Serdar Somuncu ist kein Mann der leisen Töne. In den 90er Jahren sorgte er für Aufsehen, als er bei seinen Auftritten Textstellen aus Adolf Hitlers "Mein Kampf" vorlas und kommentierte - und auch heute noch eckt der 48-Jährige gerne an. Dass er kein Blatt vor den Mund nimmt, stellte er in der Vergangenheit regelmäßig in der "heute-show" unter Beweis. Oder zu Jahresbeginn, als er in einem Interview zu Protokoll gab: "Ich glaube diese ganze Refugees-Welcome-Kacke nicht."

Jetzt will Serdar Somuncu auch noch Bundeskanzler werden. "Liebes Volk, schnallt euch an. Ich nominiere mich, ich will der erste türkische Bundeskanzler Deutschlands werden", schrieb er vor wenigen Tagen in seiner Kolumne für die "Wirtschaftswoche". "Und dann ist Schluss mit lustig. Vor allem für Erdo, Angie und Konsorten." Er wird von der Satirepartei "Die Partei" ins Rennen geschickt und will sich während des Wahlkampfs etwa für ein generelles Kopftuch- und Kruzifixverbot einsetzen und die Homo-Ehe verpflichtend einführen.

"Wir müssen bessere Nazis werden als die Nazis selbst, wir müssen bessere Mullahs sein als die Mullahs selbst. Und jede Minderheit hat ein Recht auf Diskriminierung; erst wenn es alle trifft, ist es gleichmäßig verteilt", schreibt sich Somuncu auf die Fahnen. Er sagt aber auch: "Deutschland gehört auch nicht den Idioten auf der Straße, die behaupten, sie seien das Volk. Mein Deutschland, das ist eine gemeinsame Auffassung von Solidarität und Zusammenhalt. Ethische Werte, Moral und Menschlichkeit sind die Maximen. Aufgeschlossenheit, Ausdauer und Glaube an das Große im Ganzen sind die Grundfesten unserer Überzeugung."

Während der Kabarettist in diesen Tagen also mehr denn je den Lautsprecher gibt und ganz nebenbei auch noch eine kleine Fehde mit Lukas Podolski über dessen Heimatstadt Köln führt, geben sich die Fernsehsender, bei denen Serdar Somuncu regelmäßig zu sehen ist, erstaunlich zurückhaltend. Ein ZDF-Sprecher betont auf DWDL.de-Nachfrage, man werde die weitere Zusammenarbeit während seiner Zeit als Kanzlerkandidat prüfen - und bei n-tv will man sich lieber gar nicht zu dem Thema äußern. Für den Nachrichtensender präsentiert Serdar Somuncu seit einiger Zeit im Monatstakt eine sehr ungewöhnliche Talkshow.

Die nächste Ausgabe von "So! Muncu" ist nach aktuellem Stand der Dinge für den 30. Dezember vorgesehen - jedenfalls sofern ihm die inzwischen offiziell bekanntgegebene Kandidatur keine Steine weg in den Weg legt. Beim ZDF ist man im Umgang mit "Partei"-Mitgliedern jedenfalls schon geübt, sodass der Mainzer Sender im Falles eines Mandats vermutlich so ähnlich wie bei Martin Sonneborn verfahren wird. Dieser sitzt bekanntlich seit einigen Jahren für "Die Partei" im Europäischen Parlament und arbeitet für die Dauer seiner dortigen Tätigkeit nicht mit dem ZDF zusammen.

Somuncus Chancen, in den Bundestag einzuziehen oder gar die Nachfolge von Bundeskanzlerin Merkel anzutreten, dürften freilich nicht allzu groß sein. Dennoch werden die TV-Sender in den kommenden Wochen nicht daran vorbeikommen, zur weiteren Zusammenarbeit mit dem Kabarettisten Stellung zu beziehen. Spätestens im Wahlkampf hört der Spaß nämlich auf.

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