Sky-Chef Schmidt sieht in 2016 aber auch das Jahr, in dem traditionelle Gräben verschwunden sind. "Bestes Beispiel hierfür ist die Zusammenarbeit zwischen öffentlich-rechtlichen Anbietern und Sky bei 'Babylon Berlin' und der Handball Bundesliga." Diese Entwicklungen seien vor Jahren so noch nicht vorstellbar gewesen, so Schmidt. Tatsächlich bewegt sich noch viel mehr auf dem deutschen Markt: 2016 haben Amazon und Netflix ihre ersten eigenen deutschen Serien angekündigt. Die Fortsetzung von "Deutschland 83" läuft zuerst bei Amazon und dann bei RTL im Free-TV. In einem sich permanent im Wandel befindlichen Markt müsse man sich auch verändern und brauche Mut zum Risiko und zum Ausprobieren neuer Ideen, so Anke Schäferkordt. "Dort, wo es Sinn macht, werden wir auch für unternehmensübergreifende Partnerschaften offen sein." Auf Vermarkterseite bündeln IP Deutschland, G+J e/MS und smartclip ab dem 1. Januar in der Ad Alliance ihre Aktivitäten.
Was wird die Branche 2017 beschäftigen?
Bleibt der Blick in die Zukunft. Doch welche Diskussionen und Trends werden die Branche 2017 beschäftigen? Die Antworten der befragten Verantwortlichen sind unterschiedlich: Virtual Reality, Augmented Reality, Ultra HD, der Umstieg auf DVB-T2 HD und die Regulierung von Google, Facebook & Co. Ähnlich wie das 2016 schon einige Medienkonzerne gemacht haben, müsse man darüber nachdenken, so Discovery-Chefin Susanne Aigner-Drews, "Allianzen mit anderen und neuen Partnern einzugehen". Auf Vermarkterseite werde das Thema "Adressable TV" an Bedeutung gewinnen. Auch Anke Schäferkordt sagt, dass die zunehmende Automatisierung und die genauere Adressierung einzelner Nutzer weiterhin eine große Rolle spielen werde.
Für Volker Herres und Thomas Bellut stellen sich darüber hinaus aber noch andere Fragen. Herres etwa bezeichnet es als "Gretchen-Frage", welche Medien die Menschen überhaupt wollen und welche Funktionen sie erfüllen sollen. "In Zeiten digitaler Allgegenwart mit Echtzeit-Fälschungen und Troll-Bots wollen wir das öffentlich-rechtliche Versprechen einlösen, den Dingen unabhängig, unaufgeregt und professionell auf den Grund zu gehen." Bellut sieht das ähnlich: "Die publizistischen Medien stehen vor einer Herausforderung. Gegen die zunehmende Verrohung in den sozialen Medien, die Verbreitung von Falschmeldungen, die geistige Isolation in Echokammern und Filterblasen müssen die Qualitätsmedien eine wahrhaftige und faktenbasierte Berichterstattung setzen." Die Berichterstattung dürfe nicht von oben herab, sondern auf Augenhöhe mit dem Publikum stattfinden. "Dazu gehört auch mehr Transparenz", sagt der ZDF-Chef. Die Medien müssten verstärkt erklären, wie sie arbeiten und mit Fehlern offener umgehen.
VoD: Freund oder Feind?
Das Thema VoD ist für die meisten Medienmacher inzwischen in der Praxis angekommen - die ersten deutschen Eigenproduktionen von Netflix und Amazon wurden bereits erwähnt. Man sehe hier ein dynamisches Wachstum, sagt Carsten Schmidt. "Nichtsdestotrotz bleibt der lineare Fernsehkonsum auf die Gesamtbevölkerung gesehen konstant hoch." Man wolle das VoD-Angebot von Sky weiter ausbauen, das lineare Angebot bleibe das Kernprodukt des Unternehmens. Volker Herres hat ähnliche Ansichten und verweist auf die Stärken des klassischen TV: "Video on Demand stellt nicht das lineare Fernsehen per se in Frage." Besonders der Bereich der Fiction sei von den aufkommenden, neuen Angebot betroffen. "Aber auch hier bin ich optimistisch, dass wir als größter deutscher Auftraggeber für eigenproduzierte Serien und Filme Lösungen finden. Zum Beispiel dadurch, dass wir stärker unsere Lebensumstände, die deutsche Perspektive, die Themen in diesem Land betonen."
Die berechtigte Begeisterung der Fans korrespondiert nicht annähernd mit der Nutzung. Die ist weltweit betrachtet zweifellos beachtlich, aber das große Publikum in Deutschland wird damit nicht erreicht, übrigens auch nicht in den USA.
Thomas Bellut
Dass VoD-Anbieter verstärkt in eigene Serien investieren, macht Thomas Bellut keine Sorgen. "Die berechtigte Begeisterung der Fans korrespondiert nicht annähernd mit der Nutzung. Die ist weltweit betrachtet zweifellos beachtlich, aber das große Publikum in Deutschland wird damit nicht erreicht, übrigens auch nicht in den USA." Da sind wir dann bei dem alten Thema, dass viele hochgelobte Serien in der Masse beim deutschen Publikum nicht sonderlich gut ankommen, daran hat sich auch 2016 nichts geändert. Anke Schäferkordt sagt, man nehme Anbieter wie Netflix und Amazon durchaus ernst. Dennoch unterscheide man sich sehr deutlich von den Inhalten dieser Anbieter, allen voran durch den Schwerpunkt auf deutsche Inhalte.
Eine etwas andere Sichtweise auf das Thema hat Wolfgang Link. Er spricht von einem "Hype" und sagt: "Ich würde mir wünschen, dass in diesem Feld die Zahlen regelmäßig so bewertet werden wie beim klassischen Fernsehen." In der Tat ist das ein Problem für die Fernseh-Macher: Amazon und Netflix geben grundsätzlich keine Zahlen zu ihren Formaten raus und wenn, dann vermelden sie nur Rekorde und selbst da sind sie in der Formulierung eher schwammig. Auch Link hält fest: "In Deutschland hat es bislang noch kein VoD-Programm gegeben, das im linearen TV ein Erfolg gewesen wäre."