In jüngster Vergangenheit hat Disney auf dem deutschen Markt viel Staub aufgewirbelt. Im September 2012 hat der Konzern angekündigt, den defizitären Sender Das Vierte zu kaufen. Lange wurde spekuliert über die Pläne des bekannten und mächtigen Medienkonzerns. Einige Monate später wurden die Pläne für einen frei empfangbaren Disney Channel bekannt. Dieser sendet nun schon seit Januar 2014 und hat sich in einem atemberaubenden Tempo am Markt etabliert. Schnell setzte man sich vor Nickelodeon, der Disney Channel ist heute die Nummer drei hinter Super RTL und dem KiKa. An manchen Tagen liegt der Sender auch deutlich vor der Konkurrenz. Neben dem Disney Channel sind nach wie vor Disney XD, Disney Cinemagic und Disney Junior im Bezahlfernsehen zu sehen.

Die Ankündigung des Free-TV-Kanals war vor einigen Jahren aber nicht nur deshalb überraschend, weil Disney bis dahin eigentlich eher auf das Pay-TV setzte, sondern auch, weil man nach wie vor 50 Prozent an Super RTL hält - vor zehn Jahren hätte man den Sender am liebsten komplett übernommen. Der Disney Channel wirbelte auch beim Kölner Marktführer für Kinderfernsehen so einiges durcheinander. So verzichtet Super RTL in seiner Daytime heute auf Disney-Programme und setzt verstärkt auf Inhalte von Dreamworks Animation, dem Filmstudio von NBCUniversal bzw. Comcast. Noch bis 2020 läuft der Deal zwischen Super RTL und Dreamworks. Auch Inhalte von Warner Bros. laufen inzwischen öfters bei Super RTL als früher. 


Trotz seines furiosen Starts im deutschen Free-TV kam aber auch der Disney Channel nicht um wichtige Learnings herum. So erklärte man etwa erst vor wenigen Wochen, dass man neue Serien in Zukunft lieber später ausstrahlen will. Bislang war die Strategie, neue Serien zur besten Sendezeit zu zeigen, nicht von Erfolg gekrönt. "Die Zuschauerresonanz zeigt uns, dass unsere Library mit kultigen Serien deutlich besser läuft als neuer Serien-Stoff", sagte Programmchef Ralf Gerhardt (DWDL.de berichtete). Gleichzeitig will der Sender in Zukunft noch mehr Eigenproduktionen als bislang zeigen.

Nach wie vor steht Disney heutzutage für qualitativ hochwertige Kinderunterhaltung, trotz einiger Kritik, etwa wegen schlechten Arbeitsverhältnissen in chinesischen Fabriken, genießt der Konzern einen tadellosen Ruf. Zu verdanken hat man das den vielen Zeichentrickfiguren, die man seit 1923 geschaffen hat. Allen voran natürlich Mickey Mouse, einem der wohl bekanntesten Markenbotschafter überhaupt. Doch Disney ist weitaus mehr als nur ein bisschen Trickfilm mit Mickey Mouse und Donald Duck sowie den zahlreichen Themen-Parks rund um den Globus.

So betreibt Disney in den USA neben dem Disney Channel das Network ABC, das zu den großen fünf in den Staaten zählt. Dort sind Sendungen wie "Grey's Anatomy", "How to get away with murder", "Modern Family" oder "Dancing with the Stars" zu sehen. Viele von den Formaten werden gleich von der eigenen TV-Produktionstochter ABC Studios entwickelt und produziert, aber auch andere Sender gehören zu den Kunden des Studios. Darüber hinaus hält Disney auch noch 50 Prozent an den A+E Networks, das die Sender A&E, History und Lifetime betreibt. Über A+E Networks gehören zudem zehn Prozent an Vice Media zu Disney, weitere zehn Prozent hält der Konzern direkt. 80 Prozent des Sportsenders ESPN gehören ebenfalls zu Disney. Insgesamt kommt die Walt Disney Company auf rund 52,5 Milliarden Euro Umsatz.

ESPN macht Disney Probleme

ESPN sorgt bei den Konzernbossen derzeit aber für mittelschweres Kopfzerbrechen, steckt der Sender doch in einer großen Krise. Zwar kommt man nach wie vor auf rund 90 Millionen Abonnenten, die Zahl sinkt aber seit Jahren und befindet sich mittlerweile auf dem niedrigsten Stand seit einem Jahrzehnt. Im vergangenen Jahr verordnete Disney dem Sender ein striktes Sparprogramm, 300 Stellen wurden gestrichen. ESPN ist besonders stark vom sogenannten "cord cutting" betroffen, bei dem Kunden ihren Kabelanschluss oder ihr Pay-TV-Abo kündigen, um Inhalte kostengünstiger im Netz zu schauen.  

Das Film-Geschäft dagegen boomt auch weiterhin. Zuletzt wuchs Disney hier kräftig durch einige Zukäufe, inzwischen gehören neben Walt Disney Pictures ("Die Eiskönigin", "Fluch der Karibik") auch Marvel ("X-Men", "Iron Man"), Touchstone ("Armageddon", "Pretty Woman"), Pixar ("Toy Story", "Findet Nemo") und Lucasfilm ("Star Wars", "Indiana Jones") zum Disney-Reich. Die für den internationalen Vertrieb aller Disney-Filme zuständige Walt Disney Studios Motion Pictures (früher Buena Vista Pictures Distribution) hat Zweigstellen weltweit, in Deutschland sitzt das Unternehmen in München.

Aktienkurs unter Druck

Während die Fernsehsparte und hier vor allem ESPN derzeit stagniert, läuft es im Film-Bereich nach wie vor fantastisch. Dennoch befindet sich der Aktienkurs des Unternehmens seit einiger Zeit auf Talfahrt. Während es seit 2009 kontinuierlich nach oben ging und der Kurs zwischenzeitlich sogar vervierfacht wurde, setzte Anfang dieses Jahres eine Gegenbewegung ein. Vom einstigen Hoch bei rund 120 Dollar hat sich die Aktie mittlerweile wieder weit entfernt, innerhalb der vergangenen zwölf Monate ging es bis auf rund 90 Dollar zurück.

Nun will Disney gegensteuern. Aus einer spekulierten Übernahme von Twitter und/oder Netflix wurde (vorerst?) nichts. Stattdessen investierte man eine Milliarde Dollar in BAMTech und erhielt dadurch ein Drittel des Unternehmens. BAMTech ist eine Tochter der US-Baseballliga und sorgt für das Streaming-Angebot der Liga. Spekuliert wird nun, dass Disney mit der Hilfe von BAMTech ESPN wieder auf Kurs bringen könnte. Überhaupt - das Digital-Geschäft. Disney Interactive, der Digital-Arm des Konzerns, sorgte zwischen 2008 und 2013 für hohe Verluste, ist inzwischen aber im Plus angekommen. Auch 30 Prozent des SVoD-Dienstes Hulu gehören zu Disney. Sein Digital-Bereich will der Medien-Riese in Zukunft weiter ausbauen und wachsen - da haben sicher auch Mickey Mouse und Donald Duck nichts dagegen. Sie sorgen weiter für das perfekte Image.

 

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