Time to say Goodbye: Mit diesen vier Worten ließen sich die Olympischen Spiele aus Sicht von ARD und ZDF überschreiben, schließlich werden es auf absehbare Zeit die letzten Spiele sein, in denen die Öffentlich-Rechtlichen derart umfangreich berichten werden. Noch ist nicht mal klar, ob ARD und ZDF bei den Winterspielen in zwei Jahren überhaupt mit dabei sein werden, nach einer Einigung mit dem künftigen Rechteinhaber bezüglich einer Sublizenz sieht es aktuell jedenfalls nicht aus - anders als etwa in Großbritannien oder Österreich, wo die Verantwortlichen von BBC und ORF keine Probleme damit hatten, Abstriche zu machen. Und geht es nach Hans-Joachim Strauch, dem Chef des ZDF-Werbefernsehens, dann sollten sich ARD und ZDF gar nicht erst um die Rechte bemühen. "Meiner Meinung nach müssen die auf die Schnauze fallen, damit wir beim nächsten Mal die Chance haben, wieder dranzukommen", sagte er vor einigen Wochen recht drastisch in einem Interview mit den Kollegen von "werben & verkaufen" (DWDL.de berichtete).
Tatsächlich schien es zuletzt, als seien die Verhandlungen mit Discovery festgefahren - zu einer Entscheidung vor Beginn der Spiele in Rio de Janeiro wird es ganz sicher nicht mehr kommen. Und so werden die nächsten Tage also auch etwas von einer Abschiedstournee haben, verbunden mit dem Ehrgeiz, noch einmal allen zu beweisen, wie hoch man die Latte über all die Jahre hinweg bei den Olympischen Spielen legte. "Wir reisen mit der klaren Haltung nach Rio, dort zu zeigen, was wir können und draufhaben", sagt Gerd Gottlob, der erstmals die Aufgabe des ARD-Teamchefs übernehmen wird. "Wir wollen den Zuschauern ein hochattraktives Angebot machen - der Zuspruch unseres Publikum ist dann ein Gradmesser, ob uns das am Ende gelungen ist. Dass wir mit Blick auf die nächsten Olympischen Spiele derzeit keine Übertragungsrechte haben, führt jedenfalls nicht dazu, in unseren Leistungen nachzulassen - das spornt eher an."
Im Detail sieht das in den kommenden zweieinhalb Wochen wie folgt aus: Los geht’s im Ersten schon an diesem Mittwoch mit dem Olympischen Frauenfußball-Turnier - und damit zwei Tage vor der eigentlichen Eröffnungsfeier. So werden um 21 Uhr die Nationalmannschaften von Brasilien und China aufeinandertreffen, kommentiert von Steffen Simon. Nur zwei Stunden später laufen dann die deutschen Frauen gegen Simbabwe auf - hier sitzt Bernd Schmelzer am Mikrofon. Und danach ist noch lange nicht Schluss, denn gespielt wird bis in die frühen Morgenstunden. Der Ball rollt auch am nächsten Abend wieder, dieses Mal aber mit männlicher Beteiligung. Besonderes Augenmerk liegt natürlich auf dem ersten Auftritt der deutschen Olympia-Elf, die im ZDF ab 22:00 Uhr gegen den Londoner Olympia-Sieger Mexiko spielen. Béla Réthy fungiert im Auftaktspiel als Kommentator.
Ausnahmezustand im Fernsehen
Richtig los geht es in Rio de Janeiro aber erst am Freitag mit der Eröffnungsfeier der Spiele im weltberühmten Maracana-Stadion. Zu sehen ist das Spektakel, das Tom Bartels und Ralf Scholt gemeinsam begleiten, ab 1:00 Uhr nachts. Gerhard Delling geht jedoch bereits um 23:40 Uhr auf Sendung, um vorab mit Gästen wie Julius Brink und Franziska van Almsick, die in den kommenden Wochen auch als Experten des Senders fungieren werden, über die anstehenden Wettbewerbe zu sprechen. Es ist der Startschuss für einen 17 Tage anhaltenden Ausnahmezustand im Fernsehen, denn in beinahe nahtlosem Übergang werden ARD und dem ZDF fast rund um die Uhr aus Brasilien berichten, wo sich über 10.000 Athleten aus mehr als 200 Ländern in 39 Sportarten den Wettkämpfen um insgesamt 306 Goldmedaillen stellen.
Neben Gerhard Delling wird an den ARD-Übertragungstagen Alexander Bommes als Moderator zum Einsatz kommen, während das ZDF auf Katrin Müller-Hohenstein und Rudi Cerne setzt. Durch die fünfstündige Zeitverschiebung werden viele spannende Wettbewerbe jedoch erst dann stattfinden, wenn wir in Deutschland normalerweise schlafen. All jenen, die sich nicht die Nächte um die Ohren schlagen möchten, bieten beide Sender am nächsten Morgen aber dreistündige Zusammenfassungen, die in der Regel um 9 Uhr beginnen - ein guter Service, sofern man die Zeit nicht gerade auf der Arbeit verbringt. Hier baut die ARD auf das Moderatorenduo Michael Antwerpes und Jessy Wellmer, das ZDF lässt Sven Voss vormittags zum Dienst antreten. Alles in allem wollen die Sender 280 Stunden aus Rio berichten, zu denen noch einmal mehr als 1.000 Stunden durch die zusätzlichen Livestreams im Netz oder dem HbbTV-Angebot hinzukommen.
Katrin Müller-Hohenstein und Rudi Cerne berichten fürs ZDF aus Rio de Janeiro
Und doch wird es vermutlich nicht immer nur ums Sportliche gehen bei den diesjährigen Olympischen Spielen. Die seit Wochen anhaltenden Doping-Diskussionen gaben da schon einen ganz guten Vorgeschmack. Während die ARD ihren Doping-Experten Hajo Seppelt nach Rio schickt, um möglichst investigativ zu berichten, setzt das ZDF auf seinen stellvertretenden Chefredakteur Elmar Theveßen, der die Doping-Redaktion leitet. "Die Leichtathletik steht in Rio am Scheideweg", sagt Theveßen. "Während die Doping-Skandale von Russland und Kenia weiter schwelen, müssen die anderen Sportler beweisen, dass man ihren Leistungen trauen darf. 5.000 Dopingtests sollen ihnen und allen Teilnehmern bei Olympia dabei auf die Sprünge helfen. Wenn es nicht gelingt, dann bleibt die olympische Kernsportart dauerhaft unter Generalverdacht."
Wie sportlich die Olympischen Spiele wirklich waren, wird man erst in knapp drei Wochen sagen können, wenn das Spektakel zu Ende sein wird. Die Abschlussfeier wird dann übrigens vom ZDF übertragen - einmal mehr mitten in der Nacht. Doch wann waren die Spiele für die Sender eigentlich ein Erfolg? "Wenn wir möglichst viel live senden konnten, wenn wir mit größter Flexibilität die aus deutscher Sicht interessantesten Ereignisse live übertragen haben, werden wir sagen können: So sollte es sein", blickt ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz voraus. "Und wenn wir dann die Schlussfeier im ZDF gemeistert haben, können wir einmal durchatmen - und dann kommen schon die Paralympics." Tatsächlich hält die sportliche Pause nur bis zum 7. September an. Erst wenn auch dieses Event gemeistert wurde, heißt es womöglich wirklich: Time to say Goodbye.