Mag sein, dass Frank Elstner ein paar Mal zu oft erzählt hat, wie das damals war, als er des Nachts darüber philosophierte, wieso im deutschen Fernsehen eigentlich nicht gewettet wird. Allerdings hat Elstner jedes Recht dazu, die Geschichte noch unzählige Male auszubreiten, schließlich brachte seine Idee eine der erfolgreichsten TV-Shows der vergangenen Jahrzehnte hervor. 33 Jahre lang sollte "Wetten, dass..?" das deutsche Fernsehen prägen – dass er selbst nur einen Bruchteil der weit mehr als 200 Sendungen präsentierte, ist gewissermaßen sinnbildlich für Elstners Karriere.
Man wird natürlich nicht herausfinden können, ob "Wetten, dass..?" zum Dauerbrenner geworden wäre, hätte der häufig arg ungelenke Elstner nicht nach sechs Jahren den Staffelstab an den ungleich frecheren Thomas Gottschalk übergeben. Doch in der Retrospektive machte sein Entschluss, nach 39 Ausgaben aufzuhören, seinen größten Hit noch wesentlich größer. Willkürlich gewählt war der Abschied seinerzeit jedoch keineswegs, schließlich hielt es Frank Elstner – 1942 im österreichischen Linz als Timm Maria Franz Elstner geboren – auch in anderen Erfolgsformaten niemals so lange aus, bis ihn niemand mehr sehen wollte.
Die populären "Montagsmaler" präsentierte er in den 70er Jahren kaum mehr als 50 Mal, den Jahresrückblick "Menschen" übergab er Ende der 80er nach sieben Jahren an Günther Jauch. Und selbst dem einst kriselnden Samstagabend-Klassiker "Verstehen Sie Spaß?", dem Frank Elstner als Nachfolger von Cherno Jobatey ab 2002 zu neuem Glanz verhalf, kehrte er nach 42 Folgen den Rücken, um einen Jüngeren ranzulassen. Das muss man sich bei all dem Erfolg erst mal trauen.
Freilich hatte Elstner nicht immer ein gutes Näschen. "Nase vorn" etwa, seine erste Show nach "Wetten, dass..?", wurde als viel zu komplex krisitiert und nach zwei Jahren wegen sinkender Quoten vom ZDF aus dem Programm genommen. Auch seine Reiseshow "Flieg mit Air-TL", für die er zum Privatfernsehen gewechselt war, floppte. Von anfangs mehr als sieben Millionen Zuschauern waren nach drei Ausgaben weniger als drei Millionen übrig. Was folgte, waren weitere Formate bei RTL, darunter "Aber Hallo", eine Art Mini-"Wetten, dass..?" in Duell-Form, und die deutsche Adaption von "Jeopardy!", die es unter Elstners Führung auf über 800 Ausgaben brachte.
"Wenn mir eine neue Fernsehsendung einfällt, biete ich die noch mit 90 an."
Frank Elstner
Elstners gute Beziehung zu RTL rührt aus der Vergangenheit, als er als Moderator und später auch Programmdirektor die wohl erfolgreichste Zeit von Radio Luxemburg mitprägte. Bis heute, mehr als 50 Jahre nach seiner ersten Sendung, hat sich Frank Elstner vor allem drei Dinge bewahrt – seine Freundlichkeit, für die er von unzähligen Kollegen geschätzt wird, seine Neugier, die er 15 Jahre lang als Moderator von "Menschen der Woche" im SWR unter Beweis stellte, und seine Kreativität. Für Frank Elstner müsste der Begriff "Sendungsbewusstsein" eigentlich ganz neu definiert werden. "Wenn mir eine neue Fernsehsendung einfällt, biete ich die noch mit 90 an. Ob ich sie loswerde, ist eine andere Frage", sagte er kürzlich in einem Interview und machte in diesem Zusammenhang deutlich, sich inzwischen als Künstler zu sehen.
"Ein Komponist hat vielleicht sein schönstes Bild mit 80 komponiert, ein Maler sein bestes Bild mit 70 gemalt. Ich lasse mich mal überraschen, was bei mir noch alles rauskommt", so Elstner bei seinem ganz persönlichen Blick in die Glaskugel. Ob ihm noch einmal ein ähnlich großer Wurf gelingt wie einst in besagter Nacht, in der er "Wetten, dass..?" erfand, darf dennoch ernsthaft bezweifelt werden. Doch das ist streng genommen gar nicht nötig, schließlich taugt die Sendung auch heute schon als Denkmal. Und dass seine Idee von damals auch heute noch trägt, ließ sich ganz gut vor knapp zwei Wochen erkennen, als die ARD den Moderator im Vorfeld seines 75. Geburtstags mit einer Art "Wetten, dass..?"-Revival feierte.
"Top, die Wette gilt" nannte der Sender die Show, die stellenweise wirkte, als wolle hier jemand mit aller Gewalt testen, ob der Unterhaltungs-Dampfer drei Jahre nach seiner Einstellung noch immer funktioniert. Er tat es – und, anders als die ARD das ein paar Tage später förmlich zurechtrückte, äußerte der Jubilar nicht ohne Grund den Wunsch, Kai Pflaume, der Gastgeber des Abends, möge "Top, die Wette gilt" doch bitte als regelmäßige Show übernehmen. Vielleicht sollten die ARD-Granden auf den Grandseigneur hören. Es wäre schließlich nicht das erste Mal, dass Frank Elstner den richtigen Riecher hat.