Der Blick auf die Quoten will nicht so recht erkennen lassen, dass die zurückliegende Saison für Vox eine unglaublich wichtige gewesen ist. Mal bewegten sich die Marktanteile unter den entsprechenden Werten des jeweiligen Vormonats, mal lagen sie leicht darüber. Alles in allem unspektakulär - könnte man meinen, wäre da nicht dieser herausragende Erfolg, der die ganze Branche aufhören ließ. Gemeint ist der "Club der roten Bänder". Eine unglaublich emotionale Serie, die für den Sender ohne Zweifel ein Risiko darstellte, für das die Mannschaft um Chef Bernd Reichart am Ende jedoch nicht nur mit Preisen belohnt wurde, sondern auch mit tollen Quoten. Auf teils mehr als 15 Prozent belief sich der Marktanteil der Serie. Kein Wunder also, dass man bei Vox nun Blut geleckt hat.
Wie wichtig dieser Erfolg ist, zeigt sich vor allem mit Blick auf die lange Flop-Liste im Bereich der amerikanischen Serien. Nachdem sich der Sender über viele Jahre hinweg auf US-Fiction beinahe blind verlassen konnte, wollte hier zuletzt fast nichts mehr so recht funktionieren. "How to get away with Murder", "Chicago P.D.", "Perception", "Arrow", "Suits", "Secrets and Lies", "Night Shift", "Battle Creek" - die Liste der seriellen Misserfolge ist lang und schmerzhaft. Und als sei das nicht genug, wurde in den Staaten nun auch noch das Aus von "Rizzoli & Isles" beschlossen. Ausgerechnet der größte US-Hit geht Vox damit in nicht allzu ferner Zukunft auch noch flöten. Dass die Miniserie "Tut" ordentlich funktionierte und die zweite "Outlander"-Staffel solide Quoten verspricht, ist da vermutlich nur ein schwacher Trost.
Die trotzdem weitgehend stabilen Quoten zeigen umso deutlicher, wie wichtig es ist, dem Sender im Bereich der Eigenproduktionen in den vergangenen Jahren mehr und mehr eine unverwechselbare Handschrift verpasst zu haben. Und manchmal wird Vox sogar für sein Durchhaltevermögen belohnt, wie etwa im Falle von "Kitchen Impossible". Obwohl die Premieren-Folge alles andere als berauschende Quoten verzeichnete, gab der Sender diesem wunderbar produzierten Format eine zweite Chance mit gleich sechs neuen Folgen - und fuhr damit am Sonntagabend prompt Marktanteile von bis zu 12,6 Prozent in der Zielgruppe ein. Das ist umso beachtlicher, wenn man bedenkt, wie schwer sich selbst der große Bruder RTL mittlerweile gegen den "Tatort" tut.
Hinzu kommt, dass "Kitchen Impossible" nicht das einzige Format ist, mit dem Vox gegen die überaus starke Konkurrenz am Sonntag bestehen kann. "Grill den Henssler" ist der zweite Quoten-Garant, der regelmäßig zweistellige Marktanteile verspricht. Einzig das "Promi Dinner" hat seinen Zenit längst überschritten. Als verlässlicher Quotenbringer entpuppte sich in der zurückliegenden Saison auch die dritte Staffel der Musikshow "Sing meinen Song", die im kommenden Jahr jedoch erstmals ohne ihren Frontmann Xavier Naidoo auskommen muss. Und dann ist da natürlich auch noch "Die Höhle der Löwen", deren Quoten zuletzt sogar noch stiegen. Weil auch hier einige personelle Veränderungen anstehen, verspricht die Fortsetzung in der neuen Saison gleich doppelt spannend zu werden.
Zu gerne hätte Vox auch mit der Nähshow "Geschickt eingefädelt" und dem Sportler-Wettbewerb "Ewige Helden" an derartige Erfolge angeknüpft - hierfür lief's aber aus Quotensicht zumindest solide. Und schämen muss man sich für diese Formate ganz gewiss nicht. Ordentliche Erfolge landete der Sender darüber hinaus mit Neustarts wie den "Beet-Brüdern", "Henssler grenzenlos" und "Die Superolympionikin" mit Panagiota Petridou, die außerdem weiterhin mit "Biete Rostlaube, suche Traumauto" überaus erfolgreich unterwegs ist. Als echte Überflieger kristallisierten sich zudem die Allestester von "Hot oder Schrott" heraus, die nach eher magerem Start am Sonntagvorabend plötzlich sogar für zweistellige Marktanteile gut waren.
Von solchen Werten ist Vox unter der Woche im Vorabendprogramm hingegen weit entfernt. Hier setzte sich der Abwärtstrend der vergangenen Jahre weiter fort - und langsam, aber sicher wird die Not groß. "Prominent" liegt trotz einiger Veränderungen inzwischen regelmäßig bei weniger als fünf Prozent Marktanteil, was auch mit der zunehmenden Schwäche des "Perfekten Dinners" zusammenhängt. Die Probleme beginnen streng genommen aber schon im Vorfeld, wo sich Vox bereits nach Alternativen für "mieten, kaufen, wohnen" umsah, bislang jedoch ohne nennenswerten Erfolg. Dafür gab's dank "Mein Kind, Dein Kind" zuletzt um 14:00 Uhr einen leichten Aufschwung. Herzstück der Daytime bleiben aber nach wie vor "Shopping Queen" und "4 Hochzeiten und eine Traumreise" - wobei ein anderes Format sogar noch erfolgreicher war: Die Doku-Reihe "Zwischen Tüll und Tränen" bescherte Vox bis zu 14,3 Prozent Marktanteil und hat das Zeug zum nächsten Hit. Gute Aussichten also für die kommende Saison.