspektoren Bibi und Moritz am Tatort Wien mit Melange und Braunem grundversorgen dürfen.