Haben Sie gestern Abend die finalen Folgen von "Containment" gesehen? Wenn nicht, dann waren Sie nicht alleine. Auf kaum mehr als 700.000 Zuschauer brachte es die US-Serie bei ProSieben zuletzt, in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen lag der Marktanteil zeitweise bei gerade mal 5,4 Prozent, was nur der Hälfte des Senderschnitts entspricht. Es kommt daher einigermaßen überraschend, dass ProSieben einen derart langen Atem bewies und in dieser Woche auch noch die letzten Folgen zur besten Sendezeit ausstrahlte. Dabei konnte man streng genommen bereits in der zweiten Oktober-Woche die Hoffnung aufgeben: Weil nach dem unspektakulären Start mit immerhin zehn Prozent Marktanteil binnen Wochenfrist über 600.000 Zuschauer abhanden kamen, brauchte es nicht viel Fantasie, um zu erahnen, dass aus "Containment" keinesfalls mehr ein Überflieger werden wird.

Während Fans gerne mal darüber schimpfen, wenn ihre Lieblingsserie vorzeitig aus dem Programm genommen wird, hat ProSieben in diesem Fall bewiesen, dass es auch anders geht. Dabei ist "Containment" keineswegs das einzige Beispiel für Durchhaltevermögen: Auch im Falle von "Quantico" hätte ProSieben im Sommer einige gute Gründe dafür gehabt, die Serie aus dem Programm zu nehmen. Von den mehr als 1,6 Millionen Zuschauern, die zu Beginn einschalteten, blieben am Ende der Staffel nicht mal mehr die Hälfte übrig. Und obwohl der Marktanteil längst im tief einstelligen Bereich festhing, lief "Quantico" bis zum Schluss, der mit lediglich 4,4 Prozent Marktanteil in der begehrten Zielgruppe zu allem Überfluss auch noch ein neues Tief markierte.

"Wenn wir eine Serie absetzen oder verschieben, blutet immer das ProSieben-Fernseh-Macher-Herz", gibt ProSieben-Sprecher Christoph Körfer gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de zu. Doch warum sendet man eine Serie trotz derart schlechter Quoten weiter? "Das Verschieben oder Absetzen einer Serie ist ein komplexer Prozess. Da spielen inhaltliche Perspektive, Qualität der Serie und die Konkurrenz auf dem Sendeplatz eine Rolle", sagt Körfer. Im Falle von "Quantico" und "Containment" war diese Gemengelage aus Sicht der Senderverantwortlichen also ganz offensichtlich gegeben.

Doch ProSieben ist mit seinen Serien-Sorgen keineswegs alleine. Gerade erst verschob RTL seine neue Krimiserie "Shades of Blue" nach schwachem Start nach hinten und auch Sat.1 hat sich im Falle von "Blindspot" inzwischen für einen späteren Termin entschieden. Eine Absetzung kam für beide Sender offensichtlich nicht in Frage. Auch die groß beworbene Kochshow "Karawane der Köche", die mit teils weniger als fünf Prozent Marktanteil bitter enttäuschte, ging kürzlich wie geplant zu Ende. Und so erhärtet sich der Eindruck, dass sich die großen Sender derzeit nicht ganz so eilig zum schnellen Aus entscheiden wie noch vor einiger Zeit.

Auch Vox liefert hierfür einige positive Beispiele. "In letzter Zeit konnten vor allem viele hochwertige Serials aus den USA insgesamt zu wenige Vox-Zuschauer begeistern", räumt Sendersprecherin Julia Kikillis im Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de ein und verweist auf Produktionen wie "Revenge", "Resurrection", "Dracula" oder "Secrets & Lies". Letztgenannte Serie zeigte man sogar bis zum Ende der Staffel, obwohl der Marktanteil bei teils weniger als drei Prozent längst im katastrophalen Bereich angekommen war.

Secrets and Lies© Vox/ABC Studios

"Gerade bei Serials ist unser Commitment entsprechend größer als bei Procedurals mit abgeschlossenen Episodenhandlungen. Denn eine episodenübergreifende Geschichte, möchten wir auch zu Ende erzählen", sagt Kikillis und sieht darin letztlich auch so etwas wie einen Image-Gewinn für den Sender. "Diese Art der Verlässlichkeit sollen die Vox-Zuschauer mit uns verbinden. Es stimmt jedoch, dass die Konkurrenz um Primetime-Sendeplätze durch eine zunehmende Anzahl von erfolgreichen eigenproduzierten Hits für Kauf-Serien immer größer wird. Trotzdem werden wir weiterhin nach neuen Serienjuwelen Ausschau halten und sie - wie im Fall von 'Humans' oder 'Weinberg' - unseren Zuschauern anbieten."

Zurück zu ProSieben. Dort glaubte man vor über einem Jahr ganz fest an den US-Hit "Empire" - und wurde enttäuscht. Von Beginn an verzeichnete die Serie nur sehr überschaubare Zuschauerzahlen. Nicht einer Folge gelang damals der Sprung über die Marke von einer Million Zuschauer. ProSieben zog allerdings nicht etwa die Notbremse, sondern hielt durch - und stellte sogar die Ausstrahlung der zweiten Staffel in Aussicht, die bislang aber noch auf sich warten lässt. "Durchhalten hat sich für ProSieben schon einige Male bewährt", sagt Sendersprecher Christoph Körfer und zieht "Grey’s Anatomy" als Beleg heran. "Diese Serie wollte in Staffel 1 niemand sehen. Auf einem neuen Sendeplatz hat sie dann gut funktioniert - heute zeigen wir Staffel 12."

Und kaum zu glauben - selbst "The Big Bang Theory" sei nicht von Anfang an ein Erfolg gewesen, gibt Körfer zu bedenken. Heute sind die Geschichten um Sheldon Cooper dagegen das stärkste, das der Sender im Serien-Bereich zu bieten hat. Zumindest bei "Containment" ist eine derartige Erfolgsgeschichte jedoch ausgeschlossen: In diesem Fall hat nämlich schon der US-Sender The CW dafür gesorgt, dass nach 13 Folgen Schluss ist. Ohne Wenn und Aber.